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Ein ganzheitlicher Blick auf die Chancen und Schwierigkeiten Japans
Arne Holzhausen (Herausgeber): Can Japan Globalize? Studies on Japan's Changing Political Economy and the Process of Globalization. Physica-Verlag, Heidelberg 2001, 468 Seiten, 87,48 Euro.
Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verändern sich die Meinungen darüber, welches Land oder welcher Wirtschaftsblock die wirtschaftliche Führung auf der Welt übernehmen wird. Wer geht voran, und wer fällt zurück? Die Vereinigten Staaten, Europa und Japan haben sich in ihrer Führungsrolle bisher abgewechselt. Kommentiert wurde die Rolle der jeweiligen wirtschaftlichen Führungsposition immer in der entsprechenden Literatur. Man denke an Titel wie "Die amerikanische Herausforderung" von Jean-Jacques Servan-Schreiber, der die Vereinigten Staaten 1967 als uneinholbaren Konkurrenten beschrieb.
Nachdem Europa in den siebziger Jahren aufgeholt hatte, erschien 1982 Chalmer Johnsons Buch "Miti and the Japanese Miracle", das eine Flut weiterer Bücher über das "Modell Japan" oder die "Japan Inc." nach sich zog. Das Handelsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten oder Europas gegenüber Japan ist in den vergangenen Jahrzehnten in gigantische Höhen gewachsen und wurde von vielen Politikern und Ökonomen als Indiz für Japans ökonomische Stärke gewertet. Wer hätte damals auch nur im Ansatz gewagt, die Frage zu stellen: "Can Japan Globalize?"
Arne Holzhausen wagt es nun, diese Frage in den Raum zu stellen. In seinem Buch gehen die Autoren der Frage nach Japans Chance in der Globalisierung nach. Und wie so oft in einem Buch, das die ökonomischen Chancen und Probleme Japans abwägen soll, wählt auch Holzhausen die "ganzheitliche" Betrachtungsweise. Neben Ökonomen, die theoretische und praktische Analysen vornehmen, kommen auch Politikwissenschaftler, Kulturwissenschaftler und sogar Friedensforscher zu Wort. Der in zwei Teile gegliederte Sammelband enthält knapp dreißig Beiträge von Wissenschaftlern und Praktikern aus den drei großen Wirtschaftsblöcken.
Der erste Teil ist drei Aspekten der japanischen Wirtschaft gewidmet: der Volkswirtschaft allgemein, den Unternehmen und der Gesellschaft. Es geht um die Frage, wie diese der Globalisierung gegenübertreten oder welchen Einfluß die Globalisierung hat und haben wird. Konkrete Beispiele aus der Automobilindustrie, ein Blick auf die japanische Finanzreform, die innere Organisationsstruktur von Unternehmen und die Veränderungen in der von Traditionen geprägten japanischen Gesellschaft sollen klären, ob das japanische Managementmodell und das berühmt gewordene "Konsensprinzip" noch gültig sind. Selbst die Rolle des Mannes als des über alle Dinge herrschenden Patriarchen wird in Frage gestellt.
Der zweite Teil bietet eine Untersuchung von Japans Rolle in der Welt(wirtschaft). Asien kommt in der Globalisierung eine entscheidende Rolle zu. Doch während auswärtige Politiker und Ökonomen diese Rolle immer Japan zugedacht hatten, haben sich Beobachter schon lange die Frage gestellt, ob Japan wirklich im übertragenen Sinne Asien zuzurechnen ist. Inzwischen scheint China eine gewisse Führungsrolle übernommen zu haben, die durch den Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) wahrscheinlich eher noch gestärkt als geschwächt wird.
Die Globalisierung scheint aber ohnehin neue Landkarten zu zeichnen: "On such a map distant places can have deeper and more lasting connections than places close to one another, and Japan can be part of the West as easily as it can be part of Asia." Ost und West, alles eins. Globalisierung bedeutet also nicht das Auseinanderdriften, sondern das Zusammenrücken der Staaten, aber dies - und das sei hier betont - unter Beibehaltung der eigenen Kultur. Jeder kann von jedem lernen.
Der Epilog des Sammelbandes ist mit der Frage "Is There a Japanese Economic Crisis?" überschrieben: Gibt es tatsächlich eine japanische Wirtschaftskrise? Als Friedensforscher bleibt Johan Galtung mit seiner Antwort ganz vorsichtiger Diplomat: "I am not going to say no." Aber mit Ausdrücken wie "ökonomische Krise" sollte man seiner Auffassung nach ohnehin vorsichtig umgehen. Am Ende räumt Galtung aber dann doch noch ein: "Well, well. We haven't seen the end of the story, yet." Erst einmal abwarten, was noch kommt.
Dieser Satz könnte stellvertretend für das gesamte Buch stehen. Arne Holzhausen hat die Rolle Japans im Globalisierungsprozeß durch verschiedene Wissenschaften beleuchten lassen. Dies führt dem Leser die unterschiedlichen Seiten Japans in der Globalisierung vor Augen. Aber die dadurch zum Teil oberflächliche Behandlung volkswirtschaftlich wesentlicher Themen könnte vergessen lassen, daß Japan ohne eine gute Wirtschaftspolitik am "Ende der Erzählung", wie Galtung es ausdrückt, den Herausforderungen der Globalisierung doch nicht gewachsen ist.
INDIRA GURBAXANI
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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