Drei Brüder waren es, die zusammen mit ihrem Partner Johann Georg Halske ab Mitte des 19.Jahrhunderts aus der kleinen Berliner «Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske» eine Weltfirma machten: Werner, Wilhelm und Carl von Siemens. Martin Lutz legt die erste Biographie des jüngsten der drei Brüder vor und liefert damit gleichzeitig eine anschaulich geschriebene Frühgeschichte der Firma Siemens, deren heutiges Selbstverständnis wesentlich mit auf diesen Pionier der Globalisierung zurück geht. «Ich scheine von der Natur für große Unternehmungen geschaffen zu sein, denn wo ich bis jetzt hingekommen, ist stets großes entstanden», schrieb Carl im Jahr 1888 an Werner. Tatsächlich war er es, der maßgeblich dazu beitrug, das internationale Telegrafengeschäft von Siemens & Halske aufzubauen. In Paris gründete der 23-Jährige 1852 die erste Beteiligungsgesellschaft des Unternehmens außerhalb Deutschlands. Drei Jahre später sollte sich der russische Telegrafenbau unter seiner Führung sehr positiv entwickeln; er war zeitweise der wichtigste Geschäftszweig des Hauses. In den späten 1860er Jahren war Carl im Kaukasus am Bau der spektakulären Indo-Europäischen Telegrafenlinie von London nach Kalkutta beteiligt. Von London aus bereitete er wenige Jahre später die Verlegung des ersten Transatlantik-Kabels des Unternehmens vor; die er 1874/75 an Bord des Dampfers «Faraday» persönlich leitete. Auch über das elektrotechnische Kerngeschäft hinaus entfaltete Carl von Siemens eine große unternehmerische Energie – und ging dabei erhebliche finanzielle und persönliche Risiken ein: Im Kaukasus betrieb er eine der größten Kupferhütten Russlands, auch war er ein Wegbereiter der europäischen Erdölförderung. Als Siemens & Halske 1897 in einer Aktiengesellschaft aufging, wurde Carl Aufsichtsratsvorsitzender eines der weltgrößten Elektrounternehmen.
Anschaulich und reich illustriert, bietet Martin Lutz' auf der Korrespondenz der Gebrüder Siemens fußende Biografie dem Rezensenten einen intimen Blick auf Carl von Siemens und dessen diplomatisches Können wie auch auf dessen gewagte Geschäftspraktiken. Die Binnensicht der Familie, vom Autor, so Andreas Fahrmeir, gekonnt eingebettet in die globalhistorischen Entwicklungen der Zeit, und vor allem die Nähe zur Person Carl von Siemens, haben laut Rezensent jedoch ihren Preis: Die Entscheidungen der Firma erscheinen so allzu sehr zentriert auf eine Person.
© Perlentaucher Medien GmbH
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