Studienarbeit aus dem Jahr 2019 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Freie Universität Berlin (Institut für Deutsche und Niederländische Philologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Aufgabe dieser Arbeit soll es zunächst sein, die Bilder christlicher Symbolik in Natura morta zu identifizieren. Dafür werden Lexika zur christlichen Ikonographie herangezogen und auf bisherige Forschungsergebnisse zu Natura morta verwiesen. Die darauf aufbauende Interpretationsarbeit soll helfen, die hinter den Symbolen verborgene Bedeutung zu erkennen. In einem abstrakteren Interpretationsschritt soll abschließend geprüft werden, ob wir eine Analogie zur Heilsgeschichte des Neuen Testaments annehmen dürfen. Eine Analogie, in deren Zentrum auf Seiten der Novelle eine unerhörte Begebenheit steht und auf Seite des Neuen Testaments die Kreuzigung Christi, die Auferstehung und die damit verbundene Befreiung von Sünden. Insofern kann die Arbeit als mutiger Vorstoß im Untersuchungsfeld von Religiosität in Josef Winklers Natura morta verstanden werden, der sich stark auf christliche Symbolik sowie die Figur des Piccolettos fokussiert und erlaubt, den Blick auf Religiosität im Gesamtwerk Winklers außer Acht zu lassen. „Natura morta. Eine römische Novelle“ weckt beim ersten Lesen keinerlei christliche oder religiöse Stimmung im Leser. Dabei spielt die Erzählung, wie der Untertitel bereits ankündigt, in Rom, dem weltlichen Zentrum der Katholischen Kirche. Auf nahezu jeder der etwa hundert Buchseiten werden Kruzifixe, Jesus-Figuren, Marienstatuen, Kleriker, Bekreuzigungen, Stoßgebete oder Rosenkränze beschrieben. Das Werk führt den Leser zum Petersdom, vorbei an Beichtstühlen, der Pietà Michelangelos, den Vatikanischen Grotten und zahlreichen Heiligenbildern und dennoch, ein andächtiger oder zumindest spiritueller Sinn wird nicht angesprochen. Die Darstellung der religiösen Attribute wirkt widersprüchlich, doch sie ist keinesfalls zufällig gewählt. Im Aufsatz Jenseits der Blasphemien findet sich eine wissenschaftliche Theorie, die erklärt, wieso viele der christlichen Symbole in der Novelle sinnentleert und teilweise blasphemisch erscheinen. Hinter diesen sinnentleerten Motiven, die gelöst aus ihrem religiösen Kontext nichts weiter als Modeerscheinungen und Produkte der Kulturindustrie sind, existiert sehr wohl eine Bedeutungsebene, die christliche Symbole nutzt, um eine Botschaft zu vermitteln.