(N)Ostalgie
Ich bin wieder mitten drin in der DDR. Das Gefühl, der Geruch, der Geschmack, die Farblosigkeit. Wobei einem das damals gar nicht so schlimm vorkam. Man kannte es ja nicht anders und man kann nur vermissen, was man kennt. Aufgefallen ist mir das alles erst nach „der Wende“. Das
Warenangebot, die Farben und Gerüche, die Freiheit. Und wenn wir mal ehrlich sind, lag es wohl auch…mehr(N)Ostalgie
Ich bin wieder mitten drin in der DDR. Das Gefühl, der Geruch, der Geschmack, die Farblosigkeit. Wobei einem das damals gar nicht so schlimm vorkam. Man kannte es ja nicht anders und man kann nur vermissen, was man kennt. Aufgefallen ist mir das alles erst nach „der Wende“. Das Warenangebot, die Farben und Gerüche, die Freiheit. Und wenn wir mal ehrlich sind, lag es wohl auch hauptsächlich an den überwiegend grauen Häuserfassaden und das es nur wenige Autotypen (Trabbi und Wartburg) in nicht gerade vielen Farben gab.
Comeback ist die Geschichte der großen ostdeutschen Rockband „Steine“, die nach der 25 Jahre Wende nochmal durchstarten will. Natürlich ist die Band nur fiktiv, aber es gibt genügend Parallelen zu real existierenden Band und Musikern. Alexander Osang verweist auch explizit auf Rockhaus und Silly. Und natürlich Tamara (Danz): „…was sicher an ihrem roten Ledermantel lag, den dunkel geschminkten Augen und ihrer blonden, hochgesprühten Löwenmähne, die in der kristallklaren New Yorker Mittagsluft leuchtete wie eine Sonnenblume.“
Alexander Osang erzählt die Geschichte der „Steine“ aus 11 verschieden Perspektiven über einen Zeitraum von 30 Jahren (1982-2014). Ihr Entstehen, ihre größten Triumphe und Misserfolge, ihre Stärken und Schwächen, ihre größten Momenten und die besonders grauen, kalten, wenn die Band wieder einmal zerfällt. Er lässt die Bandmitglieder zu Wort kommen, aber auch ihren Manager, den Booker, den Stasi-Führungsoffizier, die Familien und die Journalistin, welche die Comeback-Tour begleitet. Sie kennen sich seit vielen Jahren, sind zusammen alt geworden und haben doch die Hoffnung nie aufgeben. Es geht natürlich auch um Liebe, Verrat und Eifersucht – eben die großen Dramen des Lebens, aus denen die Musik geboren wird . Und schnell wird klar, alles hängt zusammen.
Der Roman ist aber auch eine schonungslose Abrechnung mit der DDR. Er geht offen und ehrlich mit der Musikszene damals und heute um, alternden Stars und der Stasi. Gleichzeitig beschreibt er die Künstlern und ihre Art sehr liebevoll, fast zärtlich - es sind eben auch nur Menschen.
Ich habe das Buch und den Autor im Rahmen einer Lesung kennenlernen dürfen und mich sofort in das Buch verliebt, da ich ein großer Musikfan und in der DDR groß geworden bin. Das Buch ist sicher nicht nach jedermanns Geschmack, aber meinen hat es voll getroffen: es ist dreckig, rockig, laut, mitten aus dem Leben gegriffen – hat aber auch leise Seiten vorzuweisen und weckt nostalgische Erinnerungen. Deshalb bekommt es von mir auch 5 Sterne.
PS: Meine Hörempfehlung zum Buch sind die Sampler „Deutscher Demokratischer Beat“ und „Melodie & Rhythmus Vol.1“ ☺.