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André Habisch skizziert Möglichkeiten gesellschaftlichen Engagements
André Habisch: Corporate Citizenship. Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen in Deutschland. Springer-Verlag, Berlin 2003, 247 Seiten, 59,95 Euro.
Der Wirtschaftsablauf eines Betriebes erschöpft sich nicht in Verzehr und Herstellung von Ressourcen und läßt sich auch nicht durch die Verbuchung von Gehältern, Dividenden und Steuern allein abbilden. Wirtschaftlicher Austausch vollzieht sich in einem Geflecht sozialer Wechselwirkungen. In Zeiten, in denen die Führung von Unternehmen üblicherweise in der Hand ihrer Besitzer lag, war den Unternehmern ihre Verantwortung für die Gestaltung ihrer sozialen Umwelt auch geläufig. Als Beispiel kann die Augsburger Wohnsiedlung Fuggerei gelten - sie ist eine Stiftung des Bergwerkbesitzers Jakob Fugger, 1516 gegründet, die noch heute besteht, und sie bietet ein unangefochtenes Beispiel für die Verbindung von Unternehmertum und bürgerschaftlichem Engagement. Freilich, heutigen Konzernchefs hatte Jakob Fugger eines voraus: Er mußte über seine Mittelverwendung niemandem Rechenschaft ablegen.
Heutzutage sind die unternehmerischen Verantwortlichkeiten in Konzernen ausdifferenziert; die Ziele von Aktionären und Managern sind dabei nicht immer deckungsgleich. Unternehmerisches Bürgerengagement, wie der Eichstätter André Habisch den Begriff "Corporate Citizenship" wiedergibt, wurde in der jüngeren Vergangenheit oft zur entbehrlichen Kostenstelle degradiert. Inzwischen haben manche Konzerne jedoch erkannt, daß sie Schaden leiden, wenn sie sich im Zuge der Internationalisierung vom Anker der Ortsgebundenheit lösen und sich von ihrer Umgebung entfremden. Der von den Vereinten Nationen eingerichtete Arbeitskreis "Global Compact" erarbeitet daher Empfehlungen, wie sich Unternehmen als Bürger einbringen können.
Parallel dazu entfalten sich auch hierzulande Initiativen zur Förderung von Corporate Citizenship. André Habisch berichtet über die vielseitige Ausgestaltung von Corporate Citizenship im Zuge des von Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft ausgeschriebenen Wettbewerbs "Freiheit und Verantwortung". Für die Darstellung vom Stand der Bemühungen und ihrer Beweggründe bringt André Habisch beste Voraussetzungen mit. Der studierte Volkswirt und Theologe Habisch unterrichtet Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik an der Katholischen Universität Eichstätt, er ist Vorstandsvorsitzender des dortigen Center for Corporate Citizenship und Berater des Bundes Katholischer Unternehmer. Das Fundament unternehmerischen Bürgerengagements ist in der katholischen Soziallehre durch die Enzyklika Centesimus Annus untermauert, die den Schutz von Privateigentum und den Vorrang von Subsidiarität vor zentraler Lenkung postuliert.
Die Vorlagen für Corporate Citizenship reichen, wie Habisch belegt, weit zurück, und er demonstriert an Beispielen von Alexis de Tocqueville bis Robert Putnam, daß bürgerlicher Gemeinsinn auf staatliche Förderung nicht angewiesen ist. Er verweist auch auf tragfähige soziale Einrichtungen in Deutschland, wie den Technischen Überwachungsverein (TÜV) oder das Deutsche Institut für Normung (DIN), die auf private Vereinbarungen ohne staatliche Mitwirkung zurückgehen. Soll allerdings Corporate Citizenship in Deutschland nicht nur Bürgerrecht erhalten, sondern sich dauerhaft auch in der täglichen Lebenswelt assimilieren, wäre es es schön, wenn sich ein passender deutscher Begriff finden ließe.
BENEDIKT KOEHLER
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