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Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre gehörte Hermann Hoerlin zu den besten deutschen Alpinisten. Heute ist sein Name weitgehend vergessen. Dabei hatte er sich mit Wintererstbesteigungen in der Montblanc-Gruppe für große Bergziele empfohlen. So nahm Oskar Günther Dyhrenfurth 1930 den damals Siebenundzwanzigjährigen auf seine Expedition zum Kangchendzönga mit, dem dritthöchsten Berg der Welt, wo Hoerlin am 7483 Meter hohen Jongsong Peak einen Höhenrekord aufstellte. Zwei Jahre später fuhr er nach Peru, wo er sich als Erstbesteiger des 6768 Meter hohen Huascaran verewigte. Dann aber reißt die Geschichte seiner großen bergsteigerischen Leistungen ab. Was war geschehen? Die Antwort gibt Hoerlins jüngste Tochter Bettina, die jahrzehntelang vergessene Briefe ausgewertet hat. Offensichtlich wollte Dyhrenfurth 1934 Hoerlin in den Karakorum mitnehmen, und Willy Merkl wollte ihn für den Nanga Parbat. Doch es war die Zeit, als in Deutschland das Bergsteigen politisch wurde und die Nationalsozialisten begannen, den Nanga Parbat zum "Schicksalsberg" zu stilisieren. Hoerlin blieb zu Hause. Seine Freunde fuhren, und wie ihre Briefe an Hoerlin zeigen, waren sie keineswegs so linientreu, wie es die Nationalsozialisten im Nachhinein so gerne glauben machen wollten. Hoerlin verfolgte aus der Ferne die Katastrophe am Nanga Parbat, wo vier seiner Freunde starben, und lernte bei der Pressearbeit für die Expedition seine Frau kennen, eine Halbjüdin, deren Mann kurz vorher von den Nationalsozialisten ermordet worden war. Ein Wendepunkt in seinem Leben. Nach der Geschichte des Bergsteigers Hoerlin ist das die zweite Geschichte, die Bettina Hoerlin in ihrem Buch aufschreibt: die Liebe zu Käthe Tietze-Schmid. Im Jahr 1938 konnten die beiden heiraten und vor den Nationalsozialisten nach Amerika fliehen, auch weil Hitlers Adjutant Fritz Wiedemann sich einschaltete. Auf hohe Berge jedoch stieg Hoerlin nicht mehr. Extremes Bergsteigen sei mit der Verantwortung für eine Familie nicht vereinbar, fand er. Hermann Hoerlin starb 1983 in Boston.
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"Courage. Im Schatten des Nanga Parbat 1934. Die wahre Geschichte des Bergsteigers Hermann Hoerlin und einer lebensgefährlichen Liebe" von Bettina Hoerlin. Übersetzt und bearbeitet von Jochen Hemmleb. Tyrolia-Verlag, Innsbruck 2014. 226 Seiten, 80 Fotos, gebunden, 24,95 Euro.
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