Eine Frau. Ein Schwert. Ein Land in Aufruhr. England steht in Flammen: Die Roten Paladine ermorden jeden, der sich nicht vor dem Kreuze beugt. Als Nimues Dorf überfallen wird, verliert sie alles - nur eines bleibt ihr: ein geheimnisvolles Schwert, das sie zu einem gewissen Merlin bringen soll. Doch als Berater des korrupten Königs Uther hat Merlin ganz eigene Pläne für das Schwert der Macht. Begleitet von dem jungen Söldner Arthur legt Nimue sich mit den gefährlichsten Männern des Landes an, um ihr unterdrücktes Volk in die Freiheit zu führen ... Eine moderne Neuerzählung der Artus-Sage, mit zahlreichen Schwarz-Weiß- und Farb-Illustrationen von Comic-Legende Frank Miller.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Thomas Scholz ist absolut nicht begeistert vom Artus-Remake von Thomas Wheeler und Frank Miller. Was Wheeler textlich in diesem Prequel zur Sage verbockt ("plumpe" Beschreibungen, moderne Sprache im historischen Mittelalter!) und die deutsche Fassung laut Rezensent noch verschlimmert, kann Zeichner Miller auch mit hartem, kontrastreichen Archaik unterstreichenden Strich nicht ausbügeln, bedauert Scholz. Dass Bild und Text keine Symbiose eingehen, erkennt Scholz als Manko. Noch mehr aber stören ihn die vielen Fantasy-Klischees im Buch, die im Kampf der jungen Heldin Nimue mit ihrem mythischen Schwert Excalibur gegen allerhand alte Männer gipfeln. Mitreißend kann Scholz das alles nicht finden, vielleicht funktioniert es als TV-Serie ja besser, meint er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.08.2020Was passiert da mit der Artus-Sage?
Tom Wheeler schreibt nach Bildern von Frank Miller die neue Fantasy-Saga "Cursed"
Frank Miller ist eine Ikone der Popkultur. Seit den Achtzigern schuf er als Zeichner und Texter Comics, die visuell und erzählerisch revolutionär und stilprägend waren, bevor er im neuen Jahrtausend mit den Verfilmungen seiner Geschichten zeitweilig als Hollywoodproduzent reüssierte. Tom Wheeler schreibt Drehbücher für Animationsfilme und produzierte zwei amerikanische Fernsehserien. Zusammen verkündeten die beiden Herren vor zwei Jahren, den Artus-Mythos neu beleben zu wollen, zeitgemäß und gleich mehrfach verwertbar. Miller sollte zeichnen und Wheeler von den Bildern inspiriert schreiben - aus praktischen Gründen sowohl Roman als auch Drehbuch, damit das Duo auch die passende Fernsehserie für Netflix produzieren könnte.
Dieser Synergie-Traum einer jeden Marketingabteilung ist mittlerweile unter dem Titel "Cursed" Realität geworden. Wie alle Heldengeschichten der vergangenen Jahre geht auch diese ganz zu den Anfängen ihrer Figuren zurück, doch nicht zu denen des legendären Arthur - dessen Name, wie alle anderen in der deutschen Übersetzung, im englischen Original belassen wurde -, sondern zu den Anfängen von Nimue, der späteren Herrin des Sees. Sie ist die Hauptfigur und liegt mit fünfzehn Jahren latent im pubertären Clinch mit ihrer alleinerziehenden Mutter, der Druidin eines Feenvolkes. Um nicht in Mamas Fußstapfen treten zu müssen, läuft Nimue aus dem heimatlichen Dorf davon und dabei in die Arme des jungen und bezaubernden Söldners Arthur. Bevor dieser sie jedoch nebst jugendfreiem Flirt nach Hause eskortieren kann, wird das Feendorf von einem Trupp rotgekleideter Mönche dem Erdboden gleichgemacht und die Bevölkerung massakriert. Ehe Nimues Mutter stirbt, vertraut sie ihrer Tochter ein bislang verborgen gehaltenes Schwert an, das diese zu niemand anderem als dem sagenhaften Merlin bringen soll.
Natürlich handelt es sich bei diesem Schwert um die magische Klinge Excalibur, die später dem jungen Arthur zur Krone verhelfen wird, aber "Cursed" ist nicht seine Geschichte, daher muss der König in spe sich mindestens noch bis zu einer eventuellen Fortsetzung gedulden, die am Ende des Romans aber bereits angelegt ist. Gemäß den Klischees schlechter Fantasy-Literatur muss Nimue sich mit dieser Klinge jedoch erst einmal durch zahlreiche Gefahren hacken und schlachten. Dem Zeitgeist geschuldet sind dabei einerseits die diversen Konflikte zwischen der jungen Heldin und älteren Männern, die sich zu einem dürftigen Abklatsch der realen feministischen Diskussion anhäufen, sowie andererseits die immer wieder allzu moderne Sprache der Figuren, die in der an das historische Mittelalter angelegten Fantasywelt des Romans unmotiviert wirkt. Sprache ist grundsätzlich nicht die Stärke von Wheeler, dessen plumpe und bisweilen metaphorisch verkorkste Beschreibungen eher Anweisungen für Beleuchter und Kulissenbauer der Fernsehserie denn ein Romantext zu sein scheinen.
Dieses Manko hindert bereits die englische Originalfassung daran, einen erzählerischen Sog zu entfalten, wird jedoch durch die ungelenke Übersetzung von Michelle Gyo und Petra Koob-Pawis noch verstärkt. Die deutsche Fassung verfehlt mit beachtlicher Regelmäßigkeit entscheidende Nuancen des Originals. Idiomatische Ausdrücke bleiben oft ganz auf der Strecke. Dieses Schicksal teilen sie immer wieder mit kleineren Teilen des Originaltexts, die in der Übersetzung überhaupt nicht zu finden sind. Ob diese Kürzungen einem nachträglichen Lektorat durch den deutschen Tor Verlag oder den Übersetzerinnen anzulasten sind, ist für den Leser einerlei. Die Auslassungen verkürzen den Text bisweilen derart, dass der Sinn verändert wird.
Mit ihren sprachlich begrenzten Mitteln reihen Miller und Wheeler ausgelaugte Tropen aneinander: die junge Heldin, die in wenigen Wochen zur Anführerin ihres Volkes heranreift, ein unüberwindlicher Kriegermönch, junge unschuldige Liebe, blutiges Gemetzel, finstere, aber simple Intrigen, irgendwo dazwischen verstreut die Reste des Artus-Mythos. Fast alle Figuren sind Stereotypen. Ganz besonders Nimues Widersacher, die Vertreter der patriarchalischen monotheistischen Kirche, die einen Kreuzzug gegen die Feenwesen führt und in der unschwer ein naives Zerrbild der christlichen Kirche zu erkennen ist, sind in ihrer absoluten Bosheit ermüdend vorhersehbar. Einziger Lichtblick des Romans ist Merlin: Der Zauberer, der in Wheelers und Millers Geschichte seine Magie eingebüßt hat und nur durch Täuschung und List versuchen kann, dem drohenden Krieg zwischen Menschen und Feen Einhalt zu gebieten, will das magische Schwert vernichten. Dass er scheitern muss, damit Arthur irgendwann mitsamt Schwert den Thron besteigen kann, verleiht der schillernden Figur zwar keine Tragik, aber mehr Tiefe, als vielen der restlichen Figuren vergönnt ist.
Diesem wenig beeindruckenden Text steht Frank Millers charakteristischer Zeichenstil als Antithese gegenüber. Der harte Strich, die grobschlächtigen, stark reduzierten Figuren und der scharfe Kontrast der mehrheitlich schwarzweißen Illustrationen vermitteln die archaische, geballte Dynamik, die Millers Markenzeichen ist. Aus dem Gegensatz von Text und Bild erwächst jedoch keine ästhetische Symbiose. Wheelers Stückwerk hat Millers brachialer Energie nichts entgegenzusetzen. Doch leider ist dieses Artus-Remake kein Comic, und so können Millers vereinzelte Zeichnungen das Gemeinschaftsprojekt nicht retten. Ob "Cursed" eine annehmbare Netflix-Serie geworden ist, muss man dort überprüfen. Angesichts dieser literarischen Vorlage bleibt allerdings nicht viel Hoffnung.
THOMAS SCHOLZ
Thomas Wheeler: "Cursed". Die Auserwählte.
Illustriert von Frank Miller.
Aus dem Amerikanischen von Michelle Gyo und Petra Koob-Pawis. Verlag S. Fischer / Tor, Frankfurt am Main 2020. 470 S., Abb., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Tom Wheeler schreibt nach Bildern von Frank Miller die neue Fantasy-Saga "Cursed"
Frank Miller ist eine Ikone der Popkultur. Seit den Achtzigern schuf er als Zeichner und Texter Comics, die visuell und erzählerisch revolutionär und stilprägend waren, bevor er im neuen Jahrtausend mit den Verfilmungen seiner Geschichten zeitweilig als Hollywoodproduzent reüssierte. Tom Wheeler schreibt Drehbücher für Animationsfilme und produzierte zwei amerikanische Fernsehserien. Zusammen verkündeten die beiden Herren vor zwei Jahren, den Artus-Mythos neu beleben zu wollen, zeitgemäß und gleich mehrfach verwertbar. Miller sollte zeichnen und Wheeler von den Bildern inspiriert schreiben - aus praktischen Gründen sowohl Roman als auch Drehbuch, damit das Duo auch die passende Fernsehserie für Netflix produzieren könnte.
Dieser Synergie-Traum einer jeden Marketingabteilung ist mittlerweile unter dem Titel "Cursed" Realität geworden. Wie alle Heldengeschichten der vergangenen Jahre geht auch diese ganz zu den Anfängen ihrer Figuren zurück, doch nicht zu denen des legendären Arthur - dessen Name, wie alle anderen in der deutschen Übersetzung, im englischen Original belassen wurde -, sondern zu den Anfängen von Nimue, der späteren Herrin des Sees. Sie ist die Hauptfigur und liegt mit fünfzehn Jahren latent im pubertären Clinch mit ihrer alleinerziehenden Mutter, der Druidin eines Feenvolkes. Um nicht in Mamas Fußstapfen treten zu müssen, läuft Nimue aus dem heimatlichen Dorf davon und dabei in die Arme des jungen und bezaubernden Söldners Arthur. Bevor dieser sie jedoch nebst jugendfreiem Flirt nach Hause eskortieren kann, wird das Feendorf von einem Trupp rotgekleideter Mönche dem Erdboden gleichgemacht und die Bevölkerung massakriert. Ehe Nimues Mutter stirbt, vertraut sie ihrer Tochter ein bislang verborgen gehaltenes Schwert an, das diese zu niemand anderem als dem sagenhaften Merlin bringen soll.
Natürlich handelt es sich bei diesem Schwert um die magische Klinge Excalibur, die später dem jungen Arthur zur Krone verhelfen wird, aber "Cursed" ist nicht seine Geschichte, daher muss der König in spe sich mindestens noch bis zu einer eventuellen Fortsetzung gedulden, die am Ende des Romans aber bereits angelegt ist. Gemäß den Klischees schlechter Fantasy-Literatur muss Nimue sich mit dieser Klinge jedoch erst einmal durch zahlreiche Gefahren hacken und schlachten. Dem Zeitgeist geschuldet sind dabei einerseits die diversen Konflikte zwischen der jungen Heldin und älteren Männern, die sich zu einem dürftigen Abklatsch der realen feministischen Diskussion anhäufen, sowie andererseits die immer wieder allzu moderne Sprache der Figuren, die in der an das historische Mittelalter angelegten Fantasywelt des Romans unmotiviert wirkt. Sprache ist grundsätzlich nicht die Stärke von Wheeler, dessen plumpe und bisweilen metaphorisch verkorkste Beschreibungen eher Anweisungen für Beleuchter und Kulissenbauer der Fernsehserie denn ein Romantext zu sein scheinen.
Dieses Manko hindert bereits die englische Originalfassung daran, einen erzählerischen Sog zu entfalten, wird jedoch durch die ungelenke Übersetzung von Michelle Gyo und Petra Koob-Pawis noch verstärkt. Die deutsche Fassung verfehlt mit beachtlicher Regelmäßigkeit entscheidende Nuancen des Originals. Idiomatische Ausdrücke bleiben oft ganz auf der Strecke. Dieses Schicksal teilen sie immer wieder mit kleineren Teilen des Originaltexts, die in der Übersetzung überhaupt nicht zu finden sind. Ob diese Kürzungen einem nachträglichen Lektorat durch den deutschen Tor Verlag oder den Übersetzerinnen anzulasten sind, ist für den Leser einerlei. Die Auslassungen verkürzen den Text bisweilen derart, dass der Sinn verändert wird.
Mit ihren sprachlich begrenzten Mitteln reihen Miller und Wheeler ausgelaugte Tropen aneinander: die junge Heldin, die in wenigen Wochen zur Anführerin ihres Volkes heranreift, ein unüberwindlicher Kriegermönch, junge unschuldige Liebe, blutiges Gemetzel, finstere, aber simple Intrigen, irgendwo dazwischen verstreut die Reste des Artus-Mythos. Fast alle Figuren sind Stereotypen. Ganz besonders Nimues Widersacher, die Vertreter der patriarchalischen monotheistischen Kirche, die einen Kreuzzug gegen die Feenwesen führt und in der unschwer ein naives Zerrbild der christlichen Kirche zu erkennen ist, sind in ihrer absoluten Bosheit ermüdend vorhersehbar. Einziger Lichtblick des Romans ist Merlin: Der Zauberer, der in Wheelers und Millers Geschichte seine Magie eingebüßt hat und nur durch Täuschung und List versuchen kann, dem drohenden Krieg zwischen Menschen und Feen Einhalt zu gebieten, will das magische Schwert vernichten. Dass er scheitern muss, damit Arthur irgendwann mitsamt Schwert den Thron besteigen kann, verleiht der schillernden Figur zwar keine Tragik, aber mehr Tiefe, als vielen der restlichen Figuren vergönnt ist.
Diesem wenig beeindruckenden Text steht Frank Millers charakteristischer Zeichenstil als Antithese gegenüber. Der harte Strich, die grobschlächtigen, stark reduzierten Figuren und der scharfe Kontrast der mehrheitlich schwarzweißen Illustrationen vermitteln die archaische, geballte Dynamik, die Millers Markenzeichen ist. Aus dem Gegensatz von Text und Bild erwächst jedoch keine ästhetische Symbiose. Wheelers Stückwerk hat Millers brachialer Energie nichts entgegenzusetzen. Doch leider ist dieses Artus-Remake kein Comic, und so können Millers vereinzelte Zeichnungen das Gemeinschaftsprojekt nicht retten. Ob "Cursed" eine annehmbare Netflix-Serie geworden ist, muss man dort überprüfen. Angesichts dieser literarischen Vorlage bleibt allerdings nicht viel Hoffnung.
THOMAS SCHOLZ
Thomas Wheeler: "Cursed". Die Auserwählte.
Illustriert von Frank Miller.
Aus dem Amerikanischen von Michelle Gyo und Petra Koob-Pawis. Verlag S. Fischer / Tor, Frankfurt am Main 2020. 470 S., Abb., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Rezensent Thomas Scholz ist absolut nicht begeistert vom Artus-Remake von Thomas Wheeler und Frank Miller. Was Wheeler textlich in diesem Prequel zur Sage verbockt ("plumpe" Beschreibungen, moderne Sprache im historischen Mittelalter!) und die deutsche Fassung laut Rezensent noch verschlimmert, kann Zeichner Miller auch mit hartem, kontrastreichen Archaik unterstreichenden Strich nicht ausbügeln, bedauert Scholz. Dass Bild und Text keine Symbiose eingehen, erkennt Scholz als Manko. Noch mehr aber stören ihn die vielen Fantasy-Klischees im Buch, die im Kampf der jungen Heldin Nimue mit ihrem mythischen Schwert Excalibur gegen allerhand alte Männer gipfeln. Mitreißend kann Scholz das alles nicht finden, vielleicht funktioniert es als TV-Serie ja besser, meint er.
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