An assault on the senses, part murder mystery, part metaphysical speculation; a fable for our times as catchy as a rock song blasting from the window of a sports car.
High-class call girls billed to Mastercard. A psychic 13-year-old dropout with a passion for Talking Heads. A hunky matinee idol doomed to play dentists and teachers. A one-armed beach-combing poet, an uptight hotel clerk and one very bemused narrator caught in the web of advanced capitalist mayhem.
Combine this offbeat cast of characters with Murakami's idiosyncratic prose and out comes Dance Dance Dance.
'If Raymond Chandler had lived long enough to see Blade Runner, he might have written something like Dance Dance Dance' Observer
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.08.2002Der böse Maserati
Haruki Murakamis Roman
„Tanz mit dem Schafsmann”
Im Traum fühlt sich der Ich-Erzähler als Teil eines Hotels – nicht etwa als Mitglied der Belegschaft, sondern als Bestandteil des alten „Delfin”, einer heruntergekommenen Herberge in Sapporo. Wer sich in seinen Träumen in die Welt der Objekte eingliedert, so ahnen wir schon mit den ersten Zeilen, dessen Identität kann schwerlich als krisensicheres Ego dienen.
In seinen Beziehungen führt Haruki Murakamis namenlos bleibender Held ebenfalls ein fragiles Leben. Die Ehefrau ist ihm schon vor Jahren abhanden gekommen, und plötzlich war auch Kiki verschwunden, eine Edelnutte, mit der er einst im „Delfin” abgestiegen war. Nach einer Zeit des inneren Stillstands war er zurückgekehrt ins tätige Leben und hatte einige Jahre lang, erfolgreich aber unbefriedigt, in den Grauzonen zwischen Journalismus und Werbung geschuftet. Jetzt überfällt ihn eine neue Krise, und in dem seltsamen Traum glaubt er Kiki zu vernehmen, die ihn zurückruft, von Tokyo nach Sapporo.
An der Stelle des alten „Delfin” steht nun ein modernes Luxushotel, das „Dolphin”; die Frage nach dem Vorgänger löst beim Personal Irritationen aus. Beim Erwerb des Grundstücks hat die Yakuza mitgemischt, der alte Besitzer wurde unter Druck gesetzt und verschwand, und die dubiosen finanziellen Spekulationen reichten bis in Regierungskreise. Das „Dolphin” ist eine böse Blüte des Kapitalismus, doch birgt es neben den diesseitigen auch jenseitige Geheimnisse.
Vor allem die 16. Etage führt ein seltsames Doppelleben. Manchmal scheint dort der Lift in einer anderen Welt anzukommen, die nichts mit dem modernen Gebäude zu tun hat, sondern so finster und modrig ist, als wäre ins neue Gebäude insgeheim ein Stück des abgerissenen „Delfin” eingearbeitet worden. In Murakamis Roman ist die Vergangenheit nicht nur im Bewusstsein der Gegenwart, sondern auch in ihren Objekten enthalten.
Für seinen im Original schon 1988 erschienenen „Tanz mit dem Schafsmann” hat der japanische Autor wie ein Sammler alle Topoi zusammengetragen, die er und viele seiner Zeitgenossen für unverzichtbare Zutaten eines erfolgreichen modernen Romans halten: Sex & Crime, Identitätskrisen und Kapitalismus-Kritik, Aufhebung der Grenzen von Raum und Zeit, untermalt von fast enzyklopädischen Verweisen auf die Hits aus Pop und Rock der siebziger und achtziger Jahre, als in Japan Hamburger und Pizza moderner waren als Sushi und Sashimi.
Im Dunkeln präsent
Es muss eine Zeit gewesen sein, in der die vermeintlich endgültige Gefährdung traditioneller Werte eine robuste Sehnsucht nach Sinn und Zusammenhängen genährt hat. Die Konfusionen, durch die Murakami seinen Helden jagt, sind nur Teil einer größeren, undurchschaubaren Ordnung. Nichts geschieht nur zufällig, alles ist miteinander verknüpft. Das behauptet jedenfalls der mysteriöse Schafsmann, der sich in die Finsternis des 16. Stocks zurückgezogen hat.
Der Schafsmann, für den die Gesetze von Zeit und Raum nicht zu gelten scheinen, ist keineswegs eine Kombination aus Mensch und Tier, wie etwa der Kentaur der griechischen Mythologie; seine sichtbare Erscheinung beruht auf einer über die Jahre hinweg schütter gewordenen Verkleidung. Wer oder was sich hinter der Verkleidung verbirgt, erfahren wir nicht, und Murakamis Held zeigt auch kein nennenswertes Interesse, es in Erfahrung zu bringen. Es reicht ihm und dem Autor, in dem fremden Wesen die Inkarnation des Unerforschten und vor allem des Unerforschbaren zu sehen, eine Gegenfigur, die im Dunkeln präsent bleibt, während die Welt bis ins Detail durchleuchtet und errechnet wird.
Die Sehnsucht nach Irrationalität ist die Triebfeder dieses Romans, der selbst an den Konfusionen leidet, von denen er erzählt. So versucht der Autor immer wieder, seine Geschichte mit parapsychologischen Phänomenen anzureichern. Die hypersensible Yuki sieht Dinge, die sie nicht gesehen haben kann; der unglückliche Fernsehstar Gotanda weiß nicht, ob er die arme Kiki wirklich oder nur in seiner Imagination ermordet hat. Der Erzähler glaubt in Honolulu Kiki zu sehen, verfolgt sie und gelangt in einen Raum mit sechs Skeletten – vermutlich Projektionen der Toten dieser Geschichte.
Auch dieser Geisterbahn-Effekt ist bezeichnend für Murakamis Erzählweise: Er scheut nicht zurück vor Anleihen aus trivialeren Genres und infantileren Einfällen. Gotandas Maserati scheint eine böse, tödliche Bedrohung auszustrahlen, während des Erzählers Subaru beruhigend und behaglich wirkt wie ein Wohnzimmer.
In seinen Bildern und Metaphern will Murakami bedingungslos originell und exquisit sein. Kikis Verschwinden, mutmaßt der Erzähler, sei vielleicht ihre Bestimmung gewesen. „So wie die Moldau ins Meer fließt.” Hätte es da nicht auch ein japanischer Fluss getan? Einer, der dann wirklich ins Meer münden würde anstatt in die Elbe? Oder ist die Moldau eine Erfindung der Übersetzerin?
Fragen über Fragen, die auch Murakamis Helden quälen. „Tanzen!”, hatte ihm der Schafsmann als äußerste Weisheit mit auf den Weg gegeben. Also in Bewegung bleiben, nicht erstarren, sich dem Rhythmus des Lebens hingeben. Am Ende findet er seine Erlösung im Bett mit einer neuen Geliebten. Das hätte er auch einfacher haben können.
H.G.PFLAUM
HARUKI MURAKAMI: Tanz mit dem Schafsmann. Roman. Aus dem Japanischen von Sabine Mangold. Dumont Verlag, Köln 2002. 461 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Haruki Murakamis Roman
„Tanz mit dem Schafsmann”
Im Traum fühlt sich der Ich-Erzähler als Teil eines Hotels – nicht etwa als Mitglied der Belegschaft, sondern als Bestandteil des alten „Delfin”, einer heruntergekommenen Herberge in Sapporo. Wer sich in seinen Träumen in die Welt der Objekte eingliedert, so ahnen wir schon mit den ersten Zeilen, dessen Identität kann schwerlich als krisensicheres Ego dienen.
In seinen Beziehungen führt Haruki Murakamis namenlos bleibender Held ebenfalls ein fragiles Leben. Die Ehefrau ist ihm schon vor Jahren abhanden gekommen, und plötzlich war auch Kiki verschwunden, eine Edelnutte, mit der er einst im „Delfin” abgestiegen war. Nach einer Zeit des inneren Stillstands war er zurückgekehrt ins tätige Leben und hatte einige Jahre lang, erfolgreich aber unbefriedigt, in den Grauzonen zwischen Journalismus und Werbung geschuftet. Jetzt überfällt ihn eine neue Krise, und in dem seltsamen Traum glaubt er Kiki zu vernehmen, die ihn zurückruft, von Tokyo nach Sapporo.
An der Stelle des alten „Delfin” steht nun ein modernes Luxushotel, das „Dolphin”; die Frage nach dem Vorgänger löst beim Personal Irritationen aus. Beim Erwerb des Grundstücks hat die Yakuza mitgemischt, der alte Besitzer wurde unter Druck gesetzt und verschwand, und die dubiosen finanziellen Spekulationen reichten bis in Regierungskreise. Das „Dolphin” ist eine böse Blüte des Kapitalismus, doch birgt es neben den diesseitigen auch jenseitige Geheimnisse.
Vor allem die 16. Etage führt ein seltsames Doppelleben. Manchmal scheint dort der Lift in einer anderen Welt anzukommen, die nichts mit dem modernen Gebäude zu tun hat, sondern so finster und modrig ist, als wäre ins neue Gebäude insgeheim ein Stück des abgerissenen „Delfin” eingearbeitet worden. In Murakamis Roman ist die Vergangenheit nicht nur im Bewusstsein der Gegenwart, sondern auch in ihren Objekten enthalten.
Für seinen im Original schon 1988 erschienenen „Tanz mit dem Schafsmann” hat der japanische Autor wie ein Sammler alle Topoi zusammengetragen, die er und viele seiner Zeitgenossen für unverzichtbare Zutaten eines erfolgreichen modernen Romans halten: Sex & Crime, Identitätskrisen und Kapitalismus-Kritik, Aufhebung der Grenzen von Raum und Zeit, untermalt von fast enzyklopädischen Verweisen auf die Hits aus Pop und Rock der siebziger und achtziger Jahre, als in Japan Hamburger und Pizza moderner waren als Sushi und Sashimi.
Im Dunkeln präsent
Es muss eine Zeit gewesen sein, in der die vermeintlich endgültige Gefährdung traditioneller Werte eine robuste Sehnsucht nach Sinn und Zusammenhängen genährt hat. Die Konfusionen, durch die Murakami seinen Helden jagt, sind nur Teil einer größeren, undurchschaubaren Ordnung. Nichts geschieht nur zufällig, alles ist miteinander verknüpft. Das behauptet jedenfalls der mysteriöse Schafsmann, der sich in die Finsternis des 16. Stocks zurückgezogen hat.
Der Schafsmann, für den die Gesetze von Zeit und Raum nicht zu gelten scheinen, ist keineswegs eine Kombination aus Mensch und Tier, wie etwa der Kentaur der griechischen Mythologie; seine sichtbare Erscheinung beruht auf einer über die Jahre hinweg schütter gewordenen Verkleidung. Wer oder was sich hinter der Verkleidung verbirgt, erfahren wir nicht, und Murakamis Held zeigt auch kein nennenswertes Interesse, es in Erfahrung zu bringen. Es reicht ihm und dem Autor, in dem fremden Wesen die Inkarnation des Unerforschten und vor allem des Unerforschbaren zu sehen, eine Gegenfigur, die im Dunkeln präsent bleibt, während die Welt bis ins Detail durchleuchtet und errechnet wird.
Die Sehnsucht nach Irrationalität ist die Triebfeder dieses Romans, der selbst an den Konfusionen leidet, von denen er erzählt. So versucht der Autor immer wieder, seine Geschichte mit parapsychologischen Phänomenen anzureichern. Die hypersensible Yuki sieht Dinge, die sie nicht gesehen haben kann; der unglückliche Fernsehstar Gotanda weiß nicht, ob er die arme Kiki wirklich oder nur in seiner Imagination ermordet hat. Der Erzähler glaubt in Honolulu Kiki zu sehen, verfolgt sie und gelangt in einen Raum mit sechs Skeletten – vermutlich Projektionen der Toten dieser Geschichte.
Auch dieser Geisterbahn-Effekt ist bezeichnend für Murakamis Erzählweise: Er scheut nicht zurück vor Anleihen aus trivialeren Genres und infantileren Einfällen. Gotandas Maserati scheint eine böse, tödliche Bedrohung auszustrahlen, während des Erzählers Subaru beruhigend und behaglich wirkt wie ein Wohnzimmer.
In seinen Bildern und Metaphern will Murakami bedingungslos originell und exquisit sein. Kikis Verschwinden, mutmaßt der Erzähler, sei vielleicht ihre Bestimmung gewesen. „So wie die Moldau ins Meer fließt.” Hätte es da nicht auch ein japanischer Fluss getan? Einer, der dann wirklich ins Meer münden würde anstatt in die Elbe? Oder ist die Moldau eine Erfindung der Übersetzerin?
Fragen über Fragen, die auch Murakamis Helden quälen. „Tanzen!”, hatte ihm der Schafsmann als äußerste Weisheit mit auf den Weg gegeben. Also in Bewegung bleiben, nicht erstarren, sich dem Rhythmus des Lebens hingeben. Am Ende findet er seine Erlösung im Bett mit einer neuen Geliebten. Das hätte er auch einfacher haben können.
H.G.PFLAUM
HARUKI MURAKAMI: Tanz mit dem Schafsmann. Roman. Aus dem Japanischen von Sabine Mangold. Dumont Verlag, Köln 2002. 461 Seiten, 24,90 Euro.
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If Raymond Chandler had lived long enough to see Blade Runner, he might have written something like Dance Dance Dance Observer