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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
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Lebensrückblicke: Vier späte Texte von Oliver Sacks
Der Neurologe, Psychiater und Erzähler Oliver Sacks starb Ende August im Alter von zweiundachtzig Jahren. Ein halbes Jahr zuvor hatte er in einem in der "New York Times" erschienenen Text öffentlich gemacht, dass ihm ein diagnostizierter Tumor nur noch wenig Lebenszeit lasse. Das Erscheinen seiner kurz vor dieser Diagnose abgeschlossenen Biographie erlebte Sacks noch. Auch der Rowohlt Verlag beeilte sich und brachte die deutsche Ausgabe nur wenige Wochen nach der englischen heraus (F.A.Z. vom 6. Juni). Nun folgt, wieder fast gleichzeitig mit der Originalausgabe, ein Bändchen mit vier späten kurzen Texten von Sacks.
Der erste ist eine knapp vor seinem achtzigsten Geburtstag niedergeschriebene Betrachtung über die zurückgelegte Lebensstrecke, aber auch ein Blick voraus auf den Tod, der schon so viele Freunde rings um ihn ereilt hatte. Jetzt erst könne er, den Krankheit bisher verschonte, sich vorstellen, ja in allen Fasern spüren, wie ein Jahrhundert beschaffen sei. Der zweite Text ist der eingangs erwähnte Beitrag in der NYT, in dem Sacks sich an seinen "Lieblingsphilosophen" David Hume hält, der an einem Apriltag des Jahres 1776, als er von seiner unheilbaren Krankheit erfahren hatte, in einem Zug die Betrachtung "Mein Leben" niederschrieb. Der dritte entstand in diesem Sommer und nimmt noch einmal das Motiv des Periodensystems der Elemente auf, das Sacks von Kindheit an faszinierte. Seit damals seien die Naturwissenschaften ihm Zuflucht gewesen, wenn das Leben schwierig worden sei; und wie als Kind, so umgebe er sich auch jetzt mit Metallen und Mineralien, "kleinen Symbolen der Ewigkeit".
Der letzte Text, "Sabbat", an dem Sacks noch zwei Wochen vor seinem Tod schrieb, blickt zurück auf diese Kindheit in einer jüdisch-orthodoxen Familie im London der Vorkriegsjahre - und erzählt von späten Begegnungen mit orthodox gebliebenen Verwandten.
Es sind keine ganz neuen Facetten über die Biographie und die zuvor schon einmal beschriebene Kindheit hinaus, mit denen dieses Bändchen aufwartet. Aber sie zeigen einen einnehmenden Autor, für den sich Gegenwart und Erinnerung vor dem Hintergrund der auslaufenden Lebenszeit auf anrührende Weise zusammenfügen.
hmay
Oliver Sacks: "Dankbarkeit".
Aus dem Englischen von Hainer Kober. Rowohlt
Verlag, Reinbek 2015. 80 S., geb., 8,- [Euro].
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