Studienarbeit aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Romanistik - Italianistik, Note: sehr gut minus, Universität Münster (Romanistisches Seminar), Veranstaltung: Dantes Inferno, Sprache: Deutsch, Abstract: Einleitung und Fragestellung Welches Prinzip der Gerechtigkeit jemand vertritt, wird am ehesten evident durch die Strafen, die er denen zukommen lässt, die gegen diese Gerechtigkeit verstoßen, und weniger durch die Belohnungen, die diejenigen erhalten, die sich an ihre Vorschriften halten. Daher ist Dantes Inferno bezüglich Dantes Gerechtigkeitskonzept aussagekräftiger als das Paradiso und das Purgatorio . Daher - und aus Platzgründen - werde ich mich in dieser Arbeit auf das Inferno beschränken und nur selten die anderen Teile der Commedia erwähnen. Für Dante gibt es im Grunde genommen drei Arten von Gerechtigkeit: - persönliche Gerechtigkeit, die sich mit dem sündigen Individuum befasst; - historisch-politische Gerechtigkeit, die sich mit der Sünde an sich und ihren Auswirkungen auf das Gemeinwesen beschäftigt; - theologische Gerechtigkeit, die mehr oder weniger von Dantes christlichem Glauben abhängig ist. Für jedes Gerechtigkeitskonzept sollen im Verlaufe der Arbeit Beispiele herangezogen und erläutert werden. Dabei will ich im Besonderen drei Aspekte der jeweiligen Gerechtigkeit herausarbeiten: - Aus welchen Quellen schöpft Dante seine Konzeptionen? - Inwieweit ist das Inferno als rechtsphilosophische Schrift deckungsgleich mit seinen anderen Werken, insbesondere De Monarchia? - Ist Dante ein "zutiefst mittelalterlicher" Autor oder lassen sich seine Vorstellungen mit modernen Gerechtigkeitsauffassungen versöhnen? Die Auswahl der Beispiele wird sich an diesen Fragestellungen orientieren und darüber hinaus zu ermitteln versuchen, für welche Art der Gerechtigkeit sich Dante im Zweifelsfall entscheidet und welche Vergehen für ihn die strafwürdigsten sind. Als hochintelligenter und gebildeter Mensch des Spätmittelalters bewegte sich Dante in einem Spannungsfeld mehrerer religiöser und politischer Bezugssysteme; interessant ist hier die Frage, welches Bezugssystem für welche Bestrafung relevant ist. Bei Lebensdaten und historischen Ereignissen beziehe ich mich - falls im Zweifel - auf A Dictionary of Proper Names and Notable Matters in the Works of Dante, hrsg. von Charles Singleton, Oxford 1968.