Studienarbeit aus dem Jahr 2019 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,0, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie die Wechselwirkung zwischen Diesseits und Jenseits in den Sangsprüchen von Bruder Wernher dargestellt wird. Dabei soll gezeigt werden, dass die Reue für Taten, die gegen die christliche Vorstellung eines gottgefälligen Lebens vollbracht wurden, nicht ausreichend ist, um in das Paradies zu gelangen. Um diese These zu belegen, stelle ich mir zunächst die Frage, wie die Vorstellung von einem Leben nach dem Tod im Mittelalter aussah. Anschließend untersuche ich drei ausgewählte Sangsprüche bezüglich der Wechselwirkungen zwischen dem Diesseits und Jenseits und vergleiche die Auffassung Wernhers mit der der damaligen Zeit. Als Grundlage der Arbeit dienen die von Ulrike Zuckschwerdt transliterierten und übersetzten Strophen, auf welche sich alle Seiten- und Versangaben im Text beziehen. Zur Vereinfachung wird die Seitenzahl, auf die sich der jeweilige Spruch befindet, nur einmal angegeben. Johann Wolfgang von Goethe, einer der bedeutendsten deutschen Dichter, schrieb in einem Brief an Auguste Gräfin zu Stolberg: „Wir wollen einander nicht auf´s ewige Leben vertrösten! Hier noch müssen wir glücklich sein“. Diese Aussage lässt sich auf die Ansicht der meisten Menschen im 21. Jahrhundert übertragen. Das irdische Leben soll ausgefüllt sein mit Glück und Freude. Eine Existenz nach dem Tod ist für viele nicht vorstellbar. Im Mittelalter hingegen waren das Christentum und der Glaube an die Trinität wichtiger Bestandteil im Leben und Alltag der Menschen. Sie waren bestrebt, ihr Leben so zu gestalten, dass sie nach dem Tod in das Paradies zu Jesus Christus gelangen konnten. Der Sangspruchdichter Bruder Wernher, welcher in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts lebte, thematisierte neben der Tugendlehre und Kritik an Papst sowie Kaiser auch das Jenseits. Dabei vereinfacht er abstrakte Zusammenhänge durch den Einsatz konkreter, alltagsnaher Bilder, wodurch seine Sprüche eine hohe Anschaulichkeit aufweisen. Insgesamt wurden von ihm 76 Sprüche, welche sich in neun Töne unterteilen lassen, überliefert. Diese sind kanzonenförmig aufgebaut, was typisch für die Zeit ist.