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Die ehemalige Klasse eines Zagreber Gymnasiums trifft nach Jahren zusammen, um ihre Abiturfahrt zu wiederholen. Die "Tramuntana", ein Motorschiff, führt die mittlerweile Mittsechziger ein zweites Mal der dalmatinischen Küste entlang. In zahlreichen Rückblenden erzählt die Hauptfigur, der ebenfalls an Bord befindliche Gynäkologe Tihomir Romar, seine Lebensgeschichte. Im Zentrum steht dabei die fatale Liebesbeziehung zu seiner einstigen Mitschülerin Senka, die beinahe zerstörerische Dimensionen annimmt und für drei Menschen zur Hölle auf Erden wird. Mit beißender Ironie und schwarzem Humor…mehr

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Produktbeschreibung
Die ehemalige Klasse eines Zagreber Gymnasiums trifft nach Jahren zusammen, um ihre Abiturfahrt zu wiederholen. Die "Tramuntana", ein Motorschiff, führt die mittlerweile Mittsechziger ein zweites Mal der dalmatinischen Küste entlang. In zahlreichen Rückblenden erzählt die Hauptfigur, der ebenfalls an Bord befindliche Gynäkologe Tihomir Romar, seine Lebensgeschichte. Im Zentrum steht dabei die fatale Liebesbeziehung zu seiner einstigen Mitschülerin Senka, die beinahe zerstörerische Dimensionen annimmt und für drei Menschen zur Hölle auf Erden wird. Mit beißender Ironie und schwarzem Humor zeichnet Zoran Feric ein Sittenbild der goldenen Jugend im Tito-Jugoslawien, Abkömmlinge einer neuen privilegierten Klasse, deren Pubertät mehr von den Auswirkungen der sexuellen denn der sozialen Revolution geprägt ist. Die zweite Abiturfahrt spült alte, unterdrückte Beziehungsgeflechte wieder hoch, vergessen geglaubte pubertäre Verhaltensmuster paaren sich mit aufkeimender Senilität. Mit Leichtigkeit und Witz streift Feric alle Seiten des Lebens - Glück, Liebe, Leid, Alter und Vergänglichkeit.

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Autorenporträt
Geboren 1961 in Zagreb. Studium an der Philosophischen Fakultät von Zagreb. Derzeit Gymnasiallehrer für Kroatisch. Zahlreiche Publikationen in kroatischen Zeitschriften wie in ""Polet "", ""Studentski list"", ""Pitanja "", ""Oko "", ""Quorum "", ""Plima "", ""Evropski glasnik "" und ""Torpedo "". Seine Bücher sind in viele Sprachen übersetzt, u. a. ins Englische, Italienische, Polnische, Spanische, Slowenische, Ukrainische, Montenegrinische.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.10.2012

Der Weltuntergang kann warten

Man ist nie so tot, wie man sich fühlt: In seinem Roman "Das Alter kam am 23. Mai gegen 11 Uhr" untersucht Zoran Feric das verstörende Nebeneinander von gefühlten und kalendarischen Jahren.

Je weiter man in diesem Buch liest, desto mehr wandeln sich die Worte zu Bildern, zu einem schön-schaurigen Film, wie ihn Regisseure der Nouvelle Vague, ein Chabrol oder Truffaut etwa, hätten drehen können, mit einem gealterten Michel Piccoli oder einer Jeanne Moreau in den Hauptrollen. Die Szenerie ist wahrlich filmreif, wobei wir nicht an der Côte d'Azur oder in Paris, sondern in Zagreb und an der kroatischen Adria sind.

An einem warmen Septembertag gegen Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends brechen ehemalige Schüler eines Zagreber Gymnasiums von der Hafenstadt Opatija, in der sich der verblichene Glanz eines Kaiserbades mit dem zweifelhaften Charme eines sozialistischen Kurortes mischt, zu einer Kreuzfahrt entlang der dalmatinischen Küste auf. Und weil es das fünfzigjährige Abiturjubiläum ist, sind die Herrschaften, von der neunzigjährigen Klassenlehrerin ganz zu schweigen, nicht mehr die Jüngsten, was sie mit der "Tramuntana", einem altersschwachen, zum Kreuzfahrtschiff umgebauten Kahn, gemein haben.

Sie waren einst die junge Garde des sozialistischen Jugoslawien, Kinder von Partisanen oder Ustascha-Sympathisanten, haben als neue Landeselite Karriere gemacht, sind Ärzte, Wissenschaftler, Architekten oder Lehrer geworden und mussten als solche den Zerfall des Tito-Imperiums und den Balkan-Krieg miterleben. Sie haben geliebt und gelitten, Kinder gezeugt und verloren, Scheidungen durchgestanden, demente Ehepartner versorgt und diese begraben. Jetzt wiederholen sie eine Reise, die sie fast genau so vor einem halben Jahrhundert unternommen haben, inzwischen nicht mehr ganz vollzählig und von den Blessuren des Lebens ebenso gezeichnet wie geadelt.

Die alte Lehrerin schleppt einen riesigen Koffer mit sich, in dem der kleine Enkel eines Klassenfahrers eine Leiche vermutet. Die Geschichte, man ahnt es, ist trivialer, aber eben auch trauriger. Die alte Dame ist verarmt und auf dem Weg in ein Altersheim. Mehr als ein Zweibettzimmer kann sie sich dort nicht leisten, und die Kreuzfahrt erspart ihr immerhin die Reisekosten zu dieser letzten Station ihres Lebens.

Erzählt wird aus der Perspektive des pensionierten Gynäkologen Tihomir, der sich auf dieser Odyssee an seine Jugend und die Weggefährten erinnert, allen voran an seinen besten Freund Roman, einen einst für seine schwebenden Häuser in ganz Jugoslawien bekannten Architekten. Roman ist längst tot, und seine Häuser im Stil der sozialistischen Moderne haben die alten und vor allem neuen Besitzer längst abgerissen oder umgebaut. Wir kehren mit Tiho, wie ihn alle nennen, in ein typisches Mietshaus ins Zagreb der fünfziger bis siebziger Jahre zurück, in dem die "Sohnwitwen", jene alten Frauen, die ihre bei den Partisanen kämpfenden Söhne verloren haben, das Regiment führen. Auch Tihos Vater war Spanien-Kämpfer und Partisan, was dem Sohn nicht nur Freunde einbringt. Hinter recht bürgerlichen Fassaden hausen jede Menge Einsamkeit und Entfremdung. Früh verliert Tiho seine Mutter, Roman den Vater, an dessen Stelle ein ihnen unheimlicher Mitbewohner tritt.

Als Tiho nach seinem Medizinstudium bereits als Krankenhausarzt praktiziert, begegnet er auf einem seiner Spaziergänge mit dem inzwischen hinfälligen Vater seiner ehemaligen Mitschülerin Senka, die ihrerseits mit ihrer Mutter in gleicher Kümmermission im Park unterwegs ist. Während die beiden Alten in rührender Weise einen kurzen und letzten Frühling erleben, kommen sich auch die Jungen näher. Senka lebt mit Mann und Tochter in der Schweiz und ist nur nach Zagreb zurückgekehrt, um die krebskranke Mutter zu pflegen, wobei ihr der junge Arzt gern helfend zur Seite steht. Was für die Mutter ein zäher, langer und grausamer Todeskampf ist, wird für Senka und Tiho eine durch ebendiesen Tod begrenzte Zeit stürmischer Liebe. Noch ahnt Tiho nicht, dass er Teil einer verhängnisvollen Ménage à trois werden soll, in der sein Freund Roman die düster-dämonische Hauptrolle spielt. Lust, Sex, Liebe, Angst, Verrat, Unterwerfung, Gewalt, Aufopferung, Enttäuschung, alles, was auch in konventionelleren Beziehungsgeflechten existieren mag, entwickelt sich hier zu einer unentwirrbaren, exzentrisch-existentialistischen Tragödie, aus der sich Tiho nur mit äußerster Kraft durch eine Heirat befreien kann. Die gelebte Libertinage des Trios, die sexuelle Freiheit, stößt immer wieder an die schmerzvollen Grenzen eigener und fremder Gefühle und Konventionen.

Der 1961 in Zagreb geborene Zoran Feric gilt nicht nur als einer der wichtigsten Vertreter der modernen kroatischen Literatur, sondern auch als ihre dark celebrity. Bis heute unterrichtet er kroatische Sprache und Literatur an einem Gymnasium seiner Heimatstadt. Mit beißender Ironie und bösem Sarkasmus gräbt er sich in seinen Erzählungen und Romanen bis ins Pathologische vor und beschreibt mit zuweilen enervierender pornographischer Detailtreue sexuelle Exzesse, psychologische Zwangslagen und medizinische Prozeduren. Sein neuer Roman zeichnet nicht nur ein Bild der kroatischen Gesellschaft und ihrer Elite in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, sondern ist vor allem ein Buch über den Lebenszyklus - vom Heranwachsen bis zum Altwerden. Im Original 2011 unter dem Titel "Der Kalender der Mayas" erschienen, geht es dem Autor um das verstörende Nebeneinander von gefühlten und kalendarischen Jahren, von Tod und Liebe, Lust und Angst, Ende und Neubeginn.

Als Tiho Senka nach fünfunddreißig Jahren auf dem Schiff wiedersieht, zieht die Femme fatale, die die einstige Balletttänzerin noch immer ist, eine bittere Bilanz und bittet den Arzt und Geliebten von damals ein letztes Mal um Hilfe. Doch gerade dann, wenn der Tod nahe scheint, wenn die "Tramuntana" symbolträchtig mit kaputtem Motor in einem nächtlichen adriatischen Herbststurm zu zerschellen droht, scheinen sich die Lebensgeister in den morbiden Körpern noch einmal zu regen. Am Ende sitzt man wieder beim Kaffee an einer Mole und entschwebt, dem Tod gerade noch einmal von der Schippe gesprungen, in die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Der Weltuntergang, den die Mayas angeblich voraussagten, kann noch einmal warten.

SABINE BERKING

Zoran Feric: "Das Alter kam am 23. Mai gegen 11 Uhr". Roman.

Aus dem Kroatischen von Klaus Detlef Olof. Folio Verlag, Wien und Bozen 2012. 540 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Sichtlich fasziniert schreibt Judith von Sternburg über den Roman "Das Alter kam am 23. Mai gegen 11 Uhr" von Zoran Feric. Ohne wirklich etwas über die Handlung zu verraten, referiert sie verschiedene Szenen, Figuren und Konstellationen, was offenbar der Struktur des Romans nahekommt, den sie als ebensfalls ausschnitthaft beschreibt. Die Rezensentin berichtet, dass es aus der Rahmenhandlung, einer Jubiläumsabitursfahrt, Rückblenden ins Tito-Jugoslawien der fünfziger bis siebziger Jahre gibt und dass es um Generationenkonflikte geht zwischen den 68ern und der Generation danach, der auch der Autor angehört. Was dabei herauskommt, ist "ein schelmisches, böses Sittengemälde", dargelegt von einem notorisch unzuverlässigen und unmoralischen Erzähler, so die Rezensentin, die am Ende anerkennend feststellt: "Feric hat Katz und Maus mit uns gespielt".

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