Giordano Brunos Schrift »Das Aschermittwochsmahl«, verfasst in London im Jahr 1584, gilt als Meilenstein der Wissenschaftsgeschichte. Das seit Jahrhunderten fraglos akzeptierte Weltbild eines endlichen Kosmos weicht der Vorstellung eines unendlichen Universums mit unzähligen feurigen Sonnen und wässrigen Erden. Die kopernikanische Revolution wird vollendet, ein irreversibler Schritt in die Neuzeit ist vollzogen. Freilich glänzt das »Aschermittwochsmahl« auch literarisch. Mit Bedacht verlegt der Autor die Handlung auf den ersten Tag nach dem Karneval. Im Spiel mit den Möglichkeiten der Satire und im Vertrauen auf die subversive Kraft des Lachens wird eine Gesellschaft angeprangert, die über die Fastnachtszeit hinaus weiterhin närrisch ist. Pedantische Gelehrte und falsche Lehren sind Teil dieser nach wie vor »verkehrten Welt«, die es zu demaskieren gilt und die der geistigen Umkehr bedarf. Doch das »Aschermittwochsmahl« ist mehr als kosmologische Spekulation oder Gesellschaftskritik. Betroffen von den erbitterten theologischen Kontroversen seiner Zeit versteht Bruno sein Programm auch als Erneuerung einer richtig verstandenen Philosophie und Religion. Im Rückgriff auf die »wahre alte Philosophie« der Antike, Quellen des Christentums sowie bisher kaum beachtete Traditionen des Judaismus begreift Bruno das Universum als unendliche beseelte Einheit und als physikalischen Ausdruck göttlicher Friedensstiftung, welche die widerstreitenden Elemente der Himmelskörper zu einem harmonischen Organismus fügt. Schließlich ist das »Aschermittwochsmahl« kirchengeschichtlich von Bedeutung, erregten die darin enthaltenen Theorien doch die Aufmerksamkeit der Inquisition. So wird Brunos Text ob seines Reichtums an Ansätzen und Material zu einer lohnenden Lektüre für Wissenschaftshistoriker, Literatur- und Religionswissenschaftler, Philosophen und Theologen.
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