Für das Werk von James Joyce ist die Epiphanie ein wichtiges strukturelles Element. Auch Prousts 'mémoire involontaire'-Episoden können strukturell als Epiphanie-Momente aufgefasst werden. Wilhelm Genazino, für den das Werk beider Autoren von Bedeutung ist, radikalisiert diese Epiphanie-Konzeptionen. Auslöser von Epiphanie-, d.h. Erkenntnismomenten, sind profane Objekte, die Genazinos Protagonisten auf ihren Streifzügen durch die modernen Stadtlandschaften aufspüren. An solch banalen Objekten wie herumliegenden Telefonbüchern entzündet sich ihre Phantasie. Von anderen unbeachtet, gewinnen diese Objekte vielfältige Bedeutung für Genazinos Stadtstreuner. Sie werden dieser Dinge 'habhaft auf Entfernung' (Merlau-Ponty) mittels ihrer Technik des gedehnten Blicks, mithilfe dessen sie Bedeutung erfassen, konstituieren und kreativ mit ihr spielen. Diese kreative Form des Wahrnehmens ist nicht zuletzt Individuations- wie Kompensationsstrategie für Genazinos melancholische Großstadtbewohner. Sie schaffen sich in einer als oftmals entzaubert empfundenen Alltagswelt zauberhafte Momente oder - mit Genazino gesprochen - 'Ihre eigenen Selbstberuhigungsprogramme'. Die Arbeit untersucht beispielhaft die Genese des Epiphaniebegriffs, seine Bedeutung für die literarische Moderne (von Hofmannsthal, Proust, Joyce) und die darin erfolgende Neubestimmung sowie die Bedeutsamkeit des Konzepts für das literarische Werk des Gegenwartsautors Wilhelm Genazino.
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