»Es gibt keinen treueren Freund als ein Buch«, sagte schon Ernest Hemingway. Und wie bei unseren Freunden aus Fleisch und Blut wollen wir natürlich auch die aus Papier immer besser kennenlernen und wissen, welche verschlungenen Wege sie zurückgelegt haben, ehe sie bei uns landen. Was tun Agenturen? Welche Bücher helfen uns, guten Schlaf zu finden? Was macht das Fernsehen mit der Literatur? Warum ist es so schwer, über Sex zu schreiben? Welche Bücher schenken wir uns zu Weihnachten? Was steht im Duden? Sind Eselsohren abzulehnen? Was sind Nackenbeißer? Fragen über Fragen, die dieses Buch beantwortet, kurzweilig, abschweifend und informativ - und dank seiner alphabetischen Gliederung auch noch schnell. Es entführt die Leserinnen und Leser in fast alle Ecken und Winkel des Literaturbetriebs - und profitiert da von, dass der Autor die meisten davon gut kennt.
»Ein Werk, das den berühmten Blick hinter die Kulissen verspricht. Aber [...] vor allem eine unterhaltsame und amüsante Zusammenfügung dessen ist, was Moritz in seinem Berufsleben an Eindrücken und Einstellungen angesammelt hat.« Thomas Andre / Hamburger Abendblatt
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.2023Des Autors Zukunft
Es gibt Bücher ziemlich verschiedener Art, zumal unter den Bedingungen des Massenmarkts. Das ist natürlich keine große Einsicht. Sie muss aber vielleicht doch in Stellung gebracht werden, wenn wieder einmal das Lob "des" Buchs gesungen wird. Zwar gibt es Konstellationen, in denen ein allgemeines Lob der alten, fein geschliffenen Kulturtechnik nicht von der Hand zu weisen ist. Wenn es etwa um die Vorzüge des gedruckten Buchs gegenüber Formen digitaler Lizenzierung von Texten geht. Aber selbst in diesem Fall ist es eigentlich unabdingbar, die Segmente aktueller Verlagsproduktionen zu benennen, um die es geht.
Genau das erspart sich die hochgestimmte Eloge auf das Buch als solches. Das kann dann etwa so klingen, dass "keine diskursive Erörterung eines Phänomens ersetzen kann, was die Lektüre eines Buchs auslöst", denn die Hirnforschung habe nachgewiesen, "wie sehr unsere Einbildungskraft und unsere Affekte davon berührt werden, wie sehr der Verkümmerung emotionaler und sprachlicher Kräfte entgegengewirkt wird. Beim Lesen verschmilzt der Text des Buches mit der eigenen Erfahrungswelt. Ganz eigene Bilder entstehen in permanenter Produktion durch das Gelesene. Ein fruchtbarer Prozess, der die Entwicklung und Individuation fördert, in einer Zeit des narzisstischen Schein-Individualismus."
Im Bedarfsfall ist halt die Hirnforschung immer noch zur Stelle, ohne nähere Angaben, um welche Genres von Bücher es da gegangen sein soll. Romane vielleicht, die angedeutete "verschmelzende" Lektüre mag darauf hindeuten. Aber dass im belletristischen Ausstoß der Verlage alles auf so gediegene Individualität hinausläuft, wird man ja wohl nicht unterschreiben wollen. So wenig wie die meist angehängte Meinung, ihre Lektüre sei per se einer demokratischen Gesellschaft förderlich. Man muss bei solchen Äußerungen freilich nicht lange grübeln, sondern kann sich mit der Feststellung bescheiden, dass im beispielhaft zitierten Fall ein Mann der Buchbranche das Wort ergriff.
Rainer Moritz, ehemals Programmgeschäftsführer eines angesehenen Verlags und mittlerweile Leiter eines Literaturhauses, hat allerdings gerade eine andere Facette des generellen Bücherlobs aufgespießt, nämlich die "suggestive Einflüsterung, dass ein menschenwürdiges Leben nur denjenigen beschieden sei, die lesen". In der Kurzform, wie sie sich mittlerweile etabliert habe: "Lesen macht glücklich!" Was natürlich auch vor allem auf Belletristisches zielt. Weshalb Moritz, der dem "Leseglück" einen Eintrag in seinem alphabetisch geordneten "Buch zum Buch - Ein Blick hinter die Kulissen" (Oktopus Verlag, 235 S., geb., 22,- Euro) widmet, recht daran tut, einen diffusen Begriff von Glück mit solideren Empfindungen zu kontrastieren, wie sie Bücher anderer Genres doch immerhin hervorbringen könnten, etwa das "Schrauber-Handbuch Traktor-Oldtimer: Restaurieren und reparieren". Womit wir gerade noch die Kurve Richtung Sachbuch genommen haben.
Überhaupt findet man bei Moritz einige bodenständige Titel. Zitieren wir zumindest noch "Körperverletzungen bei Fußballspielen - Eine kriminologische Studie über typische Erscheinungsformen und Konsequenzen für die Strafrechtsanwendung sowie über das Verhältnis der staatlichen Strafrechtspflege zur Strafgewalt der Verbände". Ein Fund im Berliner Sportantiquariat , das der Autor frequentiert.
Richtig bissig geht es in diesen Anmerkungen zum Buchgewerbe allerdings kaum zu, dazu ist der Autor mit ihm doch etwas zu verbandelt und setzt auf die humoristische Note. Aber einige Spitzen sind immerhin untergebracht, nicht nur zum "Leseglück", sondern etwa auch zu Klappentexten und Modewörtern des Betriebs. (Wobei wir zum Vorteil des Autors davon ausgehen, dass der auf der Rückseite seines eigenen Buchs gedruckte Slogan ihm aufgedrungen wurde.) Zugegeben, man vermisst da einiges, begreift aber auch rasch, dass der Autor einen recht persönlich ausgestalteten Parcours wählt, der immer wieder den eigenen Umgang mit Büchern berührt. Und gar nichts ist dagegen zu sagen, die Lektüre Adalbert Stifters anzuempfehlen, oder daran zu erinnern, dass "Me-too-Bücher" einmal anderes meinten als heutzutage.
Bei einem nachdrücklichen Einspruch wollen wir dem Autor noch beispringen, nämlich gegen das unaufhaltsame Zurückweichen des richtigen Genetivs von "Autor", der immer häufiger zu "des Autoren" mutiert. Wir tun das nicht, weil wir mittlerweile noch Hoffnung hegen, dass der korrekte Genetiv zu retten sei. Dagegen sprechen die Erfahrungen der letzten zehn bis fünfzehn Jahre. Aber hin und wieder braucht es die grundsätzliche Verwahrung, auch gegen jede beschwichtigende Erinnerung an die nun einmal stetige Veränderung des Sprachgebrauchs. Um ihm in diesem Fall zu entgehen, nur noch die "Autorin" beizubehalten, deren Genetiv noch nicht zu "Autorinen" verkam, das kann's ja auch nicht sein. HELMUT MAYER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es gibt Bücher ziemlich verschiedener Art, zumal unter den Bedingungen des Massenmarkts. Das ist natürlich keine große Einsicht. Sie muss aber vielleicht doch in Stellung gebracht werden, wenn wieder einmal das Lob "des" Buchs gesungen wird. Zwar gibt es Konstellationen, in denen ein allgemeines Lob der alten, fein geschliffenen Kulturtechnik nicht von der Hand zu weisen ist. Wenn es etwa um die Vorzüge des gedruckten Buchs gegenüber Formen digitaler Lizenzierung von Texten geht. Aber selbst in diesem Fall ist es eigentlich unabdingbar, die Segmente aktueller Verlagsproduktionen zu benennen, um die es geht.
Genau das erspart sich die hochgestimmte Eloge auf das Buch als solches. Das kann dann etwa so klingen, dass "keine diskursive Erörterung eines Phänomens ersetzen kann, was die Lektüre eines Buchs auslöst", denn die Hirnforschung habe nachgewiesen, "wie sehr unsere Einbildungskraft und unsere Affekte davon berührt werden, wie sehr der Verkümmerung emotionaler und sprachlicher Kräfte entgegengewirkt wird. Beim Lesen verschmilzt der Text des Buches mit der eigenen Erfahrungswelt. Ganz eigene Bilder entstehen in permanenter Produktion durch das Gelesene. Ein fruchtbarer Prozess, der die Entwicklung und Individuation fördert, in einer Zeit des narzisstischen Schein-Individualismus."
Im Bedarfsfall ist halt die Hirnforschung immer noch zur Stelle, ohne nähere Angaben, um welche Genres von Bücher es da gegangen sein soll. Romane vielleicht, die angedeutete "verschmelzende" Lektüre mag darauf hindeuten. Aber dass im belletristischen Ausstoß der Verlage alles auf so gediegene Individualität hinausläuft, wird man ja wohl nicht unterschreiben wollen. So wenig wie die meist angehängte Meinung, ihre Lektüre sei per se einer demokratischen Gesellschaft förderlich. Man muss bei solchen Äußerungen freilich nicht lange grübeln, sondern kann sich mit der Feststellung bescheiden, dass im beispielhaft zitierten Fall ein Mann der Buchbranche das Wort ergriff.
Rainer Moritz, ehemals Programmgeschäftsführer eines angesehenen Verlags und mittlerweile Leiter eines Literaturhauses, hat allerdings gerade eine andere Facette des generellen Bücherlobs aufgespießt, nämlich die "suggestive Einflüsterung, dass ein menschenwürdiges Leben nur denjenigen beschieden sei, die lesen". In der Kurzform, wie sie sich mittlerweile etabliert habe: "Lesen macht glücklich!" Was natürlich auch vor allem auf Belletristisches zielt. Weshalb Moritz, der dem "Leseglück" einen Eintrag in seinem alphabetisch geordneten "Buch zum Buch - Ein Blick hinter die Kulissen" (Oktopus Verlag, 235 S., geb., 22,- Euro) widmet, recht daran tut, einen diffusen Begriff von Glück mit solideren Empfindungen zu kontrastieren, wie sie Bücher anderer Genres doch immerhin hervorbringen könnten, etwa das "Schrauber-Handbuch Traktor-Oldtimer: Restaurieren und reparieren". Womit wir gerade noch die Kurve Richtung Sachbuch genommen haben.
Überhaupt findet man bei Moritz einige bodenständige Titel. Zitieren wir zumindest noch "Körperverletzungen bei Fußballspielen - Eine kriminologische Studie über typische Erscheinungsformen und Konsequenzen für die Strafrechtsanwendung sowie über das Verhältnis der staatlichen Strafrechtspflege zur Strafgewalt der Verbände". Ein Fund im Berliner Sportantiquariat , das der Autor frequentiert.
Richtig bissig geht es in diesen Anmerkungen zum Buchgewerbe allerdings kaum zu, dazu ist der Autor mit ihm doch etwas zu verbandelt und setzt auf die humoristische Note. Aber einige Spitzen sind immerhin untergebracht, nicht nur zum "Leseglück", sondern etwa auch zu Klappentexten und Modewörtern des Betriebs. (Wobei wir zum Vorteil des Autors davon ausgehen, dass der auf der Rückseite seines eigenen Buchs gedruckte Slogan ihm aufgedrungen wurde.) Zugegeben, man vermisst da einiges, begreift aber auch rasch, dass der Autor einen recht persönlich ausgestalteten Parcours wählt, der immer wieder den eigenen Umgang mit Büchern berührt. Und gar nichts ist dagegen zu sagen, die Lektüre Adalbert Stifters anzuempfehlen, oder daran zu erinnern, dass "Me-too-Bücher" einmal anderes meinten als heutzutage.
Bei einem nachdrücklichen Einspruch wollen wir dem Autor noch beispringen, nämlich gegen das unaufhaltsame Zurückweichen des richtigen Genetivs von "Autor", der immer häufiger zu "des Autoren" mutiert. Wir tun das nicht, weil wir mittlerweile noch Hoffnung hegen, dass der korrekte Genetiv zu retten sei. Dagegen sprechen die Erfahrungen der letzten zehn bis fünfzehn Jahre. Aber hin und wieder braucht es die grundsätzliche Verwahrung, auch gegen jede beschwichtigende Erinnerung an die nun einmal stetige Veränderung des Sprachgebrauchs. Um ihm in diesem Fall zu entgehen, nur noch die "Autorin" beizubehalten, deren Genetiv noch nicht zu "Autorinen" verkam, das kann's ja auch nicht sein. HELMUT MAYER
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