"Die vielleicht schönste und lohnendste Wiederentdeckung der letzten Jahre." Karla Hielscher, Deutschlandfunk "Das Dorf" und "Suchodol" sind zwei der bekanntesten und beeindruckendsten Werke Bunins, die schon bei ihrem Erscheinen heftige Diskussionen ausgelöst haben. "Das Dorf" entfaltet durch die Geschichte der ungleichen Brüder Krassow und an Schauplätzen wie Kramladen, Jahrmarkt, Vorstadt, Landstraße oder Bauernstube ein Panorama des düsteren Provinzlebens im vorrevolutionären Russland. Bunin beschreibt dieses Leben in all seinen Facetten schonungslos und dennoch mit Verständnis, ja beinahe liebevoll. "Suchodol" rekonstruiert durch die Erzählungen der alten Magd Natalja die komplizierte Geschichte der Besitzerfamilie des Landguts Suchodol und entwirft damit das anschaulichste und dichteste Bild der untergehenden russischen Adelskultur, das in der russischen Literatur existiert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.01.2012Ganz Russland ist ein Dorf
Im Schatten von Tolstoi und Dostojewskij ist er lange übersehen worden: Nun laden zwei großartige Prosatexte in deutscher Neuübersetzung dazu ein, den russischen Nobelpreisträger Iwan Bunin wiederzuentdecken.
Es riecht nach ungewaschenen, billigen Schnaps ausdünstenden Körpern, nach abgestandenem Spülwasser und Moder in verfallenden Häusern. Aus einem niedrigen Himmel schüttet es wie aus Kübeln, wenn nicht eine sengende Sonne die Straßen in eine Staubwüste verwandelt. Bewohnt wird diese gottverlassene Einöde von Kreaturen mit vertrocknenden Herzen. Selten findet sich in der Literatur mehr Tristesse, mehr Armseligkeit. Kaum auszuhalten, wäre es nicht so großartig geschrieben.
Mit dem Roman "Das Dorf" und der Erzählung "Suchodol" setzte Iwan Bunin, der 1933 den Literaturnobelpreis erhielt, einer untergehenden Welt ein Denkmal. Schnörkellos, ohne Pathos, provozierend. In dieser Welt des russischen Dorfes ist das Schicksal der nach dem Ende der Leibeigenschaft von 1861 pauperisierten Bauern aufs engste mit dem ihrer rasant verarmenden einstigen Besitzer verknüpft, so wie das Wort "Dorf" im Russischen im Wort für Holz und Baum verwurzelt ist. Was von ferne und im nationalen Klischee als Idylle erscheinen mag, erweist sich unter dem Mikroskop der Buninschen Prosa als Agonie, geprägt von Verzweiflung, Gewalt und Einsamkeit.
1910 erschienen, schildert der Roman das triste Leben zweier Brüder. Den Urgroßvater hatten die Windhunde des Gutsbesitzers zu Tode gehetzt, weil dieser seinem Herrn die Geliebte ausspannen wollte. Der Großvater zog als Kirchendieb durchs Land, der Vater wurde Krämer, ging bankrott und ertrank seine Sorgen im Suff. Die Söhne, bettelarm, schlugen sich gemeinsam als Hausierer durch, bis sich ihre Wege trennten, weil einer dem anderen an die Gurgel wollte. Tichon, die Krämerseele von beiden, kann sich schon bald das alte Gut Durnowo, auf dem seine Vorfahren gedient hatten, unter den Nagel reißen, indem er den Nachkommen der verarmten Gutsbesitzer "erledigt". Seine erste Frau, eine stumme Köchin, erdrückt das gemeinsame Kind im Schlaf, die zweite bringt nichts als Totgeburten auf die Welt.
Auf der Suche nach einem Verwalter für das Gut versöhnt sich Tichon mit dem Bruder Kusma. Als Autodidakt hatte der sich so manches angelesen, hat mit den letzten Rubeln seine eigenen naiv-dilettantischen Gedichte herausgebracht, sich in allerlei Anstellungen verdingt, eine Tochter gezeugt, die er nie sieht. Wie sein Bruder hadert er mit der Welt und sieht keinen rechten Sinn im Leben. Aus seinem Traum, ein Buch zu schreiben, wird ebenso wenig wie aus Tichons Sehnsucht nach einem eigenen Kind.
Das Dorf heißt Durnowka, was so viel bedeutet wie dumm, böse oder schlecht. Ähnlich verhält es sich mit dem Gut "Suchodol" - zu Deutsch trockenes Tal -, das die Bühne der 1912 erschienenen gleichnamigen Erzählung bildet. Der vom Erzähler romantisierte Ort der Kindheit erweist sich in den Erinnerungen der Magd und "Milchschwester" des letzten Gutsbesitzers, die nun schicksalsergeben mit dessen seelisch kranker Schwester, "dem gnädigen Fräulein", auf dem verfallenden Anwesen ausharrt, als einzige Hölle.
Hundepeitschen hat man am Tisch parat gehabt, um die ewigen Streitereien im Zaum zu halten, der Diener und uneheliche Sohn seines Herrn erschlägt den Vater im Affekt, der junge Herr bringt das Gut endgültig durch, und ein arglistiger Landstreicher quartiert sich ein und vergewaltigt die Magd. Liebe wird im Keim erstickt. Eine krude Mischung aus Schicksalsergebenheit und Aberglaube lässt die Menschen das Elend ertragen. Anders als sonst bei Bunin spendet die Natur keinen Trost, es gewittert, es hagelt, es stürmt. Revolution liegt in der Luft.
Das Ende der Leibeigenschaft sah Bunin mit gemischten Gefühlen. Er schrieb 1891 an seine erste Frau, dass er gern wie die früheren Gutsbesitzer leben würde. Im Zerschneiden des seit Jahrhunderten existierenden Bandes zwischen Bauern und Gutsherren sieht der Erzähler aus "Suchodol" eine mögliche Ursache für den Niedergang. Doch entgegen dem von ihm bewunderten Tolstoi erkennt Bunin im freien Bauerntum - für ihn waren die Gutsbesitzer keine eigene Klasse, sondern lediglich reiche Bauern - kein Heil für sein Land. Der Volksphilosoph Balaschkin weist im "Dorf" Kusma zurecht, als dieser auf Platon Karatajew, das Tolstoische Ideal aus "Krieg und Frieden" als Sinnbild des russischen Menschen, zu sprechen kommt: "Die Läuse haben deinen Karatajew gefressen."
Bunin wusste, wovon er schrieb. 1870 im südrussischen Woronesch in der Familie eines nahezu mittellosen Adligen geboren, verbrachte er einen Teil seiner Kindheit auf dem letzten der Familie verbliebenen Gut. Der Vater vertrank und verspielte die Reste des Vermögens, so dass Bunin in seiner Jugend weder eine standesgemäße Ausbildung noch die entsprechende Kleidung erhalten konnte. Nach nur vier Jahren verließ er das Gymnasium, er trug die mit Papier ausgestopften Schuhe des Vaters und seine Gymnasialuniform, aus der er längst herausgewachsen war.
Sein um dreizehn Jahre älterer Bruder Juli schloss sich der terroristischen Gruppe des "Volkswillen" an, die 1881 ein Attentat auf den russischen Zaren verübte. Danach wurde Juli von der Moskauer Universität relegiert und später für ein Jahr inhaftiert. In der Folge übernahm er die Ausbildung des jüngeren Bruders.
Anders als Juli konnte sich Iwan Bunin nicht für den Marxismus begeistern, vielmehr verkaufte er ohne Lizenz Schriften der Tolstoianer und wäre dafür fast ins Gefängnis gewandert. Später rückte er von jeglicher Ideologie ab. Mit siebzehn erschienen erste Gedichte, es folgten Erzählungen, von 1902 an in einer fünfbändigen Ausgabe. Als Autodidakt lernte er Englisch und übertrug Longfellows "Lied von Hiawatha" in eine bis heute gültige russische Fassung. Zwei Ehen scheiterten nach kurzer Zeit, sein Sohn starb 1905. Kurz darauf heiratete der inzwischen bekannte Autor die aus wohlhabenden Verhältnissen stammende Vera Muromzewa, mit der er 1920 nach Frankreich emigrierte, wo er bis zu seinem Tod 1953 lebte. Den Sowjets galt der Exilant als reaktionär, erst nach seinem Tod wurde der Nobelpreisträger des Jahres 1933 in Russland rehabilitiert.
Lange Zeit konnte sich im Schatten von Tolstoi und Dostojewskij aus dem großen Kreis der russischen Schriftsteller hierzulande nur Anton Tschechow behaupten, vornehmlich wohl auch, weil er das Medium des Theaters bediente und somit gewissermaßen ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Bunin galt als Geheimtipp, dessen mehrbändiges OEuvre nur unvollständig auf Deutsch vorlag. 2003 startete der Züricher Dörlemann Verlag das große Projekt einer Neuauflage, deren Auftakt zwei noch von Swetlana Geier übersetzte Erzählungen bildeten. Seitdem hat sich Dorothea Trottenberg meisterhaft in die alles andere als einfach zu übertragende Sprache Bunins eingearbeitet, den die Russen gerade wegen seines unverwechselbaren Stils, seiner schnörkellosen Eleganz lieben. Gern wird er als der russische Flaubert bezeichnet, seine dichten atmosphärischen Bilder lassen beim Lesen impressionistische Gemälde vor dem inneren Auge des Lesers entstehen. Man darf auf mehr hoffen, auf die späten Erzählungen und den Erinnerungsroman, auf Briefe und Memoiren. Zu entdecken gibt es noch viel.
SABINE BERKING
Iwan Bunin: "Das Dorf". "Suchodol".
Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg. Hrsg. von Thomas Grob. Dörlemann Verlag, Zürich 2011. 380 S., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Im Schatten von Tolstoi und Dostojewskij ist er lange übersehen worden: Nun laden zwei großartige Prosatexte in deutscher Neuübersetzung dazu ein, den russischen Nobelpreisträger Iwan Bunin wiederzuentdecken.
Es riecht nach ungewaschenen, billigen Schnaps ausdünstenden Körpern, nach abgestandenem Spülwasser und Moder in verfallenden Häusern. Aus einem niedrigen Himmel schüttet es wie aus Kübeln, wenn nicht eine sengende Sonne die Straßen in eine Staubwüste verwandelt. Bewohnt wird diese gottverlassene Einöde von Kreaturen mit vertrocknenden Herzen. Selten findet sich in der Literatur mehr Tristesse, mehr Armseligkeit. Kaum auszuhalten, wäre es nicht so großartig geschrieben.
Mit dem Roman "Das Dorf" und der Erzählung "Suchodol" setzte Iwan Bunin, der 1933 den Literaturnobelpreis erhielt, einer untergehenden Welt ein Denkmal. Schnörkellos, ohne Pathos, provozierend. In dieser Welt des russischen Dorfes ist das Schicksal der nach dem Ende der Leibeigenschaft von 1861 pauperisierten Bauern aufs engste mit dem ihrer rasant verarmenden einstigen Besitzer verknüpft, so wie das Wort "Dorf" im Russischen im Wort für Holz und Baum verwurzelt ist. Was von ferne und im nationalen Klischee als Idylle erscheinen mag, erweist sich unter dem Mikroskop der Buninschen Prosa als Agonie, geprägt von Verzweiflung, Gewalt und Einsamkeit.
1910 erschienen, schildert der Roman das triste Leben zweier Brüder. Den Urgroßvater hatten die Windhunde des Gutsbesitzers zu Tode gehetzt, weil dieser seinem Herrn die Geliebte ausspannen wollte. Der Großvater zog als Kirchendieb durchs Land, der Vater wurde Krämer, ging bankrott und ertrank seine Sorgen im Suff. Die Söhne, bettelarm, schlugen sich gemeinsam als Hausierer durch, bis sich ihre Wege trennten, weil einer dem anderen an die Gurgel wollte. Tichon, die Krämerseele von beiden, kann sich schon bald das alte Gut Durnowo, auf dem seine Vorfahren gedient hatten, unter den Nagel reißen, indem er den Nachkommen der verarmten Gutsbesitzer "erledigt". Seine erste Frau, eine stumme Köchin, erdrückt das gemeinsame Kind im Schlaf, die zweite bringt nichts als Totgeburten auf die Welt.
Auf der Suche nach einem Verwalter für das Gut versöhnt sich Tichon mit dem Bruder Kusma. Als Autodidakt hatte der sich so manches angelesen, hat mit den letzten Rubeln seine eigenen naiv-dilettantischen Gedichte herausgebracht, sich in allerlei Anstellungen verdingt, eine Tochter gezeugt, die er nie sieht. Wie sein Bruder hadert er mit der Welt und sieht keinen rechten Sinn im Leben. Aus seinem Traum, ein Buch zu schreiben, wird ebenso wenig wie aus Tichons Sehnsucht nach einem eigenen Kind.
Das Dorf heißt Durnowka, was so viel bedeutet wie dumm, böse oder schlecht. Ähnlich verhält es sich mit dem Gut "Suchodol" - zu Deutsch trockenes Tal -, das die Bühne der 1912 erschienenen gleichnamigen Erzählung bildet. Der vom Erzähler romantisierte Ort der Kindheit erweist sich in den Erinnerungen der Magd und "Milchschwester" des letzten Gutsbesitzers, die nun schicksalsergeben mit dessen seelisch kranker Schwester, "dem gnädigen Fräulein", auf dem verfallenden Anwesen ausharrt, als einzige Hölle.
Hundepeitschen hat man am Tisch parat gehabt, um die ewigen Streitereien im Zaum zu halten, der Diener und uneheliche Sohn seines Herrn erschlägt den Vater im Affekt, der junge Herr bringt das Gut endgültig durch, und ein arglistiger Landstreicher quartiert sich ein und vergewaltigt die Magd. Liebe wird im Keim erstickt. Eine krude Mischung aus Schicksalsergebenheit und Aberglaube lässt die Menschen das Elend ertragen. Anders als sonst bei Bunin spendet die Natur keinen Trost, es gewittert, es hagelt, es stürmt. Revolution liegt in der Luft.
Das Ende der Leibeigenschaft sah Bunin mit gemischten Gefühlen. Er schrieb 1891 an seine erste Frau, dass er gern wie die früheren Gutsbesitzer leben würde. Im Zerschneiden des seit Jahrhunderten existierenden Bandes zwischen Bauern und Gutsherren sieht der Erzähler aus "Suchodol" eine mögliche Ursache für den Niedergang. Doch entgegen dem von ihm bewunderten Tolstoi erkennt Bunin im freien Bauerntum - für ihn waren die Gutsbesitzer keine eigene Klasse, sondern lediglich reiche Bauern - kein Heil für sein Land. Der Volksphilosoph Balaschkin weist im "Dorf" Kusma zurecht, als dieser auf Platon Karatajew, das Tolstoische Ideal aus "Krieg und Frieden" als Sinnbild des russischen Menschen, zu sprechen kommt: "Die Läuse haben deinen Karatajew gefressen."
Bunin wusste, wovon er schrieb. 1870 im südrussischen Woronesch in der Familie eines nahezu mittellosen Adligen geboren, verbrachte er einen Teil seiner Kindheit auf dem letzten der Familie verbliebenen Gut. Der Vater vertrank und verspielte die Reste des Vermögens, so dass Bunin in seiner Jugend weder eine standesgemäße Ausbildung noch die entsprechende Kleidung erhalten konnte. Nach nur vier Jahren verließ er das Gymnasium, er trug die mit Papier ausgestopften Schuhe des Vaters und seine Gymnasialuniform, aus der er längst herausgewachsen war.
Sein um dreizehn Jahre älterer Bruder Juli schloss sich der terroristischen Gruppe des "Volkswillen" an, die 1881 ein Attentat auf den russischen Zaren verübte. Danach wurde Juli von der Moskauer Universität relegiert und später für ein Jahr inhaftiert. In der Folge übernahm er die Ausbildung des jüngeren Bruders.
Anders als Juli konnte sich Iwan Bunin nicht für den Marxismus begeistern, vielmehr verkaufte er ohne Lizenz Schriften der Tolstoianer und wäre dafür fast ins Gefängnis gewandert. Später rückte er von jeglicher Ideologie ab. Mit siebzehn erschienen erste Gedichte, es folgten Erzählungen, von 1902 an in einer fünfbändigen Ausgabe. Als Autodidakt lernte er Englisch und übertrug Longfellows "Lied von Hiawatha" in eine bis heute gültige russische Fassung. Zwei Ehen scheiterten nach kurzer Zeit, sein Sohn starb 1905. Kurz darauf heiratete der inzwischen bekannte Autor die aus wohlhabenden Verhältnissen stammende Vera Muromzewa, mit der er 1920 nach Frankreich emigrierte, wo er bis zu seinem Tod 1953 lebte. Den Sowjets galt der Exilant als reaktionär, erst nach seinem Tod wurde der Nobelpreisträger des Jahres 1933 in Russland rehabilitiert.
Lange Zeit konnte sich im Schatten von Tolstoi und Dostojewskij aus dem großen Kreis der russischen Schriftsteller hierzulande nur Anton Tschechow behaupten, vornehmlich wohl auch, weil er das Medium des Theaters bediente und somit gewissermaßen ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Bunin galt als Geheimtipp, dessen mehrbändiges OEuvre nur unvollständig auf Deutsch vorlag. 2003 startete der Züricher Dörlemann Verlag das große Projekt einer Neuauflage, deren Auftakt zwei noch von Swetlana Geier übersetzte Erzählungen bildeten. Seitdem hat sich Dorothea Trottenberg meisterhaft in die alles andere als einfach zu übertragende Sprache Bunins eingearbeitet, den die Russen gerade wegen seines unverwechselbaren Stils, seiner schnörkellosen Eleganz lieben. Gern wird er als der russische Flaubert bezeichnet, seine dichten atmosphärischen Bilder lassen beim Lesen impressionistische Gemälde vor dem inneren Auge des Lesers entstehen. Man darf auf mehr hoffen, auf die späten Erzählungen und den Erinnerungsroman, auf Briefe und Memoiren. Zu entdecken gibt es noch viel.
SABINE BERKING
Iwan Bunin: "Das Dorf". "Suchodol".
Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg. Hrsg. von Thomas Grob. Dörlemann Verlag, Zürich 2011. 380 S., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In einer informativen Besprechung lobt Sabine Berking diese Neuübersetzung von Iwan Bunis Erzählungen "Das Dorf" und "Suchodol" sehr. "Meisterhaft" nennt sie die Leistung von Dorothea Trottenberg, denn Berking weiß um die Schwierigkeit, Bunins "schnörkellose Eleganz" ins Deutsche zu retten. Auch dem Verlag zollt sie große Anerkennung für die ehrgeizige Edition des russischen Nobelpreisträgers. Bunin, erklärt Berking, entstammte dem verarmten Landadel und betrachtete die Abschaffung der Leibeigenschaft 1861 und ihre Folgen kritisch, da sie, wie Berking schreibt, zur "Auflösung des Bandes" zwischen Gutsbesitzern und Bauern führte und zur Verarmung von beiden. Doch erzähle Bunin nicht nur von ökonomischer, sondern auch von seelischer Tristesse; Kirchendiebe, Säufer, Kindsmörder und Erbschleicher bevölkern die Geschichten. Von so viel Armseligkeit und Elend hat Berking selten gelesen, und sie fände es "kaum auszuhalten, wäre es nicht so großartig geschrieben".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Die vielleicht schönste und lohnendste Wiederentdeckung der letzten Jahre.« Karla Hielscher / Deutschlandfunk