Ruhig erzähltes Krimi-Drama mit Längen, aber einem starken, abgründigen Schluss
Die unberechenbare Eden Perry ist vor wenigen Monaten zu ihrer entfernten Verwandten Betsy Bondurant und deren Mann Bill in die Locust Lane gezogen. Im wohlhabenden Vorort Emerson soll sie Abstand zu ihren Problemen
gewinnen. Eden kümmert sich um den Hund der Bondurants und hütet in deren Abwesenheit das Haus. Als…mehrRuhig erzähltes Krimi-Drama mit Längen, aber einem starken, abgründigen Schluss
Die unberechenbare Eden Perry ist vor wenigen Monaten zu ihrer entfernten Verwandten Betsy Bondurant und deren Mann Bill in die Locust Lane gezogen. Im wohlhabenden Vorort Emerson soll sie Abstand zu ihren Problemen gewinnen. Eden kümmert sich um den Hund der Bondurants und hütet in deren Abwesenheit das Haus. Als die Bondurant das nächste Mal verreist sind, versucht Eden mitten in der Nacht ihre Mutter Danielle zu erreichen, die jedoch den Anruf verpasst. Am darauf folgenden Morgen wird Eden tot aufgefunden und weil die damit einhergehenden Umstände verdächtig sind, nimmt die Polizei Ermittlungen auf.
Die gesamte Handlung von “Das Ende von Eden” spielt sich innerhalb von wenigen Tagen ab. Indem die Erzählweise sich auf diesen kurzen Zeitraum konzentriert, verstärkt sie die Intensität, die dieser Krimi als emotionales Drama erzeugt. Dabei wird der Roman aus fünf unterschiedlichen Perspektiven geschildert. Diese umfassen neben der Sichtweise von Danielle Perry, die die Mutter der ermordeten Eden ist, auch die des Zeugen Patrick Noone, der zufällig betrunken am Tatort vorbeirauscht, sowie von Celia Parrish, Alice Hill und Michel Mahoun, deren fast volljährige Kinder Jack, Hannah und Christopher mittereinander befreundet sind.
Der nach dem Verlust seiner Tochter unter seinem Alkoholproblem leidende Patrick Noone verdient sein Geld als Verwalter von Kundenvermögen. Zunächst wirkt er im Frönen seiner Sucht wenig sympathisch, bis sich mir dann nach und nach seine Geschichte erschlossen hat. Insgesamt überzeugt “Das Ende von Eden” als ruhig erzähltes Drama. Jede der fünf Familien, die jeweils mit einem Mitglied vertreten sind, aus deren Sicht ein Teil der Handlung geschildert wird, hat mit Problemen zu kämpfen. Die sind mir näher gebracht worden, da Amidon sich Zeit dabei gelassen hat seine Figuren vorzustellen und auch traumatische Ereignisse aus deren Vergangenheit wiederzugeben. Besonders eindringlich sind für mich die Tragik im Leben von Patrick und Michel geraten. Michel, der als Kind Zeuge eine brutalen Attentats wurde, musste mit ansehen, wie sein feinfühliger Sohn Christopher beinahe am Verlust seiner Mutter zerbrochen ist, als seine hohl gewordene Stimme der in ihm herrschenden Leere Ausdruck verliehen hat.
Dass der Autor sich für den Aufbau von "Das Ende von Eden" für eine derart konzentrierte Erzählweise entschieden hat, indem die Handlung dieses Krimis auf einen Zeitraum von nur wenigen Tagen beschränkt und der erste davon vollständig aus Sicht von jeder der fünf gewählten Figuren geschildert wird, hat den Nachteil mit sich gebracht, dass unerwartete Momente verloren gegangen sind. So haben sich bei mir Längen eingeschlichen, als mich etwa nicht überraschen konnte, wer bei Michel mit blutendem Arm an eines der Fenster der von der Straße angewandten Seite des Hauses, das von Reportern belagert wird, klopft. Denn Amidon hat zuvor aus Sicht von eben dieser Figur berichtet, wie ihr das geglückt ist, hinter das Haus von Michel zu gelangen.
Da hätte ich mir eine straffere Erzählweise gewünscht, die solche Dopplungen vermieden und auf die Beschreibung der Stunden der beteiligten Figuren, in denen nichts passiert, als etwa Celia zur Untätigkeit verdammt allein Zuhause auf ihren Mann und Sohn warten muss, verzichtet hätte. Stattdessen hätte Amidon seinem über einen kurzen Zeitraum erzählten Roman einen ausführlicheren Prolog voranstellen können, indem die recht spezielle, durch ihr sprunghaftes Verhalten unberechenbare und doch so liebenswerte Eden hätte vorkommen können. Denn deren Beschreibung fällt jedem der von der Polizei Befragten derart schwer, dass den Detectives gegenüber wiederholt die Aussage gemacht wird, Eden müsse man einfach erlebt haben.
Im weiteren Verlauf von "Das Ende von Eden" nimmt die Handlung dann Fahrt auf, wenn die Tage nicht mehr vollständig aus fünf verschiedenen Perspektiven wiedergegeben werden, sondern kleine Zeitsprünge erfolgen. In der zweiten Hälfte dieses Krimis sind es zumindest für mich aber ein paar zufällige Verbindungen zu viel gewesen, die Zeuge Patrick oder genauer gesagt dessen verstorbene Tochter Gabi zu den in diesem Roman eine Rolle spielenden Figuren hat. An dieser Stelle wäre für mich weniger mehr gewesen, weil das in der vorliegenden Form den Eindruck hinterlassen hat, dass der Autor nach der eindringlich geschilderten, starken Vorgeschichte von Patrick nicht so recht wusste, wie er diese zu einem runden Abschluss bringen soll. Dafür hat mich jedoch das abgründige Finale entschädigt, bei dem Amidon den Mut bewiesen hat, sein durch dessen Intensität überzeugendes Krimi-Drama nicht mit einem gefälligen letzten Kapitel abzuschließen.