Alles an Mr Chase ist ein wenig mittelmäßig: angefangen mit seinem Aussehen, sein Versicherungsjob, das Dorf, in dem er lebt und erst recht seine Wohnung. Und dann passiert ihm etwas, das man nur aus hochgespannten Wunschträumen kennt: Eine alte Lady, von deren Verwandtschaft er bisher kaum etwas wusste, verstirbt, und er erbt Ländereien, verpachtete und vermietete Häuser, Grundstücke in verschiedenen Grafschaften, einen großen Garten mit über fünfzig Pfauen und ein Tudor-Haus ohne Elektrizität, fließend Wasser und Heizung. Der Testamentsvollstrecker empfiehlt ihm, alles so schnell wie möglich unter den Hammer zu bringen. Wie Mr Chase trotz der Verkaufsabsichten immer mehr dem Charme des alten Hauses erliegt und wie er begreift, dass dieses Haus zu ihm gehört, schildert Das Erbe ebenso spannend wie amüsant.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Das englische Genre der "Big House Novels", die sich mit großen Herrenhäusern befassen, begegnet Rezensentin Tanya Lieske hier in einem über hundert Jahre alten Roman der Journalistin und Schriftstellerin Vita Sackville-West, die als Adelige auf einem ebensolchen Landgut aufgewachsen ist wie ihr Protagonist Peregrinus Chase. Lieske freut sich, das etwas absurde englische Erbrecht kennenzulernen, das hier von einer modernen Autorin gekonnt ironisiert wird und zugleich ein Haus, das eine Vergangenheit und eine besondere Seele hat und irgendwann die "Züge einer begehrenswerten Frau" zugeschrieben bekommt. Der Roman ist zwar schmal, gibt die Kritikerin zu, aber dennoch gehaltvoll, er beschreibt den Übergang von der alten Aristokratie hin zur modernen kapitalistischen Gesellschaft in so ironisch-distanziertem wie bewegtem Ton, treffend übersetzt von Irmela Erckenbrecht, freut sie sich abschließend.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Aristokratin, Gartengestalterin, Schriftstellerin. Rebellisch. Leidenschaftlich: Vita Sackville-West.« Ruth Rach / Deutschlandfunk