Es ist die Geschichte eines mutigen Pfarrers, der in den ersten Jahren des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik aufgrund seiner offenen und kritischen Predigten von der Staatssicherheit "beobachtet", an einem späten Abend in seiner engen Mansarde aufgesucht und zu einem "Gespräch" am folgenden Sonntagmorgen ins Haus der Staatssicherheit vorgeladen wird. Der Pfarrer ist noch 'Jungpfarrer', aber an Jahren nicht mehr jung, nachdem er nach mehr als sieben Jahren Arbeitslager im nordsibirischen Dudinka am Unterlauf des Jenissei mit Erfrierungen an den Händen und Füßen und mit dem rechts gelähmten Arm nach einer Schulterschussverletzung als 19-Jähriger bei der Schlacht um Stalingrad zurückgekehrt war. Der Vorsitzende verliest das Ergebnis des Verhörs: "Pfarrer Hansen, Sie werden aufgrund Ihrer verleumderischen Reden, die gegen die Deutsche Demokratische Republik und ihre Menschen gerichtet waren, zu zwei Jahren Putzarbeit im Städtischen Krankenhaus verurteilt. Während dieser Zeit wird Ihnen das Reden von den Kanzeln der Kirche untersagt. Zur Abmilderung der gewöhnlich für diese Vergehen auszusprechenden Strafe hat beigetragen, dass Ihr Vater als mutiger Antifaschist von den Nazis im Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurde und Sie selbst erhebliche Körperschäden durch den Krieg und seine Folgen davongetragen haben. Der Verurteilte kann den linken Arm voll bewegen. Den soll er in den zwei Jahren zum Putzen der Krankenhausfenster gebrauchen, dass er beim Blick durch die geputzten Fenster die Deutsche Demokratische Republik in einem anderen Licht und klarer sieht, als er sie bislang gesehen und in seinen verdrehten Reden beschrieben hat. Ganz offensichtlich hat er durch trübe oder sonstwie verschmierte Fensterscheiben geblickt, dass er solch trübe, abstoßende Bilder in seinen Reden von sich gab. Ihm hat die helle Wirklichkeit dieser Republik vor den Augen geflimmert, aber nicht eingeleuchtet." Der Vorsitzende erhebt sich vom Stuhl. So tun es die zwei Beisitzer rechts und die zwei Beisitzer links neben ihm und die Männer und die Frau, die hinter Klaus Hansen in den drei Stuhlreihen sitzen. Der Vorsitzende und die anderen strecken die rechten Arme mit den geballten Fäusten nach vorn und leicht nach oben. Klaus Hansen verfolgt irritiert das Schauspiel vom Ende des Verhörs. Der Vorsitzende schreit ihn an: "Stehen Sie auf und heben Sie die Hand!" Klaus Hansen, der den ganzen Vorgang nicht begreift und über das Urteil erschüttert ist, erhebt sich als Letzter für das Schlusszeremoniell. Fast geistesabwesend, streckt er den linken Arm mit dem narbig verzogenen Handrücken und den Fingerstümpfen nach oben. Ein Faustschluss ist bei den kontrakten Narben nicht möglich. Die unterschiedlich langen Fingerstümpfe mit den derb-weißen Narbensträngen am Handrücken sind Abbild des lebenden Mahnmals des Schreckens und Leidens, das durch den schlaff herabhängenden rechten Arm noch betont wird. Der Superintendent krümmt keinen Finger für seinen Pfarrer, sondern lässt ihn in der hochkritischen Situation wie eine heiße Kartoffel fallen, weil er kurz vor dem Ruhestand nicht mit der Staatssicherheit in Berührung kommen will.
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