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Ein erfolgreicher Tech-Gründer möchte 500 Millionen Dollar aus seinem Börsengang anlegen und beauftragt damit einen Frankfurter Banker. Wem soll dieser die enorme Summe anvertrauen? Dem Hedgefonds eines Mathematikers, der gemeinsam mit seinem verschwundenen Bruder hochkomplizierte Modelle entwickelt hat? Einem Selfmademan, der die Zeit anhalten möchte? Oder einer intuitiven und kapriziösen Düsseldorfer Fondsmanagerin? Bevor die endgültige Entscheidung über die 500 Millionen fällt, bestellt der Gründer den Banker nach New York. Der Banker hofft, dort auch seine Freundin zu treffen. Er weiß…mehr

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Produktbeschreibung
Ein erfolgreicher Tech-Gründer möchte 500 Millionen Dollar aus seinem Börsengang anlegen und beauftragt damit einen Frankfurter Banker. Wem soll dieser die enorme Summe anvertrauen? Dem Hedgefonds eines Mathematikers, der gemeinsam mit seinem verschwundenen Bruder hochkomplizierte Modelle entwickelt hat? Einem Selfmademan, der die Zeit anhalten möchte? Oder einer intuitiven und kapriziösen Düsseldorfer Fondsmanagerin? Bevor die endgültige Entscheidung über die 500 Millionen fällt, bestellt der Gründer den Banker nach New York. Der Banker hofft, dort auch seine Freundin zu treffen. Er weiß nicht, ob er seine Freundin bereits verloren hat oder erst verlieren wird. Die Rede ist von Sehnsuchtsorten in den Hamptons, von junger chinesischer Kunst und von Frankfurter Tabledance-Bars. Aber vor allem von Menschen, die an die Grenzen ihrer Fähigkeiten und ihrer Gefühle gehen. Das Geld selbst erzählt. Es strotzt vor Selbstbewusstsein und fühlt sich zugleich unverstanden und gekränkt. Aber es weiß, dass »Finance« mehr mit Ideen, Träumen, Poesie und Kunst zu tun hat als mit Wirtschaftswissenschaft. »Ich bin die erfolgreichste Sprache, die es gibt.« Das Geld »Der Kapitalismus dringt ins Innerste der Menschen vor: Wenn mich das nicht bedrücken würde, wäre ich nicht Schriftsteller geworden.« Ernst-Wilhelm Händler

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Autorenporträt
Ernst-Wilhelm Händler, 1953 geboren, lebt in Regensburg und München. Er ist Autor der Romane »Das Geld spricht«, »München«, »Der Überlebende«, »Welt aus Glas«, »Die Frau des Schriftstellers«, »Wenn wir sterben«, »Sturm«, »Fall« und »Kongress« sowie des Erzählungsbandes »Stadt mit Häusern«. Mit »Versuch über den Roman als Erkenntnisinstrument« und »Die Produktion von Gesellschaft« hat Ernst-Wilhelm Händler eigene Kulturtheorien vorgelegt. Darüber hinaus schreibt er Essays über ökonomische, gesellschaftliche und künstlerische Themen. Für seine von der Kritik hochgelobten Romane erhielt er den Erik-Reger-Preis, den Preis der SWR-Bestenliste, den Kulturpreis der Stadt Regensburg und den Hans-Erich-Nossack-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.09.2019

Der launische Gott
„Ich habe die Macht“: In Ernst-Wilhelm Händlers neuem
Finanzwelt-Roman wird das Geld selbst zum Erzähler
VON CHRISTOPH BARTMANN
Einen Finanzweltroman zu schreiben ist das eine, aber das Geld selbst sprechen, ja es erzählen zu lassen, ist noch mal etwas ganz anderes. Ernst-Wilhelm Händler, der Romancier, Ökonom und Unternehmer, wird selbst am besten wissen, worauf er sich da eingelassen hat. „Das Geld spricht“, so heißt sein jüngster Roman.
Aber wie hat man sich das vorzustellen? Als eines der „symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien“ der Gesellschaft, wie Niklas Luhmann es nannte, ist das Geld der Inbegriff der Wandlungsfähigkeit. Nicht nur ist es, wie schon Rilke wusste, „in den Geschäften zuhause“ und „verkleidet sich scheinbar in Seide, Nelken und Pelz“. Auch das Geld selbst wandelt sich historisch, wird abstrakt, entmaterialisiert sich. Rilkes „kupfernen Zehner“ hätte man sich heute wohl als Bitcoin vorzustellen. Es gibt wenig, was das Geld nicht kann, solange es Vertrauen gibt, aber kann es auch sprechen? Eben das kann man von Medien zuletzt erwarten. Ihr Status als Mittel lässt es nicht zu, dass sie auch Subjekte einer Artikulation sind. So ist es üblicherweise, aber bei Händler soll nun also das Geld Erzähler sein, Ich-Erzähler sogar. Ein Zitat aus Shakespeares „Macbeth“ leitet den Roman ein: „… a tale told by an idiot, full of sound and fury, signifying nothing.“
Mehr Gesellschaftsroman als im Geldroman ist gar nicht vorstellbar, aber hier geht es nicht um die ganze, breite Gesellschaft, die auch nicht weniger durchdrungen wäre vom Wirken des Geldes, sondern um „High Finance“, in Frankfurt, New York und anderswo. „Der Schatten eines Flugzeugs gleitet über den in der Hitze flimmernden Asphalt und die blendend hellen Glasoberflächen der Hochhäuser. Der Gründer hebt beide Arme hoch und beugt sich vor“. Ein Déjà-vu-Gefühl drängt sich auf: Sieht es hier nicht ein bisschen aus wie etwa in der TV-Serie „Bad Banks“. Mag sein, aber erhebt das Geld neuerdings Anspruch auf Originalität?
Das Geld als Erzähler hat einen Hang zum Fachsimpeln, und wie auch nicht, auch zum Angeben und Bescheidwissen. „Die klassisch keynesianische Sicht, dass die Wirtschaft bei Leitzinsen um die Nullmarke in eine Deflationsspirale abgleitet, ist falsifiziert. Die klassische monetaristische Sicht, wonach Quantitative easing in dem stattfindenden Umfang zu hoher Inflation führt, ist ebenfalls falsifiziert.“ Das Geld kennt sich aus. Es nimmt nicht zu viel Rücksicht auf Leserinnen ohne MBA-Abschluss. Es kennt keine Ironie und baut seine Erzählung aus einer straffen, kühlen und selbstbewussten Sprache. Die Figuren der Erzählung sehen dem Geld ähnlich, oder das Geld ihnen.
Das Geld kann aber zum Glück auch eine Geschichte erzählen. Die Story, unterhaltsam, ja spannend und tatsächlich serienkompatibel (sieht man von den Monologen des Geld-Ichs ab), hat Folgendes als Ausgangslage: „Der Gründer hat eine halbe Milliarde Dollar aus seinem Börsengang in den USA übrig, die er nicht in seine Firma investieren will.“Ein Banker, Abteilungsleiter „Private Wealth“ bei einer Frankfurter Großbank, soll ihm helfen, dieses Geld zu parken. Er holt von drei Hedgefonds-Inhabern Angebote ein, wie es anzulegen sei: beim Nano-Mann, beim schweren Mann und bei Banana Clip. Alle Drei sind exzentrische Meister ihres Fachs, Finanz-Nerds reinster Sorte und zugleich Künstler, Virtuosen, Zauberer der Geldvermehrung. Kurz, die Figuren sind so gezeichnet, wie man sich, geschult durch die eine oder andere Finanzwelt-Soap, deren Protagonisten eben vorstellt.
Der Roman hat es freilich auch gar nicht auf ein realistisches Porträt der heutigen Finanzelite abgesehen. Eher ist es so: Das Geld sucht sich die Figuren, die ihm zur Vergegenständlichung seiner Ideen plausibel scheinen. Je weniger sie mit dem wahren Leben zu tun haben, umso besser für die Theorie. „Ich habe die Macht“, spricht das Geld. Ich strukturiere: die Wahrnehmung, das Denken, das Gefühl. Ich wähle aus der Gesamtheit möglicher Weltbezüge. (…) Ich bin Kognition und Emotion.“
Und habe mir als Schöpfergott natürlich auch diesen Roman untertan gemacht, in dem die Figuren Geld atmen, Geld denken und Geld fühlen. Könnte man diesen Befund auch auf den Filialvorstand einer mittleren Sparkasse ausdehnen? Nicht wirklich, denn „Finance“ fängt eigentlich erst dort an, wo die Sicherheiten aufhören. Die Deutschen werden international als Banker sowieso nicht ernst genommen, weiß das Geld, denn sie kleben treudoof an Sicherheiten. Ihre vertrauensgestützte, risikoscheue Realwirtschaft spielt sich irgendwie unterhalb des Hedgefonds-Radars ab. Die in Händlers Roman abgebildete, durchgespielte, vielleicht auch kritisierte Geldwelt des „entfesselten Kapitalismus“ fängt erst da an, wo Trader (um nicht „Händler“ zu sagen) an vorgefundenen Realwerten hochspekulativ weiterdrehen. Erst in dieser Sphäre können sich Finanz- und Künstlergenie auf allerhöchster Ebene in die Augen schauen. Händlers Romanthese geht offenbar dahin, dass von diesem Dach der Welt aus der Geist des Geldes in alle unterhalb gelegenen Lebens- und Wirklichkeitsbereiche einsickert und diese kontaminiert. „Ich bin die erfolgreichste Sprache, die es gibt“, behauptet das Geld. Mag sein, aber die einzige Sprache ist es nicht. Folgt man Luhmann, dann gäbe es jedenfalls noch die Macht, die Liebe, die Wahrheit und weitere Kommunikationsmedien. Wenn das Geld, ihm selbst zufolge, „Kognition und Emotion“ ist, dann könnte man glauben, es habe sich alle übrigen Medien erfolgreich einverleibt. Das ist ein oft gehörter Verdacht, tatsächlich aber funktionieren Medien wie etwa Justiz oder Liebe noch immer weithin unbeeinflusst vom Zugriff des Geldes. Die wachsende Bedeutung der spekulativen Finanzindustrie trägt allein noch nicht die Annahme, es habe sich in den gegenwärtigen Gesellschaften der Totalitätsanspruch des Kapitals gegen andere Medien vollständig durchgesetzt. Eine solche Annahme wäre übrigens in einem Roman auch schwer darstellbar (von ihrer Begründung ganz abgesehen).
Der Gelderzähler in Händlers Roman neigt wohl auch deshalb zum Essayismus. Die sichtbare Welt, in der sich gemeinhin die erzählbaren Dinge zutragen, behandelt er routiniert, und auch ein bisschen gelangweilt. Was soll sich auf oder hinter dieser Oberfläche auch groß zutragen, was nicht „Derivat“ von höheren Orts waltenden Mächten wäre? Deutlich mehr beschäftigt das Geld seine eigene Meinung. Man hat fast den Eindruck, es hätte ihm lange niemand mehr zugehört. Seine Meinungen sind immer interessant, aber wir können nicht beurteilen, ob sie neu sind, oder ob sie nicht vielleicht sogar „falsifiziert“ werden können. Gut für uns und den Roman, dass kein Erzähler an seinen Meinungen zu messen ist. Idealerweise hat er nämlich keine, und schon gar keine eigenen.
Ernst-Wilhelm Händler: Das Geld spricht. Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2019. 398 Seiten, 22 Euro.
Das Geld neigt zum Fachsimpeln,
kann aber auch
eine Geschichte erzählen
Jede Erscheinung ist
nur ein Derivat höheren Orts
waltender Mächte
Das Geld durchdringt sämtliche Medien, jetzt auch das gedruckte Buch.
Foto: NeONBRAND / Unsplash
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.09.2019

Alles auf die Fondsmanagerin namens Banana Clip

"Das Geld spricht", verheißt Ernst-Wilhelm Händlers Romantitel - und sein Buch löst das auch wirklich ein. Aber wie klingt es wohl?

Ich muss mich gegenüber nichts und niemandem rechtfertigen", sagt der Erzähler schon auf Seite 23, und zwar in Versalien, um seiner Aussage besonderes Gewicht zu verleihen. Wer kann als Einziger mit Recht so sprechen? Nur Gott natürlich, oder aber das Medium, das irgendwann - über den Zeitpunkt könnte man lange streiten - an Gottes Stelle getreten ist: das Geld.

Das Geld ist, der Titel sagt es, der (allwissende?) Erzähler in Händlers Roman, und es kann sich der bekannten Autoreneitelkeit knapp zweihundert Seiten später nicht mehr enthalten. "Meine Figuren . . . wollen nicht wahrhaben, dass ich sie erzähle. ICH BIN IHR AUTOR."

Dass Geld eines der zentralen, wenn auch lange Zeit von der Literaturwissenschaft nachgerade peinlich verschwiegenen Themen der Literatur der Neuzeit ist, hat vor mehr als zwanzig Jahren Jochen Hörisch in seinem Buch "Kopf oder Zahl. Die Poesie des Geldes" aufgezeigt. In den von ihm angeführten Werken ist aber das Geld zumeist die Quelle von Leidenschaften, Aufstiegen, Untergängen, Tragödien (seltener Komödien). Shylock übt Rache für die Demütigungen, die er erfahren hat. Emma Bovary stirbt, weil sie ihre Schulden nicht bezahlen kann. Das Haus Buddenbrook treibt unumkehrbar dem Ruin entgegen.

Händlers Roman aber führt uns in eine andere, kühlere, von Leidenschaften angeblich fast ganz gereinigte Sphäre. Es geht hier nicht um Auf- und Abstieg von Firmen und auch nicht um die Gestalt des durchschnittlichen, fast schon gemütlich wirkenden Homo oeconomicus, der sich mehr oder weniger erfolgreich durchs Leben schlägt. Es geht um Finance, etwas, wovon die Deutschen nichts verstehen, wie der Erzähler weiß, weil Finance nichts mehr mit ehrlicher Arbeit zu tun hat. "Die Finanzinstrumente haben nur den einen Zweck: die Bereicherung derjenigen, die sich mit den Instrumenten auskennen. Die Deutschen können Finance nicht, weil Finance böse ist. - ICH soll böse sein", sagt das Geld etwas beleidigt.

Die Ausgangssituation von Händlers Roman ist überschaubar. Ein Firmengründer, auch im Roman nur als "der Gründer" bezeichnet, hat aus seinem Börsengang eine halbe Milliarde Dollar übrig, die er privat anlegen möchte. Damit beauftragt er "den Banker", der die Private-Wealth-Abteilung einer Frankfurter Bank leitet und der ihm vor Jahren, damals noch im Firmenkundengeschäft, einen Kredit abgelehnt hat. Dass ausgerechnet der nun die 500 Millionen Dollar anlegen soll, ist des Gründers subtile Rache für die damalige Demütigung. Beide Herren wissen das, sprechen es aber nicht an.

Der Banker sieht drei Möglichkeiten, wem er das Geld zur Vermehrung geben kann. Da ist der "Nano-Mann", von Hause aus Mathematiker, der mit seinem Bruder zusammen einen Hedgefonds betreibt und der so heißt, weil er die Zeit in immer noch kleinere Einheiten zerlegen kann. Sein Bruder ist übrigens plötzlich verschwunden, wovon außer dem Nano-Mann niemand weiß: Dieser agiert nun doppelt, nämlich einmal wie er selbst und einmal wie sein Bruder.

Außer dem Nano-Mann käme auch "der schwere Mann" in Frage - eine Bezeichnung, die auf seine Physis gemünzt ist -, dessen Geschichte aus einer Offenbacher Arbeitersiedlung über Lehrjahre in London bis zum eigenen Hedgefonds führt: die klassische Tellerwäschergeschichte in zeitgemäßer Form.

Die dritte Möglichkeit wäre "Banana Clip", die Fondsmanagerin aus Düsseldorf, die in der Szene für ihre intuitiven Entscheidungen und ihren zuweilen schrillen Auftritt bekannt ist. Das ist die Grundsituation, von der aus Händler sein Kammerspiel entfaltet, denn ein solches ist der Roman über weite Strecken.

Dass niemand beim Namen genannt wird - auch Banana Clip ist natürlich kein echter Name -, lässt im ersten Moment vermuten, dass Händler hier Funktionsträger vorführen möchte, "Charaktermasken" und Marionetten, die er dirigiert, um zu zeigen, wie Finance funktioniert. Aber dieser Autor ist viel zu klug, um in diese Falle zu tappen, und auch der Autor namens "Geld" tut das nicht. An einer der erstaunlichsten Stellen des Romans erweist sich dieser nämlich geradezu als Humanist. Nachdem er einige gängige Theorien verworfen hat, kommt er zu dem Ergebnis: "Der Markt, das sind die Menschen."

Deshalb werden die Akteure dieses Kammerspiels auch durchaus mit ihren Geschichten, privaten Obsessionen, Ängsten, ja Spleens gezeigt. Das ist kein schmückendes Beiwerk, sondern führt vor, wie in diesen Obsessionen, Ängsten und Spleens der Geist des Kapitalismus, in diesem Fall der Geist des Finanzkapitalismus, sich ausdrückt. Dass die Schilderung dieses Milieus Stereotype und Klischees geradezu verlangt, liegt auf der Hand und stört beim Lesen nicht. Natürlich muss ein solcher Roman mit dem Blick von einem der obersten Stockwerke der Bank auf Frankfurt beginnen, während man auf den Glasflächen der anderen Hochhäuser und unten auf dem Asphalt den Schatten eines Flugzeugs sieht. Selbstverständlich muss Banana Clip aus Düsseldorf kommen, und ebenso selbstverständlich muss der Aufstieg des schweren Mannes in der Londoner City beginnen. Ebenso ans Stereotyp reichen die Beschreibungen von Büro- oder Wohnungseinrichtungen heran und die Nennung der jeweiligen Autos, die gerade durchs Bild huschen. Kurz, man kann sich das Ganze durchaus als Zwei- oder Vierteiler auf ZDF Neo vorstellen, und ich würde diese Miniserie sehr gern sehen.

Diese Bilder stellen im Übrigen auch das nötige Gegengewicht zum Erzähler dar. Denn das Geld spricht weitgehend essayistisch; hier dominieren im Erzählduktus nicht mehr die Leidenschaften, hier regiert eher der Mann ohne Eigenschaften. Soviel das Geld auch erzählt über die Sphäre von Finance, so sehr bleibt es selbst ein verborgener Gott. Immerhin erfahren wir, dass dieser Gott offenbar von den Wirtschaftswissenschaften nicht allzu viel hält: "Spielen sich die Ökonomen als Priester einer Religion auf, die keine ist, geschieht ihnen recht, wenn sie gezaust werden." Allerdings kommen die Philosophen - und in diesem Fall ist explizit Marx gemeint - auch nicht besser weg: "Ich bin auch nicht das Kapital. Die Philosophen sind nicht besser als die Ökonomen, wenn sie sich mit Ökonomie beschäftigen."

Kurz vorher gibt uns dieser Erzähler allerdings doch einen Schlüssel in die Hand: "Ich habe den Menschen überhaupt erst das abstrakte Denken beigebracht. Sie wollten, sie hätten es sich selbst gelehrt. Aus Gekränktheit, aus Rache betrachten sie mich als etwas Konkretes."

Das ist es schon deshalb nicht, weil es so viele unterschiedliche Existenzformen annehmen kann. Paradoxerweise wird daher in der Welt von Finance eine Parole aus dem Pariser Mai endlich realisiert: "Die Phantasie an die Macht!". Deshalb überrascht es nicht, wer am Ende den Zuschlag bekommt. "Der Nano-Mann, der schwere Mann und Banana Clip haben immer Erklärungen. Der Nano-Mann und der schwere Mann glauben an ihre Erklärungen. Banana Clip glaubt an ihre Erklärungen, und sie glaubt nicht an ihre Erklärungen. Deshalb gibt der Banker ihr die halbe Milliarde."

Damit dürfte das Geld ziemlich zufrieden sein.

JOCHEN SCHIMMANG

Ernst-Wilhelm Händler: "Das Geld spricht". Roman.

Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2019. 398 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Ernst Wilhelm Händler dreht mit seinem Roman die Klischeevorstellungen, die wir von der Finanzwelt haben, gleich mehrfach durch die Mangel. Carsten Otte Der Tagesspiegel 20191024