Ein sehr bewegender Roman über ein junges Mädchen aus Dalmatien, das allen familiären und politischen Widrigkeiten zum Trotz die Welt der Bücher für sich entdeckt hat.
Ganz vorne weg: Was für ein intensives Buch, das einen mitnimmt, entführt in Pepsis Welt, geprägt mit autofiktionalen Zügen.
Schmerzhaft, erschütternd – und in einer so wunderbaren Sprache, die ihresgleichen suchen muss. Ich bin…mehrEin sehr bewegender Roman über ein junges Mädchen aus Dalmatien, das allen familiären und politischen Widrigkeiten zum Trotz die Welt der Bücher für sich entdeckt hat.
Ganz vorne weg: Was für ein intensives Buch, das einen mitnimmt, entführt in Pepsis Welt, geprägt mit autofiktionalen Zügen. Schmerzhaft, erschütternd – und in einer so wunderbaren Sprache, die ihresgleichen suchen muss. Ich bin hellauf begeistert, trotz des schweren Inhaltes – und für mich ein weiteres #Jahreslesehighlight
S.12: „Das Dorf, die Wiese, das Surren der Insekten fielen zurück in der Zeit, und die Zeit selbst wurde eine Grenze […] Die Weite des wie hingemalten und tröstenden Himmels war auf eine so entbehrende Weise weg, dass auch das südliche Blau und die Bäume anfangen, Pepsi sehr bald und sehr bitter zu fehlen.“
Pepsi wuchs in Dalmatien auf, meistens getrennt von ihrer Schwester und ihrem Bruder, am Hof ihres Großvaters, und manchmal auch bei einer Tante. Sie wurde als lästiges Anhängsel weitergereicht, lernte früh, was es bedeutete zu hungern, obwohl der Tisch reichlich gedeckt war. Ihre Eltern arbeiteten in Hessen, kamen nur in den Ferien zu spärlichen Besuchen zurück in den Süden. Mit neun Jahren ertrug sie das nicht mehr, schrieb ihren Eltern einen Brief, sie mögen sie zu sich nehmen. Das taten sie auch 1983, mit ihren Geschwistern, und die erste Zeit lebten sie zu fünft in einer Einzimmerwohnung. Der Vater war entweder arbeiten oder betrunken. Die Mutter nahm eine Putzstelle nach der anderen an, Pepsi musste helfen.
Und dennoch schuf sich das Mädchen mit Kraft der neuen Sprache einen eigenen Rückzugsort. Sie bekam ein Lexikon, und begann, all die Wörter und Begriffe zu lernen, versuchte sie zu verstehen. Und sie verstand sie, denn Pepsi war sehr klug. Es war der Startpunkt zu einer innigen Liebe zur Literatur. Sie begriff auch sehr rasch ihre Stellung in der Gesellschaft. Ein Platz, dem sie irgendwann entrinnen wollte. Pepsi war nicht gewollt, weder von ihrer Mutter noch von ihrem Vater, der lieber einen Sohn an ihrer statt gehabt hätte. Beide machten keinen Hehl daraus. Die beschriebenen Szenen der körperlichen und seelischen Gewalt bedürfen beinahe einer Triggerwarnung.
S. 79: „Ihr Bruder war ein richtiges Kind, und Herzmandel (Anm.: ihre Schwester) und Pepsi waren keine richtigen Kinder. Da sie nun mal da waren, ertrug man sie nur, weil man sie ertragen musste.“
Pepsi hatte es, wie gesagt nicht leicht, aber sie war stark, allen Widrigkeiten zum Trotz und arrangierte sich mit ihrem Leben. Sie gab nicht auf, die Worte halfen ihr … mehr wird nicht verraten.
Nur eines noch:
S. 279 „Pepsi baut um sich herum einen Kreis aus Büchern, ihre runde Welt aus diesem kostbaren Papier, und wie ein Insekt aus ihrer Kindheit, ein Rosenkäfer in seinem Element, getragen von der Sommerluft der Freiheit, schwirrt sie von Tasche zu Tasche und holt Buch für Buch heraus und durchdenkt auch die Verwandtschaft der Bücher …“
Was für eine wunderbare Vorstellung das doch ist, sich in einem Turm aus Büchern aufzuhalten. – und die Zeilen schließen auch den Kreis zu erstgenanntem Zitat.
Der Roman aus der Feder der Autorin ist viel mehr als eine Liebeserklärung an das geschriebene Wort. Ich sehe es als einen Aufruf, an seinen Idealen und Zielen festzuhalten; eingepackt, wie schon erwähnt, in eine wunderbare Sprache. Ich bin restlos begeistert, ganz große Leseempfehlung und ein Muss für alle Bücherliebhaber*innen.