Der Surrealismus begann als gemeinsame Rebellion gegen all jene Mächte, die die Welt in den Krieg geführt hatten. Ein Aufstand auch gegen verlogene Religion, Demagogie, Prüderie und usurpierte Autoritäten. Wie lebten sie wirklich, diese inzwischen so berühmten Künstlerinnen und Künstler? Desmond Morris, selbst surrealistischer Künstler, kann davon berichten wie kein Zweiter. Er gehörte zu ihrem Kreis und kannte sie alle. Ihre Vorlieben und Macken. Ihre Arbeitsweisen und ihre Geheimnisse. Ihre Freundschaften, Feindschaften, Liebschaften, Frivolitäten und dramatischen Zerwürfnisse. Er porträtiert einsame Wölfe, rebellische Vorkämpferinnen, brillante Exzentriker. Geistreich und unterhaltsam erzählt Desmond Morris von den wirklichen Menschen, die Kunstgeschichte schrieben. Seine zweiunddreißig Lebensbilder der Surrealisten sind selbst Geschichte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.09.2020Am erotischen Leitfaden
Desmond Morris werden vermutlich mehr Menschen als Zoologen und Verhaltensforscher kennen, der populäre Bücher über Mensch und Tier veröffentlichte, denn als Maler, der Anfang der fünfziger Jahre in London an die surrealistische Bewegung andockte. Über Kunst geschrieben hat der heute 92-Jährige kaum, wenn er auch Affen Leinwände bemalen ließ.
Dass er mit seinem vor zwei Jahren im Original erschienenen Buch über die "Leben der Surrealisten" - von (zeitweise) offiziellen, von Bretons Gruppe abgelehnten und in seinen Augen "natürlichen" surrealistischen bildenden Künstlern - diesen Grundsatz gebrochen hätte, kann man eigentlich nicht recht sagen. Zwar unterlaufen Morris in seinen über dreißig Kurzbiographien immer wieder Bemerkungen zur entstandenen Kunst. Sie sind aber sehr bescheiden gehalten, um nicht von den Chroniken der Leben abzulenken.
Diese Chroniken wiederum bestehen naturgemäß aus vielen Stationen, wozu noch Anekdoten kommen und als wichtigste Zutat: Nachrichten von den eingegangenen Ehen, Liebesbeziehungen und Affären. Die erotischen Verwicklungen verdienen hier allemal Interesse, obwohl sie bei Morris eher aufgezählt als beschrieben werden. Seine biographischen Abrisse sind durchaus charmant, die Anekdoten in ihnen gut gesetzt, mit Lust an der notwendigen Kürze vorgetragen.
Und man muss hinzufügen, dass erotische Unauffälligkeit keinen Ausschlussgrund bildet. Alexander Calder etwa, in dieser Hinsicht ein Reinfall - Jahrzehnte glücklich verheiratet -, widmet Morris sehr einnehmende Seiten. Sympathie ist meist spürbar, André Breton allerdings mag Morris gar nicht und kommt doch nicht um ihn herum. Man kann den kapriziösen Chef halt nicht einfach auslassen, selbst wenn er nicht zu den Künstlern zählt, und immerhin sind ja auch in seinem Fall ein paar Frauen zu verzeichnen.
hmay
Desmond Morris: "Das Leben der Surrealisten".
Aus dem Englischen von Willi Winkler.
Unionsverlag, Zürich 2020. 352 S., Abb., geb., 26,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Desmond Morris werden vermutlich mehr Menschen als Zoologen und Verhaltensforscher kennen, der populäre Bücher über Mensch und Tier veröffentlichte, denn als Maler, der Anfang der fünfziger Jahre in London an die surrealistische Bewegung andockte. Über Kunst geschrieben hat der heute 92-Jährige kaum, wenn er auch Affen Leinwände bemalen ließ.
Dass er mit seinem vor zwei Jahren im Original erschienenen Buch über die "Leben der Surrealisten" - von (zeitweise) offiziellen, von Bretons Gruppe abgelehnten und in seinen Augen "natürlichen" surrealistischen bildenden Künstlern - diesen Grundsatz gebrochen hätte, kann man eigentlich nicht recht sagen. Zwar unterlaufen Morris in seinen über dreißig Kurzbiographien immer wieder Bemerkungen zur entstandenen Kunst. Sie sind aber sehr bescheiden gehalten, um nicht von den Chroniken der Leben abzulenken.
Diese Chroniken wiederum bestehen naturgemäß aus vielen Stationen, wozu noch Anekdoten kommen und als wichtigste Zutat: Nachrichten von den eingegangenen Ehen, Liebesbeziehungen und Affären. Die erotischen Verwicklungen verdienen hier allemal Interesse, obwohl sie bei Morris eher aufgezählt als beschrieben werden. Seine biographischen Abrisse sind durchaus charmant, die Anekdoten in ihnen gut gesetzt, mit Lust an der notwendigen Kürze vorgetragen.
Und man muss hinzufügen, dass erotische Unauffälligkeit keinen Ausschlussgrund bildet. Alexander Calder etwa, in dieser Hinsicht ein Reinfall - Jahrzehnte glücklich verheiratet -, widmet Morris sehr einnehmende Seiten. Sympathie ist meist spürbar, André Breton allerdings mag Morris gar nicht und kommt doch nicht um ihn herum. Man kann den kapriziösen Chef halt nicht einfach auslassen, selbst wenn er nicht zu den Künstlern zählt, und immerhin sind ja auch in seinem Fall ein paar Frauen zu verzeichnen.
hmay
Desmond Morris: "Das Leben der Surrealisten".
Aus dem Englischen von Willi Winkler.
Unionsverlag, Zürich 2020. 352 S., Abb., geb., 26,- [Euro].
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»Dieses Buch ist ein Husarenstück. Tatsächlich gelingt es seinem Autor, mit seinen boulevardartigen und höchst witzig formulierten Einzelporträts die gesamte Bewegung in den Blick zu bekommen. So unterhaltsam und zugleich so informativ hat noch keiner über die Surrealisten geschrieben!« Eva Hepper Deutschlandfunk Kultur