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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, in den Abendstunden des 1. September 1939, bäumte die alte Zeit sich noch ein letztes Mal gegen die neue auf. Mit gezückten Säbeln warf sich - so die Legende - eine Kompanie polnischer Lanzenreiter den heranrollenden deutschen Panzern entgegen. Den Untergang klar vor Augen, zogen die Totgeweihten in einen aussichtslosen Kampf und wurden wenig später von den 20-Millimeter-Kanonen der stählernen Maschinen in Stücke gerissen. Eine blutige Heldengeschichte, die so wahrscheinlich nie stattgefunden hat und sich doch hervorragend zur geschichtsphilosophischen Metapher einer Zeitenwende eignet. Zum eindrücklichen Schlussbild einer langen Szenenfolge, in dem sich die historische Hauptfigur Pferd endgültig von der Bühne des Weltgeschehens verabschiedet.
Ulrich Raulff, der leidenschaftliche Fährtensucher einer europäischen Ideengeschichte, spürt in seinem neuen Buch, "Das letzte Jahrhundert der Pferde", dem Ende des "Pferdezeitalters" nach. Mit feiner Melancholie erzählt er von der Auflösung des "kentaurischen Paktes" zwischen Mensch und Pferd, der lange stabil blieb und dann doch im Verlauf des langen neunzehnten Jahrhunderts auseinanderbrach. Dabei ermöglichte das Pferd als "Geheimagent der Modernisierung" überhaupt erst das, was der Historiker Reinhart Koselleck wohl nicht von ungefähr als "Sattelzeit" bezeichnete: Es beschleunigte das Leben der Menschen, dynamisierte Produktion, zirkulierte Waren und transformierte Kriege. Zugleich sicherte es den Anschluss an vergangene Zeiten: Wer auf dem Rücken eines Pferdes saß, blieb der Tradition verbunden, war den Ahnen nahe.
Raulff präsentiert, mal historisch, mal typologisch argumentierend, eine regelrechte Phänomenologie des Pferdes, zeichnet seine Laufbahn als Repräsentationsfigur, Wettkämpfer und Forschungsobjekt nach; liest nicht nur sämtliche Ehebruchromane als "Pferderomane", sondern erkennt im verletzten Pferd auch "die Pathosformel für Kriegsleiden schlechthin", deren Suggestivkraft von Nietzsche bis zu Jünger und Picasso wirkt. Über das Auto wird wahrscheinlich nie so gefühlsklug geschrieben werden - als kulturgeschichtliches Reflexionsobjekt bleibt es also im Vergleich zum Pferd vielleicht doch eine "vorübergehende Erscheinung".
Simon Strauß
Ulrich Raulff: "Das letzte Jahrhundert der Pferde: Geschichte einer Trennung". Verlag C. H. Beck, 461 Seiten, 29,95 Euro
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Joachim Radkau, Historische Zeitschrift, Heft 303/3
"Ein fabelhaftes Buch."
Uli Hufen, WDR3, 6. Dezember 2015
"Großartige Kulturgeschichte."
Der Tagesspiegel, 5. Dezember 2015
"So hat noch niemand vom Pferd erzählt - und von seinen Reitern, Haltern, Nutznießern, Gegnern. Was Raulff vorlegt, ist die Hohe Schule der Kulturgeschichtsschreibung."
Felicitas von Lovenberg, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. Dezember 2015
"Ein brillanter, unterhaltsamer Parforceritt."
Alexander Cammann, Die Zeit, 3. Dezember 2015
"Verblüffende Einsichten kehren in dem Buch beständig wieder, in eine hinreißende Erzählung gebettet und gespickt mit Fakten."
Claudia Kühner, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 25. Oktober 2015
"Ulrich Raulff ist ein wunderbarer Erzähler, aber nie war er so gut wie in 'Das Jahrhundert der Pferde'."
Denis Scheck, Südwestrundfunk, 14. Oktober 2015
"Wer dieses Buch in die Hand nimmt, den lässt es nicht mehr los."
Detlev Claussen, taz, 13. Oktober 2015
"Ein ebenso anregender wie unterhaltender Ausritt durch abwechslungsreiche Landschaften."
Harry Nutt, FR, 13. Oktober 2015
"Ein inspirierendes Lesevergnügen."
Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. Oktober 2015