An „Das Leuchten in mir“ von Grégoire Delacourt hat mir einiges gefallen, vieles hingegen nicht so sehr. Das Thema war spannend, die Einblicke in das Seelenleben einer erwachsenen Frau und Mutter auch, doch ich wurde nicht warm mit der Art und Weise, auf die diese Geschichte erzählt wird. Sie ist
mir zu französisch, zu schwülstig und schwermütig, die Protagonistin zu intensiv und…mehrAn „Das Leuchten in mir“ von Grégoire Delacourt hat mir einiges gefallen, vieles hingegen nicht so sehr. Das Thema war spannend, die Einblicke in das Seelenleben einer erwachsenen Frau und Mutter auch, doch ich wurde nicht warm mit der Art und Weise, auf die diese Geschichte erzählt wird. Sie ist mir zu französisch, zu schwülstig und schwermütig, die Protagonistin zu intensiv und exzentrisch.
Emmanuelle, genannt Emma, ist verheiratet und hat drei Kinder, vermeintlich führt sie also ein glückliches und erfülltes Leben. Doch als sie Alexandre in einem Bistro begegnet, weiß sie, was ihr fehlt. Das Verlangen, die Lust, der Rausch. Sie kann an nichts anderes mehr denken, als an ihn. Mich interessierte dieser Zwiespalt, in den Emma unversehens katapultiert wird und die Fragen, die sie beschäftigen müssten. Gibt sie der Versuchung nach oder nicht? Wie werden die Kinder diese Veränderung verkraften und wie begleitet Emma sie durch diese turbulente Zeit? Doch genau hier enttäuschte mich der Roman am allermeisten.
Denn (und hier folgt ein ganz kleiner Spoiler, mit dem ich aber nicht viel vorwegnehme) tatsächlich nimmt Emma keinerlei Rücksicht auf ihre Kinder. Sie verlässt kompromisslos nicht nur ihren Mann, sondern auch ihre Kinder. Sie geht einfach. Von jetzt auf gleich. Sie sagt: Sie sollen Verständnis haben für die Situation, in der sie sich befinde. Sie sollen dieses Verlangen verstehen, diesen Durst nach Beachtung, den Wunsch, sich in den Augen eines Mannes wieder schön zu fühlen. Diesen Egoismus und vor allem die Kompromisslosigkeit konnte ich nicht verstehen. Als Mutter ist mir nichts wichtiger als das Wohl meines Kindes. Das könnte nichts verändern. In dieser Hinsicht wurde mir die Protagonistin leider vollkommen unsympathisch.
Erzählt wird die Geschichte ähnlich eines Tagebuchs. Emma blickt zurück, sie schaut auf die Vergangenheit, greift manchmal vor, lässt ihren Gefühlen und Gedanken freien Lauf. Dabei gibt sie sich oft philosophischen Überlegungen hin, sie begibt sich auf eine Reise in ihr intimstes Innerstes. Diese Momente der Reflexion beschreibt Delacourt wunderbar poetisch. Überhaupt überwiegt in den letzten beiden Dritteln eine melancholische, trunkene und weinselige Stimmung, deren Ton perfekt zum Geschehen passt. Das gefiel mir gut, auch wenn es gelegentlich zu viel wurde, regelrecht erschöpfend auf mich wirkte.
Eher am Rande werden weitere interessante Themen aufgegriffen. Was bedeutet es Mutter und Ehefrau zu sein und wie kann man gleichzeitig Frau bleiben? Oder schließt das eine das andere aus, wie es in „Das Leuchten in mir“ zu sein scheint? Emma fühlt sich gefangen und so ist dieser Roman ein einziger großer Ausbruch, ein niederreißen und zerschmettern von Zuhause, Familie und Ordnung. Hier ist der Drang, die Versuchung frei und begehrt zu sein, größer und mächtiger als die beständige Zuneigung der Familie. Doch was bleibt davon am Ende der Gier? Dieser Frage widmet sich Delacourt in seinem Roman.
Fazit
„Das Leuchten in mir“ ist ein Roman über eine Frau, die einer Sehnsucht nachgibt. Sie sucht, sie findet und sie verliert. Grégoire Delacourt beschreibt in aller Deutlichkeit und Intimität, wie eine Frau mittleren Alters sich in den geordneten Bahnen des Familienlebens verliert, wie sie nach Freiheit dürstet, wie sie sich nimmt, wonach sie sich sehnt und welche Folgen das hat. Ein spannendes Thema! Mir war jedoch die Protagonistin Emma leider nicht sympathisch, ihre von Kompromisslosigkeit und Egoismus geprägten Handlungen stießen bei mir auf wenig Verständnis. Auch der Schreibstil war nicht immer mein Fall, oft war mir Delacourt zu schwermütig, zu melancholisch, zu intensiv.