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Die Vogeldeuterin Anita Albus schreibt über Tania Blixen
Zuletzt berichtete Anita Albus in einem großformatigen, edel gestalteten Buch „Von seltenen Vögeln”. Jetzt ist ein vergleichbar schmales, ein wenig dürftiges Bändchen von ihr erschienen: „Das Los der Lust”. Abgesehen davon, dass man sich fragt, wer die Lust denn überhaupt ist, das man sich für ihr Los interessieren soll, führt der Titel in die Irre. Es geht auch in Albus’ aktuellem Essay vor allem um Vögel. Nur spürt sie ihnen diesmal nicht in der freien Natur, sondern im Werk von Tania Blixen nach.
Schon das bekannteste Foto der dänischen Autorin dokumentiert ihren Hang zum fliegenden Getier: Es zeigt sie auf ihrer afrikanischen Farm mit einer Eule auf der Schulter. Minerva wurde diese genannt, doch ob es sich nun um einen Woodfordkauz oder ein Fleckenuhukind handelt, lässt sich, so Albus, nicht sagen. Durch ein leichtes Wackeln während der Aufnahme entziehe sich das weiße Federbüschel der genaueren Bestimmbarkeit.
Minerva ist nicht der einzige reale Vogel, der in Blixens Leben Spuren hinterlassen hat. Zahlreicher noch sind die ihr Werk bevölkernden imaginären Vögel. Doch ob real oder imaginär, Albus interessiert sich vor allem für das metaphorische Potential, für die Bildwelten, die mit dem Vogelflug verknüpft sind. Schon Blixens Vater sei ein „Zugvogel” gewesen, und auch ihre große Liebe in Afrika, Denys Finch Hatton, besaß ein äußerst flatterhaftes Wesen. Als alte Dame nahm Blixen schließlich einen jungen dänischen Dichter unter ihre „Fittiche” und kehrte in dieser Beziehung die Machtpositionen um: Jetzt lenkte sie die Dinge, nicht mehr, wie in jungen Jahren, der Geliebte. Diesen zweiten Teil der Geschichte Blixens kannte man nicht unbedingt. Aber was lernt man sonst aus „Das Los der Lust”?
Eine These vertritt Albus in ihrem Essay nicht. Assoziativ schreitet sie durch Blixens Werk, bringt es mit ihrer Biographie in Beziehung und versucht, im Gewebe dieses Lebens die „Vogelhaftigkeit” der Schriftstellerin kenntlich zu machen. So zitiert sie aus einem Brief, den die kinderlos gebliebene Autorin ihrer Mutter schrieb: „Stell Dir vor, wie hübsch es wäre, wenn man auf einem Ei sitzen könnte.”
Trotz manch schönem Fundstück: Der Eindruck, dass Anita Albus Bedeutsamkeit suggeriert, wo sie nur mit Bildern spielt, bleibt bestehen. Nicht zuletzt, wenn sie mit dem Mut zum Kalauer über Blixen und ihre Beziehung zum Bruchpiloten Finch Hatton schreibt: „Das Fliegen um des Fliegens willen war ihr eine Wonne, das Vögeln um des Vögelns willen schien ihr schal.” Das hinterlässt auch beim Leser einen gewissen Nachgeschmack.TOBIAS LEHMKUHL
ANITA ALBUS: Das Los der Lust. Ein Versuch über Tania Blixen. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007. 60 Seiten, 10 Euro.
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