"Vielleicht habe ich ihn nicht wirklich gekannt. Sagen wir so, ich habe ein Buch gelesen, in dem er die Hauptfigur war - aber ist das nicht eine ausgezeichnete Art, um jemanden kennenzulernen? Vielleicht sogar die beste." (S. 99)
Ich mag den Gedanken, dass selbst in unserer heutigen, trubeligen
und hektischen Zeit, in der fast alles nur noch digital läuft, es Menschen gibt, für die Bücher alles…mehr"Vielleicht habe ich ihn nicht wirklich gekannt. Sagen wir so, ich habe ein Buch gelesen, in dem er die Hauptfigur war - aber ist das nicht eine ausgezeichnete Art, um jemanden kennenzulernen? Vielleicht sogar die beste." (S. 99)
Ich mag den Gedanken, dass selbst in unserer heutigen, trubeligen und hektischen Zeit, in der fast alles nur noch digital läuft, es Menschen gibt, für die Bücher alles und die Welt bedeuten. Die ihr ganzes Leben den Büchern und ihrer Verbreitung verschreiben. Dass es tatsächlich "Buchpioniere" geben könnte, deren Ziel es ist, Menschen an Bücher zu bringen, sie zum Lesen zu bringen. Und dass so etwas auch in so lauten und vollen Städten wie Paris passieren könnte - das kann schon mal eine gute Idee für einen Roman ergeben.
Und die Grundidee von "Das Mädchen, das in der Metro las" hat mir an sich auch sehr gut gefallen. Hier treffen passionierte Leser wie Soliman und seine Tochter, deren Aufgabe darin besteht, Bücher unter die Leute zu bringen, und das möglichst unbemerkt und wie zufällig, auf Juliette.
Juliette, die das ganze Buch über irgendwie einen etwas verlorenen Eindruck inmitten der großen Stadt macht. Der Titel des Buches wird ihrer Figur nicht wirklich gerecht, denn tatsächlich hat Juliette zwar ein Buch in der Metro dabei, zum Lesen kommt sie vor lauter Beobachten der lesenden Mitfahrer aber kaum. Diese Beobachtungs- und Beschreibungsgabe der Autorin, wenn es darum geht, wie Juliette die lesenden Menschen um sich herum wahrnimmt, mochte ich sehr gern. Ich habe mich selbst wiedergefunden und habe von ganz allein an die Zeit zurückdenken müssen, als ich selbst regelmäßig im Zug unterwegs war und wunderbare Buch-Bekanntschaften mit anderen Zugreisenden geschlossen habe.
Trotzdem habe ich Juliette das ganze Buch über nicht richtig greifen können. Sie blieb mir fremd, zu ruhig, zu wenig zielgerichtet, zu blass irgendwie auch. Selbst als sie im Laufe der Geschichte ihre neue Aufgabe als Buchbotin übernimmt, ist der Sympathie-Funke bei mir einfach nicht übergesprungen. Aber das lag vielleicht auch am ganzen Drumherum, was in meinen Augen zu wenig ausgeschmückt war und vielleicht auch ein bisschen zu kurz kam. Für meinen Geschmack hätte die Autorin aus dieser so schönen Grundidee mehr und vor allem Lebhafteres machen können, und insbesondere mehr schreiben können - wenigstens 247 Seiten, um einer kleinen Anekdote in ihrer Geschichte, die mit der Seitenzahl 247 eines Buches zu tun hat, selbst die Ehre zu erweisen. Das hätte ich schön gefunden. So ist "Das Mädchen, das in der Metro las" ein nettes kleines schmales Büchlein, das sich ohne Probleme an einem Nachmittag weglesen lässt. Leider - so habe ich schon nach wenigen Tagen festgestellt - bleibt einem aber auch der Inhalt dieses Buches nicht sehr viel länger in Erinnerung.