Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Sommer 1900 schreibt Arthur Schnitzler (1862-1931) in Reichenau/ Rax innerhalb von sechs Tagen die Novelle "Leutnant Gustl"1 nieder. Der Erstabdruck des Textes erfolgt am 25. Dezember desselben Jahres in der Weihnachtsbeilage der Neuen Freien Presse und erregt nicht wenig Aufsehen. Binnen kürzester Zeit erfolgen negative Reaktionen aus Militärkreisen, welche sich in erbitterten Angriffen gegen den Reserveoffizier Schnitzler äußern. Diese Angriffe münden in einem ehrenrätlichen Verfahren, in dessen Ergebnis dem Schriftsteller, weil er - so heißt es- die Standesehre verletzt habe, die Offizierscharge aberkannt wird. Aber nicht nur die Wirkungsgeschichte der vorliegenden Novelle ist einzigartig; auch ihre Gestalt ist ungewöhnlich. Zum ersten Mal wird die Form des inneren Monologs so unverkennbar in der deutschen Literatur verwendet.2 Sie bietet einen tiefen und direkten Einblick in die inneren Konflikte des Protagonisten, die sich aus den Geschehnissen des 04.April 1900, dem Handlungstag der Novelle, speisen. Der Plot, welcher sich zwischen zehn Uhr abends und sechs Uhr morgens abspielt, ist schnell geschildert: Leutnant Gustl besucht ein Oratorium3 des Wiener Musikvereins am Karlsplatz, welches ihn verdrießlich stimmt, da er die Andacht, die das Konzert seinem Publikum abverlangt, nicht aufbringen kann. Als die für ihn ermüdende Darbietung ein Ende gefunden hat, beabsichtigt er an der Garderobe seinen Mantel abzuholen, um rasch an die frische Luft treten zu können. Bei der Kleiderabgabe angekommen drängt er den Bäckermeister Habetswallner - ihn noch nicht als Bekannten identifizierend- mehrmals unsanft beiseite. [...] == 1 Schnitzler, Arthur: "Leutnant Gustl". Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2001 2 Vorbild ist der Roman "Les lauriers sont coupés" (1888) von Edouard Dujardin, der ebenfalls den Modus des "inneren Monologs" gewählt hatte. Auch Hermann Bahr nahm 1891 in seinem Essayband "Die Überwindung des Naturalismus" mit der Forderung nach Aufzeichnung "der Vorbereitung der Gefühle, bevor sie sich noch ins Bewusstsein hinein entschieden haben" Schnitzlers formale Neuerung des durchgängigen inneren Monologs theoretisch vorweg. 3 Bei diesem Oratorium handelt es sich nachgewiesenermaßen um "Paulus. Oratorium nach Worten der heiligen Schrift" von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847).
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