Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,7, Freie Universität Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Handlung des 1934 erstmals erschienenen Romans „Tarabas. Ein Gast auf dieser Erde“ findet in den Jahren vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg, in einem nicht näher bezeichneten osteuropäischen Land statt. Erzählt wird die „Legende“ von der wunderbaren Läuterung des Sünders Nikolaus Tarabas. Dabei ist diese Legende keineswegs idealtypisch, vielmehr mischen sich hier Motive des Glaubens auch die des Aberglaubens. Zudem werden nicht nur christliche, sondern auch jüdische Positionen dargestellt. Der Grund liegt im Thema des Romans, denn hier setzt sich Roth mit dem Antisemitismus auseinander. Der Judenfeind Nikolaus Tarabas kann seinen Haß überwinden und zum christlichen Glauben zurückfinden. Formal wird sein Weg in der Zweiteilung des Romans dargestellt, deren Überschriften „Die Prüfung“ und „Die Erfüllung“ an das Grundmuster der Hagiographien anspielen, in denen das Leben des späteren Heiligen vor und während seines Dienstes für Gott geschildert wird.1 [...] 1 Vgl. Frank Joachim Eggers, „Ich bin ein Katholik mit jüdischem Gehirn“ – Modernitätskritik und Religion bei Joseph Roth und Franz Werfel. Untersuchungen zu den erzählerischen Werken (= Beiträge zur Literatur und Literaturwissenschaft des 20. Jahrhunderts, Bd. 13, hrsg. v. Eberhard Mannack), Frankfurt a.M. u.a. 1996, S. 114f.; Celine Mathew, Ambivalence and Irony in the works of Joseph Roth, Frankfurt a.M. 1984, S. 159; Claudio Magris, Weit von Wo. Verlorene Welt des Ostjudentums, Wien 1974, S. 257. Natürlich entspricht „Tarabas“ nicht im Detail dem christlichen Legendenverständnis. Keinem christlichen Theologen wird es beispielsweise gefallen, daß eine Wahrsagerin Tarabas’ Schicksal vorhersagt: „Ich lese in Ihrer Hand, daß Sie ein Mörder sind und ein Heiliger! [...] Sie werden sündigen und büßen – alles noch auf Erden.“ (Joseph Roth, Tarabas. Ein Gast auf dieser Erde, Köln 2. Aufl. 1996, S. 12). Charakteristisch für die ästhetisch-formale Gestaltung des „Tarabas“ ist ein Schwanken zwischen der Form eines Berichts und der einer Legende. Damit weist die Erzählweise sowohl schriftlich-säkulare Momente auf, als auch mündlich-religiöse. (vgl. Katharina Ochse, Joseph Roths Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus (= Epistemata, Bd. 273), Würzburg 1999, S. 158f.)