Der Begriff Lebensraum wird heute nahezu ausschließlich mit der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik assoziiert, er entwickelte sich jedoch bereits im Kontext kolonialer Eroberungen. Eine weltanschauliche Kontinuität anzunehmen liegt nahe. Eindrucksvoll zeigt Ulrike Jureit hingegen anhand eines breiten Spektrums räumlich-politischer Ordnungsentwürfe, dass sowohl Kontinuitäten als auch signifikate Brüche den Weg von der kolonialen Landnahme zur nationalsozialistischen Raumpolitik kennzeichneten. Der innovative Gehalt dieser Arbeit liegt in der Verschränkung von Theorie-, Akteurs- und Handlungsperspektiven unter Einbeziehung kartographischer Repräsentationen. Das Buch leistet einen bedeutenden Beitrag sowohl zur neueren Raumdiskussion in den Sozialwissenschaften als auch zur Geschichte des Nationalsozialismus.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2013Bodenlose Besitzgier
Raumkonzepte in der deutschen Wissenschaft und Politik im 19./20. Jahrhundert
Die politische Brisanz von Raumvorstellungen in der deutschen Geschichte lässt sich besonders nachdrücklich an der verhängnisvollen Karriere des Begriffs "Lebensraum" ablesen, der zu einer Schlüsselkategorie der Ideologie Hitlers avancierte. Dass Konzepte von Territorialität enormen Einfluss auf das politische Handeln gewannen, ist die Prämisse der Studie von Ulrike Jureit. Sie geht auf vorbildlich systematisch-historische Weise der Handlungsrelevanz der Kategorie Raum nach - mit Schwergewicht auf der Zeitspanne zwischen Kaiserreich und dem Ende der NS-Herrschaft. Sie konzentriert sich dabei aus guten Gründen auf den von raumaffinen Wissenschaften gepflegten Diskurs - mit gelegentlichen Abstechern in das literarische Feld -, weil hier der Transfer in politische Aktionen besonders deutlich nachweisbar ist.
Das Deutsche Kaiserreich hatte sich durch seine Kolonialpolitik mit Raumentwürfen auseinanderzusetzen, die einen klassisch kolonialen Zuschnitt trugen. Speziell in Afrika musste die Fiktion eines leeren Raums erzeugt werden, um dann mit Hilfe kartographischer Verfahren auf diese vermeintlich weißen Flecken Besitzansprüche zu erheben, die gelegentlich mit denen anderer europäischer Kolonialmächte konkurrierten. Diese visuelle Erschließung des Raums durch seine kartographische Fixierung machte koloniale Räume beherrschbar, wobei dieser Herrschaftsanspruch - und dies ist eine zentrale Aussage von Frau Jureit - nie darauf abzielte, die autochthone Bevölkerung zu homogenisieren, sondern sie "lediglich" in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zu unterwerfen. Für den kolonialen Raumdiskurs ist also signifikant, dass er die Heterogenität der Bevölkerung als Strukturprinzip voraussetzte und damit Raum und Bevölkerung systematisch voneinander schied.
Wie aber konnte vor diesem Hintergrund die Kategorie "Lebensraum" an Bedeutung gewinnen, die in der Interpretation Hitlers auf eine "völkische" Inbesitznahme eroberter Räume abzielte und damit ein großangelegtes Vernichtungs- und Umsiedlungsprogramm implizierte? Frau Jureits Arbeit kommt das erhebliche Verdienst zu, dass sie einen Umschlagspunkt identifiziert, an dem sich zunächst noch diffuse, dann immer stärker auf rassische Homogenisierung ausgerichtete Vorstellungen von "Lebensraum" in den wissenschaftlichen und politischen Diskurs einnisteten. Dieser Aufstieg war nur möglich, weil das nationalstaatlich verfasste Raumprinzip durch die Behandlung der Oberschlesienfrage delegitimiert wurde. Denn die Siegermächte des Ersten Weltkriegs hatten das klare Votum der Volksabstimmung vom 20. März 1921, bei dem fast 60 Prozent der Abstimmenden, darunter auch ein Drittel der "Wasserpolnisch" sprechenden Oberschlesier, für den Verbleib bei Deutschland gestimmt hatten, so umgedeutet, dass am Ende Oberschlesien geteilt wurde und der ökonomisch wertvollere Teil an Polen fiel. Der Umgang mit einem so eindeutig ausgefallenen Plebiszit versetzte der klassischen nationalen Legitimation territorialer Besitzansprüche einen schweren Schlag: Denn wenn das nationale Bekenntnis nicht ausreichte, um über territoriale Zugehörigkeit zu entscheiden, wurden konkurrierende Varianten räumlicher Zuordnung interessant.
Seit Mitte der 1920er Jahre wimmelte es in deutscher Wissenschaft und Politik von Raumkonzepten, die vor dem Hintergrund klaustrophobischer Bedrohungsszenarien für das deutsche Volk Raumnot diagnostizierten und daraus einen Anspruch auf Lebensraum - definiert als vorpolitische Daseinsgrundlage eines Staates - ableiteten, wie es insbesondere vom einflussreichen Begründer der Geopolitik, Karl Haushofer, postuliert wurde. Frau Jureit warnt allerdings mit Recht davor, diese Debatte um Lebensraum bruchlos in die nationalsozialistische Vorstellung von Lebensraum einmünden zu sehen. Denn Hitler war kein Geopolitiker, weil für ihn der zu erobernde Boden wertlos war, wenn er nicht rassisch in Besitz genommen wurde durch die Vertreibung beziehungsweise Vernichtung der Einheimischen und deren Ersetzung durch rassisch "hochwertige" deutsche Siedler: "Boden war für Hitler ein räumlicher Begriff rassischer Ordnung."
Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft gewannen diejenigen Wissenschaften an Relevanz, die eine Optimierung und Homogenisierung des Raums nach rassenbiologischen Kriterien anstrebten - und hier kam der neuen interdisziplinären Raumforschung eine strategische Schlüsselaufgabe zu. Dabei bediente man sich - wie das Beispiel der Theorie der "Zentralen Orte" des Geographen Walter Christaller zeigt - hochelaborierter Konzepte der Raumoptimierung, um sie unter Federführung der SS im Sinne rassischer Ordnungspolitik anzuwenden.
Frau Jureit spürt mit großer Sensibilität den Übergängen, aber auch den Unvereinbarkeiten zwischen den Positionen von Wissenschaftlern, die Zulieferdienste für rassisches Raumdenken leisteten, und den radikalen Weltanschauungspolitikern in der SS mit akademischem Hintergrund nach. In Sachen Völkerrecht ist hier Carl Schmitt einschlägig, der mit seinem Konzept der Großraumordnung zwar das klassische Souveränitätsdenken überwinden und damit kleine Staaten schutzlos dem hegemonialen Anspruch von Imperien preisgeben wollte. Aber für SS-Juristen wie Reinhard Höhn oder Werner Best war der sich auf die Doktrin des amerikanischen Präsidenten Monroe von 1823 berufende Schmitt noch viel zu sehr in den Vorstellungen traditioneller Machtstaatlichkeit verhaftet und hatte nicht erkannt, dass die explosive Verbindung von Rasse und Raum den imperialen Herrschaftsanspruch an die rassische Homogenisierung der zu beherrschenden Territorien knüpfte.
Wohin dieser Weg führte, hat die Forschung intensiv herausgearbeitet, so dass sich Frau Jureit hier auf ein solides Fundament stützen kann. Das bereits in den annektierten polnischen Westgebieten angewandte Prinzip der rassischen Flurbereinigung mündete in den monströsen "Generalplan Ost", der innerhalb von 30 Jahren ein "Großgermanisches Reich" bis zum Ural errichten wollte. Frau Jureit lässt dabei einfließen, dass diese radikale Umgestaltung des Raumes insbesondere vor der dort lebenden jüdischen Bevölkerung keinen Halt machte: Es waren mithin nicht nur antisemitische Vernichtungsabsichten, sondern auch die technokratisch-mitleidlose Kategorisierung als Dispositionsmasse, die dazu führte, dass die SS- Planer die Juden "als eine Altlast wahrnahmen, der man sich schnell, effizient und endgültig entledigen wollte".
Frau Jureit wagt auch einen Seitenblick auf den Umgang der stalinistischen Sowjetunion mit der ihr im Gefolge der Kumpanei mit dem Hitler-Regime zugefallenen ostpolnischen Territorien. Im Unterschied zum NS-Rassenstaat hatte die Sowjetunion keine Bedenken, diesen Bevölkerungszuwachs über das Staatsbürgerrecht in das sowjetische Hoheitsgebiet einzugliedern; in der Herrschaftspraxis lief dies allerdings ebenso auf eine Homogenisierung hinaus, die in diesem Fall als innerstaatlicher Säuberungsprozess deklariert werden konnte und dem unter anderem etwa 15 000 ehemalige Offiziere der polnischen Armee zum Opfer fielen.
Ulrike Jureit hat eine glänzend geschriebene Studie vorgelegt. In der deutschen Geschichte ist der Umgang mit dem Raum ein valider Indikator, um Kontinuitäten ebenso wie aus einer neuen politischen Situation erwachsende Dynamiken herauszupräparieren und damit auch vorschnelle Urteile über vermeintliche Kontinuitäten zwischen Kolonialverbrechen in Südwestafrika und dem Holocaust gründlich zu korrigieren.
WOLFRAM PYTA
Ulrike Jureit: Das Ordnen von Räumen. Territorium und Lebensraum im 19. und 20. Jahrhundert. Hamburger Edition, Hamburg 2012. 445 S., 38,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Raumkonzepte in der deutschen Wissenschaft und Politik im 19./20. Jahrhundert
Die politische Brisanz von Raumvorstellungen in der deutschen Geschichte lässt sich besonders nachdrücklich an der verhängnisvollen Karriere des Begriffs "Lebensraum" ablesen, der zu einer Schlüsselkategorie der Ideologie Hitlers avancierte. Dass Konzepte von Territorialität enormen Einfluss auf das politische Handeln gewannen, ist die Prämisse der Studie von Ulrike Jureit. Sie geht auf vorbildlich systematisch-historische Weise der Handlungsrelevanz der Kategorie Raum nach - mit Schwergewicht auf der Zeitspanne zwischen Kaiserreich und dem Ende der NS-Herrschaft. Sie konzentriert sich dabei aus guten Gründen auf den von raumaffinen Wissenschaften gepflegten Diskurs - mit gelegentlichen Abstechern in das literarische Feld -, weil hier der Transfer in politische Aktionen besonders deutlich nachweisbar ist.
Das Deutsche Kaiserreich hatte sich durch seine Kolonialpolitik mit Raumentwürfen auseinanderzusetzen, die einen klassisch kolonialen Zuschnitt trugen. Speziell in Afrika musste die Fiktion eines leeren Raums erzeugt werden, um dann mit Hilfe kartographischer Verfahren auf diese vermeintlich weißen Flecken Besitzansprüche zu erheben, die gelegentlich mit denen anderer europäischer Kolonialmächte konkurrierten. Diese visuelle Erschließung des Raums durch seine kartographische Fixierung machte koloniale Räume beherrschbar, wobei dieser Herrschaftsanspruch - und dies ist eine zentrale Aussage von Frau Jureit - nie darauf abzielte, die autochthone Bevölkerung zu homogenisieren, sondern sie "lediglich" in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zu unterwerfen. Für den kolonialen Raumdiskurs ist also signifikant, dass er die Heterogenität der Bevölkerung als Strukturprinzip voraussetzte und damit Raum und Bevölkerung systematisch voneinander schied.
Wie aber konnte vor diesem Hintergrund die Kategorie "Lebensraum" an Bedeutung gewinnen, die in der Interpretation Hitlers auf eine "völkische" Inbesitznahme eroberter Räume abzielte und damit ein großangelegtes Vernichtungs- und Umsiedlungsprogramm implizierte? Frau Jureits Arbeit kommt das erhebliche Verdienst zu, dass sie einen Umschlagspunkt identifiziert, an dem sich zunächst noch diffuse, dann immer stärker auf rassische Homogenisierung ausgerichtete Vorstellungen von "Lebensraum" in den wissenschaftlichen und politischen Diskurs einnisteten. Dieser Aufstieg war nur möglich, weil das nationalstaatlich verfasste Raumprinzip durch die Behandlung der Oberschlesienfrage delegitimiert wurde. Denn die Siegermächte des Ersten Weltkriegs hatten das klare Votum der Volksabstimmung vom 20. März 1921, bei dem fast 60 Prozent der Abstimmenden, darunter auch ein Drittel der "Wasserpolnisch" sprechenden Oberschlesier, für den Verbleib bei Deutschland gestimmt hatten, so umgedeutet, dass am Ende Oberschlesien geteilt wurde und der ökonomisch wertvollere Teil an Polen fiel. Der Umgang mit einem so eindeutig ausgefallenen Plebiszit versetzte der klassischen nationalen Legitimation territorialer Besitzansprüche einen schweren Schlag: Denn wenn das nationale Bekenntnis nicht ausreichte, um über territoriale Zugehörigkeit zu entscheiden, wurden konkurrierende Varianten räumlicher Zuordnung interessant.
Seit Mitte der 1920er Jahre wimmelte es in deutscher Wissenschaft und Politik von Raumkonzepten, die vor dem Hintergrund klaustrophobischer Bedrohungsszenarien für das deutsche Volk Raumnot diagnostizierten und daraus einen Anspruch auf Lebensraum - definiert als vorpolitische Daseinsgrundlage eines Staates - ableiteten, wie es insbesondere vom einflussreichen Begründer der Geopolitik, Karl Haushofer, postuliert wurde. Frau Jureit warnt allerdings mit Recht davor, diese Debatte um Lebensraum bruchlos in die nationalsozialistische Vorstellung von Lebensraum einmünden zu sehen. Denn Hitler war kein Geopolitiker, weil für ihn der zu erobernde Boden wertlos war, wenn er nicht rassisch in Besitz genommen wurde durch die Vertreibung beziehungsweise Vernichtung der Einheimischen und deren Ersetzung durch rassisch "hochwertige" deutsche Siedler: "Boden war für Hitler ein räumlicher Begriff rassischer Ordnung."
Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft gewannen diejenigen Wissenschaften an Relevanz, die eine Optimierung und Homogenisierung des Raums nach rassenbiologischen Kriterien anstrebten - und hier kam der neuen interdisziplinären Raumforschung eine strategische Schlüsselaufgabe zu. Dabei bediente man sich - wie das Beispiel der Theorie der "Zentralen Orte" des Geographen Walter Christaller zeigt - hochelaborierter Konzepte der Raumoptimierung, um sie unter Federführung der SS im Sinne rassischer Ordnungspolitik anzuwenden.
Frau Jureit spürt mit großer Sensibilität den Übergängen, aber auch den Unvereinbarkeiten zwischen den Positionen von Wissenschaftlern, die Zulieferdienste für rassisches Raumdenken leisteten, und den radikalen Weltanschauungspolitikern in der SS mit akademischem Hintergrund nach. In Sachen Völkerrecht ist hier Carl Schmitt einschlägig, der mit seinem Konzept der Großraumordnung zwar das klassische Souveränitätsdenken überwinden und damit kleine Staaten schutzlos dem hegemonialen Anspruch von Imperien preisgeben wollte. Aber für SS-Juristen wie Reinhard Höhn oder Werner Best war der sich auf die Doktrin des amerikanischen Präsidenten Monroe von 1823 berufende Schmitt noch viel zu sehr in den Vorstellungen traditioneller Machtstaatlichkeit verhaftet und hatte nicht erkannt, dass die explosive Verbindung von Rasse und Raum den imperialen Herrschaftsanspruch an die rassische Homogenisierung der zu beherrschenden Territorien knüpfte.
Wohin dieser Weg führte, hat die Forschung intensiv herausgearbeitet, so dass sich Frau Jureit hier auf ein solides Fundament stützen kann. Das bereits in den annektierten polnischen Westgebieten angewandte Prinzip der rassischen Flurbereinigung mündete in den monströsen "Generalplan Ost", der innerhalb von 30 Jahren ein "Großgermanisches Reich" bis zum Ural errichten wollte. Frau Jureit lässt dabei einfließen, dass diese radikale Umgestaltung des Raumes insbesondere vor der dort lebenden jüdischen Bevölkerung keinen Halt machte: Es waren mithin nicht nur antisemitische Vernichtungsabsichten, sondern auch die technokratisch-mitleidlose Kategorisierung als Dispositionsmasse, die dazu führte, dass die SS- Planer die Juden "als eine Altlast wahrnahmen, der man sich schnell, effizient und endgültig entledigen wollte".
Frau Jureit wagt auch einen Seitenblick auf den Umgang der stalinistischen Sowjetunion mit der ihr im Gefolge der Kumpanei mit dem Hitler-Regime zugefallenen ostpolnischen Territorien. Im Unterschied zum NS-Rassenstaat hatte die Sowjetunion keine Bedenken, diesen Bevölkerungszuwachs über das Staatsbürgerrecht in das sowjetische Hoheitsgebiet einzugliedern; in der Herrschaftspraxis lief dies allerdings ebenso auf eine Homogenisierung hinaus, die in diesem Fall als innerstaatlicher Säuberungsprozess deklariert werden konnte und dem unter anderem etwa 15 000 ehemalige Offiziere der polnischen Armee zum Opfer fielen.
Ulrike Jureit hat eine glänzend geschriebene Studie vorgelegt. In der deutschen Geschichte ist der Umgang mit dem Raum ein valider Indikator, um Kontinuitäten ebenso wie aus einer neuen politischen Situation erwachsende Dynamiken herauszupräparieren und damit auch vorschnelle Urteile über vermeintliche Kontinuitäten zwischen Kolonialverbrechen in Südwestafrika und dem Holocaust gründlich zu korrigieren.
WOLFRAM PYTA
Ulrike Jureit: Das Ordnen von Räumen. Territorium und Lebensraum im 19. und 20. Jahrhundert. Hamburger Edition, Hamburg 2012. 445 S., 38,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Die Verschränkungen nationalsozialistischer Expansionsfantasien mit der damaligen Wissenschaft ist kein ganz neues Thema, meint Sven Reichardt, kaum ein Autor hat aber bisher eine so hervorragende Einführung in die "Semantiken, Konzepte und Praktiken räumlichen Ordnens" gegeben wie Ulrike Jureit, lobt er. In "Das Ordnen von Räumen" gibt sie zunächst einen kurzen Überblick über die früheren Techniken der Topografie und ordnet dann das rassenbiologische Raumkonzept der Nationalsozialisten ideengeschichtlich ein, berichtet der Rezensent. Der Begriff "Lebensraum" nimmt eine besondere Stellung ein: einerseits gestattet er Jureit, die Vorstellung eines biologisierten Territoriums zu fassen, erklärt Reichardt, andererseits nutzt sie ihn zur Abgrenzung von Raumkonzepten kolonialer Diskurse der damaligen Zeit. Der Rezensent hätte zwar gerne etwas mehr über die wissenschaftlich-politischen Verflechtungen mit dem und im Ausland erfahren, legt Jureits Arbeit aber dennoch wärmstens ans Herz.
© Perlentaucher Medien GmbH
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