Punjab, Indien, 1929. Mehar ist 15, als sie verheiratet wird. Mit wem genau, weiß sie nicht. Drei Söhne hat ihre neue Schwiegermutter, alle drei werden am gleichen Tag mit ihrer jeweiligen Braut verheiratet. Von da an leben die drei jungen Ehefrauen zusammen im sogenannten Porzellanzimmer. Ihren
Männern begegnen sie nur alle paar Nächte in einem stockdunklen Extraraum, um ihrer Hauptpflicht, der…mehrPunjab, Indien, 1929. Mehar ist 15, als sie verheiratet wird. Mit wem genau, weiß sie nicht. Drei Söhne hat ihre neue Schwiegermutter, alle drei werden am gleichen Tag mit ihrer jeweiligen Braut verheiratet. Von da an leben die drei jungen Ehefrauen zusammen im sogenannten Porzellanzimmer. Ihren Männern begegnen sie nur alle paar Nächte in einem stockdunklen Extraraum, um ihrer Hauptpflicht, der Zeugung eines Sohnes, nachzukommen.
Doch Mehar beobachtet das, was sie bei der täglichen Verrichtung ihrer häuslichen Aufgaben unter der Verschleierung hindurch sehen kann, genau. Und ist sich schließlich sicher, zu wissen, welcher der Brüder ihr Mann ist. Als sie ihren Irrtum bemerkt, ist es bereits zu spät.
70 Jahre später. Mehars Urenkel ist in England aufgewachsen und in den Drogenmissbrauch abgerutscht. Er fliegt nach Indien, um auf der verlassenen Farm seiner Vorfahren einen Weg aus seiner Sucht zu suchen. Und findet das Porzellanzimmer.
“Das Porzellanzimmer” von Sunjeev Sahota war 2021 auf der Booker Prize Longlist. Warum, ist mir nicht ganz klar. Es sei denn, konsequent durchgezogene Mittelmäßigkeit ist seit Neuestem ein preiswürdiges Kriterium. Da der Roman auf der Familiengeschichte Sahotas basieren soll, sind mir die Hände ein wenig gebunden, wenn es darum geht zu spekulieren, wie glaubwürdig das Ganze ist. Die Frage nach der Erzählwürdigkeit bleibt allerdings bestehen. Und da tue ich mich etwas schwer. Mehars Geschichte ist nicht uninteressant. Den Erzählstrang um ihren Urenkel fand ich hingegen, trotz seines thematischen Potenzials, dermaßen nichtssagend und fade, dass er den Gesamteindruck deutlich nach unten gezogen hat.
Was den Stil angeht, kommt mir als Erstes das Wort “gefällig” in den Sinn. Eindeutig keine literarische Entdeckung, manchmal war es mir auch zu nah am Kitsch, aber letztendlich ist “gefällig” durchaus angenehm zu lesen. Da möchte ich jetzt gar nicht zu viel meckern.
Worüber ich aber meckern möchte, ist die verblüffende Farblosigkeit der Charaktere. Keine einzige Figur im ganzen Buch ist für mich in irgendeiner positiven Weise hervorgestochen. Am ehesten vielleicht noch Schwiegermama Mai, aber ihre Rolle ist zu klein, um wirklich etwas wettzumachen. Wie man über alle Hindernisse hinweg verliebt und dabei gleichzeitig so komplett gar nicht überzeugend sein kann, wie Mehar, wie man einen kalten Drogenentzug so darstellen kann, als wäre er nichts weiter, als eine leichte Magenverstimmung, das sind für mich die großen Rätsel dieses Romans.
Alles in allem ist “Das Porzellanzimmer” für mich ein Buch der Kategorie “Kann man lesen, muss man aber nicht.”. Es liest sich gut und zügig, es macht durchaus auch Freude, in eine andere Zeit und Kultur einzutauchen, aber wirklich mitnehmen tue ich zumindest nichts. Es soll aber nicht unterschlagen werden, dass der Roman im Allgemeinen mehr Anklang gefunden hat, als ich hier in der Lage bin, zusammenzukratzen. Und, es sei noch mal erinnert, es hat eine Booker Prize Nominierung. Diese rätselhafte Booker Prize Nominierung…