Einleitung: Darstellung der Ausgangsproblematik der neueren durch die Neurowissenschaften aufgeworfenen Fragestellung um den freien Willen: Die Problematik einer Diskussion um den freien Willen ist eines der großen Themen der Philosophie des Geistes des christlichen Abendlandes, die wesentlich durch den christlichen Begriff der Person als Ermächtigter und Handelnder in die Philosophie getragen wurde. Es verwundert daher nicht, dass die wesentlichen Positionen bereits früh, theologisch initiiert, verhandelt wurden. Die aktuelle neuere Diskussion wurde im deutschsprachigen Raum durch die Experimente B. Libets aus den 1980-er Jahren angestoßen. Provokant wurden die Ergebnisse von der einen Seite als empirische Widerlegung des freien Willens interpretiert, wohingegen die andere Seite konzeptionelle Mängel im Experimental- Aufbau wie der Fragestellung überhaupt monierte. Die dabei geführte Auseinandersetzung um den freien Willen steht in einer langen Tradition. Diese beginnt im Frühmittelalter und ist bis in die Scholastik vor allem ein theologischer Diskurs. Erst ab der zweiten Aufklärung wird aus diesem Diskurs eine zunehmend weltanschaulich geführte Auseinandersetzung, die dem Prozess der Naturalisierung des Menschen parallel läuft. Durch Libet und die nachfolgenden Experimente wurde dieser Streit neu entfacht. Nach der vorläufig noch in der offiziellen Diskussion vertretenen Position scheinen die rezenten neurowissenschaftlichen Erkenntnisse die Willensfreiheit nicht nur in Frage zu stellen, sondern das Konzept eines Menschen, der sich als Verantwortlicher qua seiner Fähigkeit frei zu handeln erfährt, ad absurdum zu führen. Federführend ist hier vor allem ein in einem monistischen Materialismus gründender Inkompatibilismus, der oft als zwingende ontologische Folgerung aus der eigentlich epistemisch Unternehmung des empirischen Wissenschafts- Konzept dargestellt wird. Diese Problematik exponiert sich zuvorderst im Konflikt um Determination vs. Freiheit, aus der heraus die Positionen des Kompatibilismus oder des Inkompatibilismus vertreten werden. Eigentlich ist das zur Frage Stehende aber weitergreifender, denn mit der Freiheit geht die Subjektposition verloren und der Wert von Bewusstsein wird fraglich. [...]
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