Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: gut, Universität Basel (Deutsches Seminar), Veranstaltung: HS Walther von der Vogelweide, Sprache: Deutsch, Abstract: Walthers Lied La 69,22 Kan min frouwe süeze siuren? gehört zu den bekanntesten seiner Minnelieder, „nicht zuletzt weil die Forschung es als programmatisch für Walthers Minne-Konzeption begreift.“ Mit seiner 6fachen Überlieferung ist es außerdem eines der am besten bezeugten Lieder Walthers von der Vogelweide. Doch gerade durch diese zahlreiche Überlieferung ergeben sich auch Probleme, die seit langem in der Forschung diskutiert werden. Liedstrophen bilden zumeist für sich geschlossene Einheiten, die in sich kohärent sind. „Wie sich solche Einzelstrophen nun zur höheren Einheit des Liedes verbinden, wird gerade bei mittelalterlicher Lyrik immer wieder zur interpretatorischen Schlüsselfrage.“ Aus den zahlreichen Überlieferungsvarietäten der Lieder wurde auf verschiedene Aufführungsvarianten aufgrund verschiedener Situationen geschlossen. Heute versucht man die unterschiedlichen Fassungen zu interpretieren, nicht mehr mit dem Hauptziel eine ursprüngliche Anordnung zu ermitteln, sondern um den Sinn der verschiedenen Überlieferungen aufzuzeigen. Auch ich möchte in dieser Arbeit versuchen die Handschriften, in denen das Lied La 69,22 überliefert ist und deren Strophenfolge zu untersuchen. Ziel soll es sein unterschiedliche Sinngebungen, Wirkungen und Ziele des Sängers, die durch die Strophenanordnung entstehen, genauer darzulegen. Beginnen werde ich mit einer kurzen Erläuterung der allgemeinen Überlieferung mittelalterlicher Lyrik und im Speziellen der Lyrik Walther von der Vogelweide. Im Anschluss daran wende ich mich den Überlieferungsträgern des hier zu besprechenden Liedes zu. Nur kurz und überblickhaft gehe ich auf die Metrik und Form des Liedes ein. Im Hauptteil der Arbeit möchte ich versuchen ausgehend von der in der Großen Heidelberger Handschrift überlieferten Fassung C das Lied und insbesondere die Stellung der Strophen zu interpretieren und mit den Fassungen A, E, F und O zu vergleichen. Dabei geht es mir, wie schon angedeutet nicht darum festzustellen, welche Fassung die „bessere“ ist, sondern um die individuelle Sinngebung, welche durch die Strophenanordnung entsteht. Ich hoffe, es gelingt mir aufzuzeigen, dass keine der Fassungen mit Sicherheit zu widerlegen ist und diese immer auch auf den persönlichen Hintergrund des Sängers und die höfische Umgebung zu beziehen sind. In diesen Kontext eingebunden liefern sie weitreichende Erkenntnisse über das Leben eines Minnesängers, seine Möglichkeiten und Grenzen.