Wer darf für wen sprechen? Darf man überhaupt für jemand anderen sprechen? Die Kernfrage des Aufsatzes der Philosophin Linda Alcoff sticht in ein Wespennest: Spätestens mit den Diskussionen um die Übersetzung eines Gedichtes von Amanda Gorman wurde deutlich, wie schwierig und politisch brisant diese Frage ist. Alcoff sensibilisiert dafür, wann das Sprechen für andere schiefläuft, und zeigt zugleich, weshalb es dennoch notwendig ist, den Anspruch, für andere zu sprechen, nicht aufzugeben.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Dieter Thoma empfiehlt Linda Martin Alcoffs Essay aus 1991. Wie die Autorin hat bis heute niemand Identitätspolitik betrachtet, schwärmt Thoma. Wie Alcoff das heikle Problem des Sprechens für andere angeht, umsichtig und misstrauisch in den richtigen Momenten, findet Thoma bewundernswert. Der Text zählt für ihn zu den Gründungsdokumenten der politischen Debatte um den schmalen Grat zwischen Engagement und kultureller Aneignung. Mit einer Einschränkung allerdings: Die Annahme, das Sprechen für andere sei an die Praxis des Sprechens über andere gebunden, findet Thoma irrig und überflüssig. Wie wär's mit einem Sprechen "wie andere", schlägt er vor.
© Perlentaucher Medien GmbH
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