Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,3, Universität Konstanz, Veranstaltung: Fontane-Seminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Wurde das Werk Cécile zu Anfang mit Nichtbeachtung gestraft, behauptete Fontane schon immer, mit diesem Roman etwas ganz Besonderes geschaffen zu haben und sprach von etwas „Neu[em]“ , dass er vorgelegt zu haben glaubte. Was den Roman zum Besonderen macht, vermag die Frage zu klären, ob die Figur Cécile wirklich krank ist, oder ob es sich um eine zugeschrieben Krankheit handelt. Viele Interpreten des Textes beschäftigten sich lange mit der Krankheit Céciles und sahen in ihr die Geschichte einer leidenden ehemaligen Fürstengeliebten. Sabina Becker fasst den Stand der Forschung folgendermaßen zusammen: „Man las den Roman als Identitätskrise einer Angehörigen des Adels, analysierte die Handlung als Ausdruck des Konflikts zwischen Individuum und Gesellschaft, deutete Céciles Freitod als das Resultat einer Dreiecksgeschichte oder sah in ihrem Tod ein Opfer ‚menschlicher Verfehlung, gesellschaftlicher Unbarmherzigkeiten und der Zeit eigenen Leere’“ . Viele Untersuchungen gehen davon aus, dass Cécile der Krankengruppe der Nervösen bzw. Hysterikerinnen angehört. Alle diese nehmen die Krankheit der Protagonistin unhinterfragt hin und sehen nicht das „Neue“, von dem Fontane sprach. Gegenstand dieser Arbeit soll es nun sein, genau diese Fragestellung zu untersuchen. Dafür sollen die Figuren genauer betrachtet werden, die Cécile für krank erklären. Außerdem ist es zunächst einmal nötig, sich mit der Geschichte der Hysterie zu beschäftigen. Die Bezeichnung Hysterie hat eine lange Tradition und wird schon in altägyptischen Papyren beschrieben. In der griechischen Antike glaubte man, dass die typischen hysterischen Störungen durch das Austrocknen der Gebärmutter entstünden. Man ging ganz selbstverständlich davon aus, dass nur Frauen von der Krankheit befallen werden können. Auch noch im ausgehenden 19. Jahrhundert glaubten berühmte Neurologen wie Charcot an eine somatische Erkrankung. Erst mit Breuer und Freud kam die Diskussion über eine psychische Entstehung der hysterischen Symptome auf. Sie veröffentlichten die Studien über Hysterie, welche revolutionäre wissenschaftliche Hypothesen enthalten, die besagen, dass die hysterischen Patienten größtenteils an „Reminiszenzen“ litten. Glaubt man Sabina Becker, handelt es sich bei der Hysterie um den Bestandteil einer von Männern imaginierten Weiblichkeit. Sie haben ein Bild vor Augen, denen die Frau zu entsprechen hat. Weicht sie davon ab, wird sie als hysterisch bezeichnet.