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Warum ist da etwas, wo doch nichts sein sollte? Warum ist da nichts, wo doch etwas sein sollte? In den letzten, vor seinem Selbstmord geschriebenen Essays begibt sich Mark Fisher auf die Spur zweier eigentümlicher Affekte, dem Seltsamen und dem Gespenstischen. Eng verbunden und doch getrennt, stellen beide das Verhältnis von Innen- und Außenwelt infrage, heften sich an das Eigenartige und Unbekannte, bedrücken, ohne Angst zu erregen, faszinieren und verstören zugleich. Mark Fisher findet das Seltsame und Gespenstische in der unheimlichen Unterströmung des 20. Jahrhunderts: den Filmen David…mehr

Produktbeschreibung
Warum ist da etwas, wo doch nichts sein sollte? Warum ist da nichts, wo doch etwas sein sollte? In den letzten, vor seinem Selbstmord geschriebenen Essays begibt sich Mark Fisher auf die Spur zweier eigentümlicher Affekte, dem Seltsamen und dem Gespenstischen. Eng verbunden und doch getrennt, stellen beide das Verhältnis von Innen- und Außenwelt infrage, heften sich an das Eigenartige und Unbekannte, bedrücken, ohne Angst zu erregen, faszinieren und verstören zugleich. Mark Fisher findet das Seltsame und Gespenstische in der unheimlichen Unterströmung des 20. Jahrhunderts: den Filmen David Lynchs, Stanley Kubricks und Andrei Tarkovskys, der phantastischen Literatur H.P. Lovecrafts und H.G. Wells oder den Erzählungen Margaret Atwoods. In den Genres wie Horror und Science Fiction geht Fisher der Frage nach: Was genau ist das Seltsame und das Gespenstische? "Das Buch ist eine Forschungsreise in den Pulp Modernism, jene Formen der Popkultur, in denen sich für Fisher der Erkenntnisreichtum des Hochmodernismus des frühen 20. Jahrhunderts fortsetzt." Christian Werthschulte
Autorenporträt
Mark Fisher lebte in Suffolk und lehrte am Goldsmiths, University of London, wo er das MA-Programm "Aural and Visual Cultures" leitete, sowie an der University of East London. Er schrieb u.a. für The Wire, The Guardian, Film Quaterley und frieze.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.03.2018

Väterchen Pop kennt
kein Erbarmen
Mark Fishers Essays über die kulturelle Stagnation
Aus Sicht der pessimistischen Kulturkritik erzählen die meisten aktuellen Kulturprodukte in sich geschlossene Geschichten und bedienen sich am reichen Fundus vergangener Sternstunden. Sie bleiben Irritationen schuldig, entwickeln keine gewagten Ideen vom Zukünftigen und bewahren dadurch den Status quo. Auch für den Popkritiker und Kulturtheoretiker Mark Fisher war die reibungslose Anschlussfähigkeit der Popkultur an den durchökonomisierten Alltag ein Zeichen des gedanklichen Stillstands inmitten rasenden, kapitalistischen Waltens. „Kapitalistischer Realismus“ lautete in seiner gleichnamigen, Wellen schlagenden Flugschrift der Befund unserer als alternativlos empfundenen Gegenwart.
In verschiedenen Magazinen, für den Guardian und als Dozent am Goldsmiths College in London befragte Fisher Kulturprodukte, um durch sie ein Stück verborgene Wirklichkeit zu erhaschen. Ihm waren die Grenzen zwischen Popkritik, Wissenschaft, Kunst und der Frage nach einer lebenswerten Gesellschaft herzlich egal. Die Kraft seiner Texte rührte aus der Verbindung des nur scheinbar Trennbaren. Auch seine langjährigen Depressionen verstand er als Symptom der gesellschaftlichen Verhältnisse, nicht als einen individuellen Defekt.
Der euphorische und assoziative Stil des herausragenden Essayisten ist nun in seinem dritten Buch, „Das Seltsame und das Gespenstische“, ein letztes Mal zu bestaunen. Der Band vereint Filmkolumnen sowie Texte aus seinem Blog „K-Punk“, begibt sich auf die Suche nach dem Widerspenstigen und verlängert so seine Analyse des kulturellen Stillstands. An H. P. Lovecraft, dem Debütalbum der Band The Fall oder an David Lynch untersucht Fisher die Binnenlogik der Kulturproduktion.
Schon die Einleitung ist exemplarisch: Bei der Betrachtung von Science-Fiction oder Horror müsse meist Sigmund Freuds Konzeption des Unheimlichen herhalten, schreibt Fisher. Dieser Innerlichkeitsfetisch aber unterschlage die gesellschaftlichen Bedingungen. Fishers Lesart des Unheimlichen ist streng materialistisch: In beiden Fällen destabilisiere der fremde Blick von außen die gewohnte Ordnung. Der Band versammelt 13 Essays, die jeweils einem Thema zugeordnet sind: dem „Seltsamen“ oder dem „Gespenstischen“. Das Seltsame schafft für Fisher eine Verbindung zwischen einer fremden Welt und der unsrigen und tritt hervor, wenn Dinge oder Wesen auf den Plan treten, die nicht existieren sollten. Das Gespenstische hingegen zeigt sich, wenn „entweder etwas da ist, wo nichts sein sollte, oder wenn nichts da ist, wo doch etwas sein sollte“, beispielsweise das Gespenst des Kapitals, das äußerst wirkmächtig ist, sich aber zugleich der unmittelbaren Wahrnehmung stets entzieht.
Die Texte folgen keiner geschlossenen Theorie, sie verbinden sich nicht zu einem Entwurf. Jeder Essay nimmt neu Anlauf. In spielerischer Weise beschreibt Fischer seine Lese- und Seherfahrungen, nutzt etwa Andrej Tarkowskis Film „Stalker“ oder eine Kurzgeschichte von H. G. Wells, um Gedanken und Querverbindungen zu entwickeln. Im Essay über den Roman „Die Tore zu Anubis Reich“ von Tim Powers beschreibt Fisher eine Zwickmühle des Zeitreisenden Brendan Doyle, der sich infolge einer wilden Konstruktion im Körper eines Dichters aus dem 19. Jahrhundert befindet, über den er einst forschte: Ist sein weiteres Leben nun vollends determiniert, oder bleibt ihm ein freier Wille? Fisher schreibt: „Subjektivität als solche setzt die Illusion voraus, dass die Dinge anders sein könnten.“ Folgt man Fishers Diagnose zum kapitalistischen Realismus, kommt uns diese Illusion allerdings zusehends abhanden.
VOLKER BERNHARD
Mark Fisher: Das Seltsame und das Gespenstische. Aus dem Englischen von Robert Zwarg. Edition Tiamat, Berlin 2017. 176 Seiten, 18 Euro.
Subjektivität als solche setzt
voraus, dass die Dinge
auch anders sein könnten
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Diedrich Diederichsen empfiehlt, Mark Fishers Essays zu Büchern, Filmen und Musik ohne Rücksicht auf die vom Autor aufgestellten Kategorien zu lesen. So entfaltet sich laut Rezensent ein Reigen inspirierter, dichter und detailreicher Schilderungen von Lese-, Hör- und Seherlebnissen, deren Deskriptivität nicht stört. Wie sich der Autor mit den Werken von H. G. Wells oder Stanley Kubrick befasst, scheint Diederichsen in jeder Hinsicht ansteckend und immer wieder überraschend.

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