Die Kirche S. Maria dei Servi zu Siena birgt in Gestalt der Madonna del Bordone eines der zentralen Schlüsselwerke der italienischen Tafelmalerei vor Cimabue. Coppo di Marcovaldo aus Florenz signierte und datierte 1261 diese Madonnentafel und schuf gleichsam mit ihr ein Altarbild, das wie kaum ein anderes verschiedene Kunstströmungen seiner Zeit in sich vereinte und damit die Anfänge einer neuen Kunstauffassung markierte. Ungeachtet ihrer kunsthistorischen Bedeutung blieb jene Tafel einer kunstinteressierten Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt. Der Makel, welcher im pejorativen Diktum von der maniera greca, der den Kunstwerken vor Cimabue anhaftete, mag dazu ebenso beigetragen haben, wie aktuelle Fragen zum Kult- oder Kunstwert solcher Artefakte. Obzwar Coppos Tafel stets Berücksichtigung in diesem Diskurs findet, so verkennt doch ein solcher Zugang die wirkungsästhetischen Aspekte der Darstellung. Der Autor beschäftigt sich, hier erstmals in Form einer monographischen Bildanalyse der Bordone-Madonna, nicht nur mit ikonographischen und frömmigkeitsgeschichtlichen Fragen, sondern gewinnt aus detaillierten formalästhetischen Analysen neue Erkenntnisse über die künstlerische Provenienz und stilgeschichtliche Genese der Bildmotive Coppos. Die exilbyzantinische Kunst der Generation vor Coppo und die toskanische Skulptur seiner Zeit in Gestalt von Nicola Pisanos Baptisteriumskanzel in Pisa werden dabei in besonderem Maße berücksichtigt. Darauf basierend wird die Madonnentafel in ihrem spannenden Verhältnis zu anderen wichtigen Tafeln des Dugento, darunter nicht zuletzt Guido da Sienas Palazzo-Pubblico-Madonna und die jüngst restaurierte und neu datierte Madonna del Carmelo aus Florenz, gesehen und untersucht. Erstmals liegt damit eine monographische Bildanalyse der Bordone-Madonna vor.
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