Wie ein weihnachtlicher Feenstaub
Die sechzehnjährige Anneliese hat seit jeher ihrem Vater im Wald geholfen. So auch heute, auch ihr jüngerer Bruder Kasper ist dabei, als Vater verunglückt. Die Not war schon immer groß und nun muss die kleine Familie zusehen, wie sie über die Runden kommt.
Kasper ist zu jung, um in Vaters Fußstapfen als Holzfäller zu treten und so ist es Anneliese, die…mehrWie ein weihnachtlicher Feenstaub
Die sechzehnjährige Anneliese hat seit jeher ihrem Vater im Wald geholfen. So auch heute, auch ihr jüngerer Bruder Kasper ist dabei, als Vater verunglückt. Die Not war schon immer groß und nun muss die kleine Familie zusehen, wie sie über die Runden kommt. Kasper ist zu jung, um in Vaters Fußstapfen als Holzfäller zu treten und so ist es Anneliese, die sich nach Arbeit umsieht - jedoch vergeblich. Die Dorfbewohner sind der Familie Holl nicht gerade wohlgesonnen, seit Johannes seine Marva geehelicht hat. Dass sie keine Einheimische ist, lassen die Dörfler sie nur zu deutlich spüren.
Anneliese lässt sich davon nicht unterkriegen, sie sammelt Brennholz, das sie am Markt verkaufen will. Das Geschäft läuft eher schleppend und zu allem Überfluss sind sie auch hoch verschuldet. Mutter wird krank, sie stirbt - und nun sind Anneliese und Kasper auf sich gestellt.
Wir sind mitten im Winter, die Vorräte gehen langsam zur Neige, Anneliese verwertet alles, auch findet sie im Wald ein Bäumchen, das nicht so recht wachsen will. Kurzerhand nimmt sie es mit, schmückt es mit allem, was der Wald so hergibt, hängt Äpfel und Nüsse dran. Die Krönung sind die kleinen Figuren, die Kasper schnitzt – Engel, kleine Herzen, Pferde und all das, was sich aus Holz formen lässt. Das Bäumchen ist ihr Trost und kurz entschlossen nimmt sie es mit auf den Markt. Frau von Anweil, die Frau des Bürgermeisters, ist davon ganz entzückt. Sie gibt gleich mal etliche dieser geschmückten Tannenbäume in Auftrag und damit nicht genug, wird Anneliese auch den großen Baum für den Freiburger Marktplatz liefern und schmücken. Es scheint aufwärts zu gehen, zumal ihr Finken, der Geldeintreiber, im Nacken sitzt und sie nun den fälligen Betrag zusammenbekommen dürfte. Und - wir werden später auch bei Hofe zugange sein. Der Großherzog plant ein opulentes Fest, bei dem ein riesiger, festlich geschmückter Baum nicht fehlen darf. Anneliese trägt für diesen Weihnachtsbaum die Verantwortung, Kosten spielen keine Rolle. Es bleibt nicht aus, dass sie – die kleine Bauerstochter – Neid und Missgunst erweckt. Sie hat hier genug Widersacher, aber auch einige wenige Freunde, die ihr wohlgesonnen sind.
„Das Wunder der Tannenbäume“ besticht allein schon durch sein einladendes Äußeres. Aber nicht nur damit, nein. Es ist die Geschichte einer bitterarmen Familie, die trotz ihrer harten Arbeit nicht wirklich vorankommt. Wir sind im Schwarzwald anno 1815. Claudia Romes entführt ihre Leser in eine Zeit, in der jeder Stand unter sich bleibt. Die Eltern sind es, die ihre Kinder standesgemäß verheiraten, Liebe spielt dabei keine Rolle. Ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen wird höchstens als Dienstmagd oder als Gespielin der Herren geduldet, ansonsten bleibt man unter sich.
Es ist ein warmherziges Buch, es ist eine zauberhafte Geschichte um eine junge, starke Frau, die es nie leicht hatte im Leben, die immer für ihre Lieben da ist und für sie kämpft. Eine bittersüße Liebesgeschichte ist es auch - ob sie auch um ihre Liebe kämpfen wird?
Im Nachwort geht die Autorin der Entstehungsgeschichte und der Tradition um diesen geschmückten Baum nach. Schon die Germanen holten sich Tannenzweige ins Haus, sie beschreibt die Symbolkraft und noch so einiges mehr – ein runder, ein stimmiger Abschluss dieser zauberhaften Geschichte, die ich gerne gelesen habe und die ich gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit nicht missen möchte.