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  • Format: ePub

Die Schattenseite der Moderne. Um 1900 entsteht ein neues Leitbild: die vitale Persönlichkeit. Es ist der Anfang einer radikalen Mobilmachung, welche die ganze Gesellschaft erfasst. Rilke unterzieht sich einer Kräftigungstherapie: gymnastische Übungen, kalte Bäder, Waldlauf; sogar Holzhacken steht auf dem Programm. Auch Kafka sieht sich unter Zugzwang. In der Naturheilanstalt "Jungborn" klettert er auf Bäume, pflückt Kirschen und nimmt - zu seinem Entsetzen - nackt auf einer Wiese Luftbäder. Thomas Mann bekämpft derweil seine Trägheit im Züricher Sanatorium Bircher-Benner. Und selbst Bismarck,…mehr

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Produktbeschreibung
Die Schattenseite der Moderne. Um 1900 entsteht ein neues Leitbild: die vitale Persönlichkeit. Es ist der Anfang einer radikalen Mobilmachung, welche die ganze Gesellschaft erfasst. Rilke unterzieht sich einer Kräftigungstherapie: gymnastische Übungen, kalte Bäder, Waldlauf; sogar Holzhacken steht auf dem Programm. Auch Kafka sieht sich unter Zugzwang. In der Naturheilanstalt "Jungborn" klettert er auf Bäume, pflückt Kirschen und nimmt - zu seinem Entsetzen - nackt auf einer Wiese Luftbäder. Thomas Mann bekämpft derweil seine Trägheit im Züricher Sanatorium Bircher-Benner. Und selbst Bismarck, der ein "großartiger Fresser und Säufer" (Kafka) war, versucht es zur Abwechslung mal mit Obst und frischer Luft. Doch sosehr man die Gifte und Reize der Zivilisation abzuwehren sucht, der Mensch ist dem neuen Leben nicht gewachsen. Das Gespenst der Erschöpfung geht um, Untergangsbilder kursieren, Europa scheint am Ende. Unter den Neurotikern, Nervösen, Magenkranken und Depressiven wächst die Sehnsucht nach Erlösung und neuer Kraft, nach Seelenführern, Gesundheitsaposteln, Trainern und Ernährungsberatern. Auch für sie schlägt um 1900 die Stunde. Auf der Grundlage zahlreicher, teilweise bislang unbekannter Dokumente entwirft Wolfgang Martynkewicz ein provokantes Epochenbild, das Einblick in die Innenwelt einer von Überforderung und Erschöpfung geprägten Moderne gibt.
Autorenporträt
Wolfgang Martynkewicz, geboren 1955, ist freier Autor und Dozent für Literaturwissenschaft; zahlreiche Veröffentlichungen zur Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts und zur Geschichte der Psychoanalyse; u.a. über Jane Austen, Edgar Allan Poe, Arno Schmidt, Sabina Spielrein, C. G. Jung und Georg Groddeck. Mit seiner Abhandlung "Salon Deutschland. Kunst und Macht 1900-1945" gelang ihm ein viel beachteteter Erfolg bei Presse und Publikum. Zuletzt erschien sein Buch "1920. Am Nullpunkt des Sinns".

Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Franz Viohl pflichtet dem Autor bei: Die Moderne und ihre Erschöpfungs-Metapher haben nie aufgehört beziehungsweise an Bedeutung verloren. Die Parallelen zwischen der Epoche um 1900 und unserer Zeit, die Wolfgang Martynkewicz höchst "kenntnisreich" aufzuzeigen vermag, findet der Rezensenten durchaus überraschend. Gestört hat Viohl sich nur an den vielen kuriosen Details. Bismarcks Essgewohnheiten etwa tragen wenig zu einem Epochenbild bei, meint er. Das Fazit, auf das ihn der Autor bis zum Schluss warten lässt, fällt dann auch nicht so bahnbrechend aus. Dass die Moderne den Homo oeconomicus erschaffen hat, wusste er bereits.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Martynkewicz weist - unterhaltsam - anhand vieler Beispiele, vieler biografischer Skizzen und zugleich wissenschaftlich fundiert nach, dass (...) die Moderne ein "ungeliebtes Projekt" war.« Eva Prase Freie Presse 20140117