Leichte Romanze voller wunderbarer kleiner Gesten - ein „Hach-Buch“ zum Seufzen schön
„Es gibt keine Alternative zur Liebe. Das müsstest du doch wissen, so viel, wie du liest.“
Die extrem schüchterne Millie arbeitet als Bürohilfe bei einem kleinen Verlag. Zu ihren Aufgaben gehört es unter
anderem, den Speicher aufzuräumen. Für Millie ist der Dachboden, in dem abgelehnte Manuskripte gelagert…mehrLeichte Romanze voller wunderbarer kleiner Gesten - ein „Hach-Buch“ zum Seufzen schön
„Es gibt keine Alternative zur Liebe. Das müsstest du doch wissen, so viel, wie du liest.“
Die extrem schüchterne Millie arbeitet als Bürohilfe bei einem kleinen Verlag. Zu ihren Aufgaben gehört es unter anderem, den Speicher aufzuräumen. Für Millie ist der Dachboden, in dem abgelehnte Manuskripte gelagert werden, nicht nur ein Dachboden, sondern ein magischer Ort, „der Raum des Vergessens“ voller Schätze. Millie liest leidenschaftlich gerne heimlich in den Manuskripten und schmuggelt die unveröffentlichten Bücher, die ihr gefallen, nach Hause. „Dein Herz in tausend Worten“ ist eine Geschichte, die es ihr besonders angetan hat. Millie versteckt in ihrem Stadtviertel Notting Hill Sätze aus dem Buch, um Menschen aufzuheitern. Zufällig entdeckt Bestsellerautor William Winter im Café eines der Zitate. Er ist der Verfasser des Buchs und möchte unbedingt herausfinden, wer seine Worte verteilt und aus welchem Grund. Das erste Treffen zwischen Millie und William passiert allerdings unwissentlich und verläuft ganz anders als erwartet….
Judith Pinnow schreibt gut verständlich und flüssig, teils in Ich-Form im Präsens aus Millies Sicht, teils schildert sie auch Williams Situation in der dritten Person. Mir fiel es nicht schwer, mich in die Geschichte hineinzuversetzen.
Millie ist eine sensible Frau, die große Schwierigkeiten hat, mit anderen in Kontakt zu treten. Sie lebt im Hintergrund wie in einem Schneckenhaus, erinnert mich ein wenig an Hauptfigur Lucy aus „Während du schliefst“. Eigentlich wäre Millie gerne Lektorin, hegt sie doch für Bücher eine große Leidenschaft. Doch sie ist davon überzeugt, dass sie dafür nicht geeignet wäre: „Ich bin nicht besonders gut im Verhandeln oder überhaupt im Sprechen. Ich sage lieber nichts und beobachte“. Schräge, ungeschickte, rührselige Geschichten „rettet“ sie besonders gerne vor der Vernichtung, weil sie sie an sie selbst erinnern.
Krimiautor William Winter präsentiert in der Öffentlichkeit ein Bild von sich, das nicht seiner wahren Persönlichkeit entspricht. Von seinen Verletzungen, Träumen und Wünschen weiß niemand, davon erzählt sein Roman „Mein Herz in tausend Worten“.
Gut gefallen hat mir die Figur Mrs. Cramer, die so streng und kontrolliert wirkt, stets beschäftigt am Empfang sitzt und in jeder Hinsicht den Überblick behält, sie ist für Überraschungen gut. Sympathisch war mir auch Millies Bruder Felix, der immer für seine Schwester da ist und sie kennt wie kein anderer.
Hach! Judith Pinnow hat wieder das getan, was sie einfach sehr gut kann, sie hat eine leichten, süßen, mitreißenden Liebesroman mit viel Zuckerguss verfasst. Eine Geschichte wie das Drehbuch zu einer Hollywoodromanze. Kitschig ohne Zweifel, aber eine gefühlvolle Figur wie Millie braucht eben einfach eine Portion Kitsch zum Glück, nicht im Großen mit viel lautem Bämm, sondern im Kleinen und wohldosierter. Die sanfte Millie liebt es kleiner und bescheidener.
Judith Pinnows Roman überzeugt mit einigen wirklich schöne Ideen. Dass Millie es sich zur Aufgabe gemacht hat, abgelehnte Manuskripte zu retten, gefällt mir sehr. Denn hinter jedem Text steckt ein Mensch, der durchaus etwas zu sagen hat und der andere Menschen mit Worten berührt. Millie bringt den Personen hinter den Manuskripten Wertschätzung entgegen.
Lektor David zitiert im Buch Heinrich Heine: „Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die gewaltigste.“ Wie mächtig Bücher sind, ist immer wieder Thema im Roman. Bücher verleihen Flügel. „Wenn du schreibst, kannst du fliegen“, erklärt William, denn in ihrer Phantasie sind Menschen zu allem fähig. „Ich kann auch fliegen, wenn ich lese.“ entgegnet Millie. Recht hat sie.
Mich hat die nette, leichte Geschichte oft zum Lächeln gebracht. Ein „Hach-Buch“ zum Seufzen schön. Manchmal brauche ich unbedingt solche Bücher, sie machen die Welt ein bisschen heller.