Essay aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Technische Universität Dresden (Institut für Germanistik), Sprache: Deutsch, Abstract: Das beharrlich fortwährende Endzeitgefühl und die Ahnung, der Zivilisationsprozess könnte gescheitert sein, veranlasst den modernen Menschen noch bis heute zur Flucht vor der falschen Realität. Ein derart ausgerichteter und doch unbestimmter tiefer Weltschmerz und Menschenekel, dieser intelligente Pessimismus und exzessive Untergangswille hat eine ganze Epoche europäischer Dekadenzliteratur hervorgebracht – eine literarische Schaffung künstlicher Paradiese. Dieser Typus tragischen Geistes birgt wahrscheinlich immer eine hoffnungsgeladene utopische Vorstellung einer besseren, einer anderen Welt. Gepaart mit dem Ernst einer möglichen Umsetzung, einer Zukunft, einer neuen Realität und damit einer Auflösung der Utopie in das Reale, entwirft ein solcher Geist eine ganze Vorstellungswelt, die ihre Verwirklichung ersehnt. Im Falle Gottfried Benns, der auf den sprachlichen Pfaden des 20. Jahrhunderts wandelt, insbesondere auf denen Nietzsches, gab sich der anbahnende Nationalsozialismus als eine historische Revolution zum neuen Menschen aus. Der zynische und naturwissenschaftliche Geist Benn weiß um die Macht und Kraft des Mythischen, des Bildes und beschwört sich aus der als dekadent interpretierten Entwicklung der Historie eine neue Zukunft, eine andere Realität mit all ihren Konsequenzen herbei. Und wer wenn nicht der Mensch muss und kann der Übergang, der Katalysator, das Dynamit hin zu einer neu ausgerichteten Historie sein? Unter diesem Aspekt, der Dialektik von Dekadenz und Dynamit, ganz im nietzscheschen Sinne, sollen Ausschnitte des Werkes Benns untersucht werden.