Nur wenige Spezies unserer urbanen Fauna werden leidenschaftlicher verachtet als der Hipster. Mit dreister Ironie entflieht er hakenschlagend jedem Definitionsversuch – und doch wissen wir genau, wenn wir einen vor uns haben. Hipster sind vor allem immer die anderen, sie sind kulturelle Ware, ready-made Meme, die pseudocoole Avantgarde der Gentrifizierung und die Personifikation eines träumerischen Kapitalismus mit reinem Gewissen. Doch Grégory Pierrot taucht viel tiefer in die Geschichte der Hipster ein – in eine Geschichte von Kolonialismus, Ausbeutung, Verdrängung und Aneignung Schwarzer Kultur. Es ist Zeit, den Hipsterhabitus und seine Produkte, die wir voller Hassliebe absorbieren, aufzudröseln, zu überdenken, aufzulösen, aufzuräumen, zu sortieren, zu dezentrieren – eben zu dekolonialisieren. Dieses elegant-ätzende Bestimmungsbuch gibt dazu Anleitung.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Bei manchen Besprechungen denkt man, dass Rezensenten nicht für die Kritik, sondern für die aufgewandte Lesezeit entschädigt werden sollten. Das würde dem Kulturbetrieb manch Überflüssiges ersparen. Warum ein Buch besprechen, dem man am Ende der Kritik nichts weiter als "raunende Unbedarftheit" attestieren kann - so lautet Timo Posselts resümierendes Urteil zum Buch. Der Rezensent macht es glaubhaft: Der französische Anglist Grégory Pierrot mag ein paar ganz amüsante Assoziationen zum Sozialtyp des Hipsters haben, aber eine wirkliche historische Herleitung des Typus leistet er nicht. Pierrot schreibe eine "buchlange Tirade" gegen ein Phänomen, das ihn nicht loszulassen scheint. Für Pierrot gebe es "kein Außerhalb des Hipstertums". Und dann ist der arme Hipster mit seinem harmlosen Kaiser-Wilhelm-Bart und seinem Holzfällerhemd auch noch rechts, eigne sich fremde Kulturen an, sorge für die Gentrifizierung unsrer Städte und überhaupt… Nein, der Rezensent legt das Buch entnervt zur Seite.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH