Dem offenen Bekenntnis der allermeisten Bürgerinnen und Bürger in liberalen Demokratien zur Demokratieidee stehen irritierende Befunde entgegen, die die Resilienz der individuellen prodemokratischen Überzeugungen in Zweifel ziehen. In diesem Buch wird ein neues Konzept einer Democratic Literacy eingeführt, das zur Erklärung der individuell unterschiedlich ausgeprägten Resilienz der Demokratieunterstützung beitragen soll. Democratic Literacy beinhaltet dabei solche Merkmale von Bürgerinnen und Bürgern, die sie dazu befähigen, sowohl die Chancen der bürgerlichen Einflussnahme in liberalen Demokratien zu ergreifen, als auch die Zumutungen dieses politischen Herrschaftssystems zu ertragen. Dieses Konzept unterscheidet sich hierbei von bestehenden Konzepten der Bürgerkompetenz zum einen dadurch, dass ihm – dem Literacy-Begriff entsprechend – ein funktionales Kompetenzverständnis innewohnt. Zum anderen ist Democratic Literacy ein domänenspezifisches Konzept der politischen Kompetenz, dessen Attribute sich von den systemischen Ansprüchen liberaler Demokratien ableiten lassen. Democratic Literacy umfasst schließlich solche Fähigkeiten im Sinne von politischen Kulturmerkmalen, die kongruent sind zu den strukturellen Anforderungen liberal-demokratischer politischer Systeme – nämlich: Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit, Kooperations- und Konfliktfähigkeit, Monitoring-Fähigkeit, Frustrationstoleranz, Ambiguitätstoleranz, Unsicherheitstoleranz sowie Urteilsfähigkeit.