Diplomarbeit aus dem Jahr 2000 im Fachbereich Politik - Politische Theorie und Ideengeschichte, Note: 2, Universität Hamburg (Institut für Politische Wissenschaft), Veranstaltung: Diplomprüfung, Sprache: Deutsch, Abstract: Demokratie sei die Macht des Volkes über das Volk, so ist der einschlägigen Argumentation Giovanni Sartoris zu entnehmen (vgl. Sartori 1997: 40). Und Demokratie scheint nicht ersetzbar zu sein. Sie ist für die Machtausübung in unserer Zeit zum ersatzlosen Programm geworden. Fast könnte man den Fehler machen und sich im sicheren Reich der Volksherrschaft wähnen. In der Bundesrepublik Deutschland wurden die politischen Entscheidungsträger demokratischen Prinzipien verpflichtet, nachdem die Episoden eines Kaisers von Gottes Gnaden oder eines Erlösers der krisengeschüttelten Volksmassen (Kershaw) durch den Tod von Millionen und allgemeines Elend zu einem gewissen „Sättigungsgrad“ bezüglich unkontrollierter autokratischer Herrschaft geführt hatten. Eine westliche Demokratie wurde etabliert, zunehmend zeichnete sie sich als repräsentative aus (vgl. Hesse/Ellwein 1997: 129ff.). Das Grundgesetz sah allgemeine, freie, gleiche und geheime Wahlen vor, begründete die Gewaltenteilung, ordnete Entscheidungskompetenzen, garantierte Grundrechte und Freiheiten, etc. Herrschaft in diesem politischen System wurde auf der Basis des Grundgesetzes ausgeübt – so dass die Macht vom Volk delegiert und die Rechenschaft der Herrschaft stets mit Bezug auf das Volk dargelegt wurde. In einem solchen System am Volke vorbei zu regieren, hätte bedeutet, die errungene Macht spätestens in den nächsten Wahlen aufs Spiel zu setzen. Die Bundesrepublik befindet sich jedoch in keinem Vakuum: Sie hat sich mit vielen der umliegenden Staaten zusammengetan, hat sich abgegrenzt von der anderen Seite des eisernen Vorhangs, der einst durch den europäischen Kontinent lief, und hat in diesem Geiste ein Projekt der Integration demokratischer Staaten mitbegründet. Heute ist eine fruchtbare Regierungslehre der Bundesrepublik ohne Berücksichtigung der Union zwecklos, denn die Autonomie der Mitgliedsstaaten schwindet durch wachsende Europäisierung zusehends. Die vorliegende Arbeit setzt an diesem Punkte an: Der wachsende Einfluss „Brüssels“ auf jeden einzelnen Bürger von Cork, Schwedt, Palermo, Växjö oder Salamanca bedeutet für die Frage nach demokratischer Wahl und Kontrolle von Herrschaft ein Problem. Wenn immer mehr Entscheidungen außerhalb des nationalen Rahmens getroffen werden, in ihm jedoch trotzdem gültig sind, muss die Frage nach der demokratischen Legitimität der Entscheidungen fallen – wenn weiterhin gelten soll, dass die Demokratie als Herrschaftsmodus unersetzbar ist.