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Demokratisierungsprozesse in Spanien und in der Slowakei
Zum Thema Demokratisierung im regionalen Umfeld (EU-Nachbarschaftspolitik gegenüber Mittelmeer, Kaukasus und Osteuropa; Zentralasien) sowie im globalen Maßstab (Transatlantische Initiative gegenüber dem Nahen und Mittleren Osten; Afrika) mangelt es nicht an Darstellungen aus dem Bereich der Politikwissenschaft. Auch die Erkenntnis der Studie von Marianne Kneuer, dass der Einfluss externer Akteure "diffuser und indirekter" wird, je weiter sich die betreffende Region entfernt - also von subregional zu regional bis global -, ist so neu nicht. Was viele Wissenschaftler eher als gegeben voraussetzen, wird jetzt systematisch herausgearbeitet. Frau Kneuer untersucht den Einfluss der Gemeinschaft auf die Demokratisierungsprozesse in Südeuropa in den achtziger Jahren wie in Ostmitteleuropa im Verlauf der neunziger Jahre; sie tut dies am Beispiel Spaniens als längst konsolidierte Demokratie sowie der Slowakei als Land, dessen allmähliche Konsolidierung von erheblichen demokratischen Rückschritten zwischen 1993 und 1998 geprägt war.
Die Ergebnisse sind insofern sehr aufschlussreich, als die Verfasserin im Gegensatz zu den meisten anderen Studien, die sich entweder ausschließlich mit den Instrumenten und Methoden der EU zur Demokratieförderung beschäftigen oder aber - wie die Transitionsforschung - Übergänge zur Demokratie als rein interne Prozesse betrachten, sowohl die interne wie auch die externe Dimension analysiert und damit Erkenntnisse über die Interaktion zwischen beiden gewinnt. Auf diese Weise können klare Aussagen zum Einflusspotential, teilweise auch Steuerungspotential der EU als externer Akteur beziehungsweise Föderator gemacht werden. Gleichzeitig bietet die Studie eine "praktisch-politische Komponente" an, indem sie - nicht zuletzt auf Grund der Erfahrung der erheblichen Konsolidierungsschwierigkeiten der Slowakei - im empirischen Teil ganz konkrete handlungsstrategische Empfehlungen für die Förderung und Unterstützung von Demokratisierungsprozessen von außen gibt. Dabei stützt sich die Verfasserin auch auf zahlreiche Zeitzeugengespräche, welche gerade im Fall der Slowakei wegen der dürftigen Literaturlage hilfreich für die Bestätigung ihrer Thesen waren.
Zentraler Pfeiler des Erweiterungsverfahrens und der Demokratisierungsstrategie ist in beiden Fällen die Methode der Konditionalität. Allerdings haben sich die qualitative Seite der Bedingungen und auch die Formen ihrer Anwendung im Fall der Slowakei erheblich ausgeweitet und ausdifferenziert. Im Falle Spaniens konzentrierte sich die Gemeinschaft vor allem auf die Erfüllung formal-demokratischer Aspekte: Abhalten freier und fairer Wahlen, die Zulassung von Parteien und Gewerkschaften/Interessenverbänden sowie eine Neuordnung der Kammern und des Wahlsystems. Das Kriterium der Rechtsstaatlichkeit war für die Verabschiedung der Verfassung zwar wesentlich, galt mit ihr jedoch schon als erfüllt. Die Implementierung der politischen Kriterien aber, das heißt die Stabilität der politischen Institutionen oder die Umsetzung von Verfassung und Gesetzen sowie des noch vergleichsweise überschaubaren Acquis, spielte ansonsten keine entscheidende Rolle. Allerdings wird das Ergebnis in Bezug auf die politische Stabilisierung des Landes sowie das Zusammenwirken von Demokratieunterstützung und Annäherung an die EG von beiden Seiten als positiv bewertet. Zwar hat die Gemeinschaft bei der Erfüllung der Kriterien ein durchweg formales Verständnis von Demokratie zu Grunde gelegt. Und neben den Verhandlungen standen ihr zur Einwirkung auf den Demokratisierungsprozess keine anderen Strukturen (beispielsweise Unterstützungsprogramme) zur Verfügung. Dennoch ergaben sich direkte Einflüsse durch "Europäisierungseffekte" (Politik- oder Verfahrenstransfer) nach dem Beitritt sowie indirekte Einflüsse über politische Lernprozesse. Das Fazit der Verfasserin: Je umfassender die Bedingungen und das Heranführungsinstrumentarium, desto mehr Steuerungspotential.
Dies zeigt sich im Fall der Slowakei. Hier wurden die Beitrittskriterien quantitativ wie qualitativ erheblich ausgeweitet. Neben den genannten formalen Bedingungen wurden nun neue Aspekte wie gutnachbarschaftliche Beziehungen, Respektierung der Minderheitenrechte, Fähigkeit zur Implementierung des Acquis, effiziente Justiz- und Verwaltungsstrukturen, Dezentralisierung und lokale Selbstverwaltung, Transparenz und Korruptionsbekämpfung in den Kriterienkatalog aufgenommen. Das Ergebnis ist interessant: Der Druck, den die EU ausübte, wirkte zwar nicht direkt bei der Regierung, aber er wirkte indirekt bei der Opposition und in der Gesellschaft. Die EU wirkte somit katalysierend, und der Einfluss und das Steuerungspotential hatten insgesamt zugenommen. Diese Erkenntnis sollte sich die Union auch im Rahmen der Europäischern Nachbarschaftspolitik zunutze machen.
STEFAN FRÖHLICH
Marianne Kneuer: Demokratisierung durch die EU. Süd- und Ostmitteleuropa im Vergleich. VS Verlag, Wiesbaden 2007. 412 S., 39,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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"Ihre zu Beginn aufgestellte Kernthese hat Kneuer überzeugend belegt. Das von ihr entworfene Analysemodell ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der Einflussnahme der EU auf die ausgewählten Beitrittsländer, und es wäre sehr wünschenswert, die Übertragbarkeit des Tools auf andere Transformationskontexte in weiteren Studien zu überprüfen." KULT_online - Das Rezensionsmagazin des Gießener Graduiertenzentrums Kulturwissenschaften, 17/2008