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Greta Thunberg ist nicht allein: Eine globale Bewegung ist entstanden. Junge Rebellinnen erobern überall die Bühnen der Welt. Sie setzen sich für sauberes Wasser ein, wie die Inderin Sahithi Pingali, bekämpfen die Waffenlobby, wie die Amerikanerin Emma González, oder machen gegen Kinderehe mobil, wie Natasha Mwansa aus Sambia. Für diese Ziele sprechen sie vor der UN-Vollversammlung in New York, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, auf Klimakonferenzen oder beim «March for Our Lives» in Washington. Ihr Einfluss ist immens, eine einzige Rede kann Weltkonzerne wie Siemens erschüttern. Denn…mehr

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Produktbeschreibung
Greta Thunberg ist nicht allein: Eine globale Bewegung ist entstanden. Junge Rebellinnen erobern überall die Bühnen der Welt. Sie setzen sich für sauberes Wasser ein, wie die Inderin Sahithi Pingali, bekämpfen die Waffenlobby, wie die Amerikanerin Emma González, oder machen gegen Kinderehe mobil, wie Natasha Mwansa aus Sambia. Für diese Ziele sprechen sie vor der UN-Vollversammlung in New York, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, auf Klimakonferenzen oder beim «March for Our Lives» in Washington. Ihr Einfluss ist immens, eine einzige Rede kann Weltkonzerne wie Siemens erschüttern. Denn hinter den Jungaktivistinnen steht, nur einen Tweet entfernt, eine ganze Generation. Auch Regierungen zwingen sie zum Handeln. Nehmen wir Isabel und Melati Wijsen aus Indonesien, damals zehn und zwölf Jahre alt, die im Alleingang erreicht haben, dass Einwegplastik auf Bali verboten wurde. Das Buch stellt die Hauptakteure vor, geht aber auch den grundsätzlichen Fragen nach: Was eint die jungen Menschen? Wer bringt sie auf die Straße, was motiviert sie? Und warum erlangen gerade sie, die eben noch völlig unbekannt waren, in kürzester Zeit Heldenstatus? Bettina Weiguny porträtiert diese rebellische junge Generation, fragt, was in ihr gärt, was sie vorhat, wie sie vorgeht - und warum vor allem junge Frauen die Proteste anführen.

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Autorenporträt
Bettina Weiguny, geboren 1970 in Freiburg, studierte Germanistik und Anglistik und arbeitet als freie Autorin. Seit 2001 schreibt sie für den Wirtschaftsteil der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung», wo sie auch eine eigene Kolumne hat. Sie hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter «Der Elitenreport» (mit Georg Meck). Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern bei Frankfurt/Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2021

Die Rebellinnen

Greta ist nicht allein: Junge Mädchen in aller Welt kämpfen gegen Plastikmüll und Waffenlobby, gegen Kinderehe und Klimawandel. Auf sie hören Konzernlenker wie Staatschefs. Niemand ist zu jung, um die Welt zu verändern.

Von Bettina Weiguny

Ellyanne Wanjiku bringt zum virtuellen Treffen ihr weißes Stofftier mit, sie hat gerade ihren zehnten Geburtstag gefeiert, somit passt das Stofftier recht gut auf ihren Schoß. Sie hätte auch eine ihrer schwarzen Barbies mitnehmen können, mit denen sie gerne spielt. Aber der weiße Elefant ist besser. "Der hilft mir", sagt Ellyanne Wanjiku und hält ihn in die Kamera. Doch wir wollen nicht über Tiere oder Stofftiere reden, sondern über Bäume. Ellyanne Wanjiku lebt in Kenia und pflanzt Bäume, und das, seit sie vier Jahre alt ist. Damit ist sie die jüngste Umweltschützerin des Landes, darf sich jüngste Klimabotschafterin Kenias nennen oder auch "Eco Warrior". Zur offiziellen Klimakämpferin hat sie der kenianische Verband für Ökotourismus ernannt, als sie 469 Bäume gepflanzt hatte. Das war 2018. Zwei Jahre später hat sie schon mehr als 1500 Bäume in die Erde gesetzt. Silbereichen, Wasserbirnen, Japanische Wollmispeln, Gummibäume. Auch afrikanische Giganten waren darunter, Baobabs an der Küste und Mugumos. Unter den riesigen Blätterdächern der Mugumos, so hat ihre Oma ihr erzählt, saßen früher die Dorfältesten zusammen und haben sich beratschlagt. Fürs Klima pflanzt die Enkelin allerdings am liebsten Bambus. "Die vielen Blätter binden viel CO2, die Bäume wachsen schnell, und man kann später gut Möbel aus ihnen machen."

Es sind Mädchen wie Ellyanne Wanjiku, zwischen 10 und 20 Jahre alt, die als Politaktivistinnen die Welt erobern, egal ob in Kenia, am Amazonas oder auf Bali. Die Schwedin Greta Thunberg, gerade volljährig geworden, ist nicht allein, längst ist eine globale Bewegung entstanden. Und das Erstaunliche daran: Es sind vor allem Mädchen. Noch nie war eine Protestbewegung so weiblich, so jung, so bunt wie die "Generation Greta". Das erste Mal erheben farbige Mädchen ihre Stimme gegen eine von weißen Männern geprägte Welt.

Das Klima ist ein Thema der jungen Rebellinnen, aber nicht das einzige. Sie setzen sich für sauberes Wasser ein wie die Inderin Sahithi Pingali, sie bekämpfen die Waffenlobby wie die Amerikanerin Emma González, oder machen gegen Kinderehe mobil wie Natasha Mwansa aus Sambia. Für diese Ziele sprechen sie vor der UN-Vollversammlung in New York, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, auf Klimakonferenzen oder beim "March for Our Lives" in Washington.

Die Rebellinnen merken früh, dass die sozialen Medien ihnen eine öffentliche Sichtbarkeit geben, die eine Generation vorher noch undenkbar erschien. Das verleiht der Jugend Macht und stärkt ihren Mut. Sie können Weltkonzerne erschüttern, Politiker zum Umdenken bewegen. Isabel und Melati Wijsen aus Indonesien haben "Bye Bye Plastic Bags" gegründet, damals zehn und zwölf Jahre alt, und praktisch im Alleingang erreicht, dass Einwegplastik auf Bali verboten wurde. Autumn Peltier wird mit 14 Jahren die offizielle Wasserbeauftragte der Anishinaabe in Kanada, ein Job auf Lebenszeit, und ringt dem Premierminister Justin Trudeau das Gelöbnis ab, 2021 alle Indianerreservate mit sauberem Trinkwasser zu versorgen.

Im Fall der Kenianerin Ellyanne Wanjiku weicht die Mutter nicht von ihrer Seite, sie wacht über ihre Social-Media-Kanäle und Interview-Anfragen aus aller Welt, selbst CNN ist ihretwegen schon in Kenia aufgeschlagen. "Meine Mutter ist meine Managerin", sagt die Tochter und fügt schmeichelnd hinzu: "Und mein großes Vorbild." Ellyanne Wanjiku wächst in Kenias wohlhabender, gehobener Mittelschicht auf. Ihre Mutter, Dorothy Chlystun-Githae, arbeitet als Marketing-Managerin, der Vater ist ein erfolgreicher Wissenschaftler. Wanjiku ist ein Einzelkind, ihre Bildung ist wichtig, dafür wird alles getan. Die Eltern schicken sie auf eine britische Privatschule, die Slums kennt sie nur von ihren Pflanzterminen. Wenn Wanjiku so redet, klingt sie oft wie eine kleine Dozentin. Kein Wunder, sie hat so viele kleine Erdlöcher in ihrem Leben ausgehoben, Pflanzlinge hineingesteckt und gewässert. Sie könnte das im Schlaf wiederholen. Tausende Schüler hat sie darüber aufgeklärt, wie wichtig Bäume für das Klima und für die Natur in Kenia sind. Sie beschäftigt sich schon ihr halbes Leben lang mit Bäumen, mit Klima und Nachhaltigkeit.

Von wegen apathische Jugend! Was haben wir nicht alles gehört über ich-zentrierte, verzogene junge Menschen, die nur an das nächste Selfie denken. Diese Rebellinnen gehören zu einer politischen Generation - der ersten seit den sechziger Jahren, wie Soziologen sagen. Sie sind stark, zeigen Haltung und besitzen die Fähigkeit, andere mitzureißen. Wenn es noch etwas gibt, was ihnen gemein ist, dann ein starkes Elternhaus, das hinter ihnen steht und das Gefühl vermittelt: "Geh raus, kämpfe für deine Ideen und Träume, lass sie dir nicht nehmen."

Die Pflanz-Begeisterung Wanjikus geht auf ein Projekt im Kindergarten zurück, wo sie eine riesige Collage mit den Helden der Vergangenheit und der Gegenwart gebastelt haben. Ellyanne, damals vier Jahre alt, kann die Namen alle runterbeten; Nelson Mandela, Barack Obama, Mahatma Gandhi, Martin Luther King, noch ein paar andere Männer, dann aber auch drei Frauen: Mutter Teresa, Florence Nightingale, die berühmte englische Krankenschwester im 19. Jahrhundert, und die Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai aus Kenia. "In die habe ich mich sofort verliebt", sagt Wanjiku strahlend. So viel zu weiblichen Vorbildern, Role Models, und wie wichtig sie für junge Mädchen sind. Wie sagte Amerikas frisch vereidigte Vizepräsidentin Kamala Harris nach dem Wahlsieg: "Ich mag die erste Frau in diesem Amt sein, aber ich werde ich nicht die letzte sein. Denn jedes kleine Mädchen, das heute Abend zuschaut, sieht, dass dies ein Land der Möglichkeiten ist."

Ellyanne Wanjiku, die Kenias Nobelpreisträgerin nacheifern will, pflanzt nach dem Referat im Kindergarten gleich den ersten Baum, im eigenen Garten: "Ich weiß nicht mehr, ob es ein Orangen- oder ein Zitronenbaum war." Mittlerweile ist sie mit ihrer Mutter umgezogen nach Limuru, etwa 50 Kilometer außerhalb Nairobis auf einem Hochplateau gelegen. In der Ferne sieht sie nachts die Lichter der Millionenstadt funkeln. Dort unten sitzt die kenianische Regierung. Sie kennt viele ihrer Mitglieder persönlich, bis hin zum Präsidenten Uhuru Kenyatta. Seine Regierung hat 2016 das ambitionierteste Aufforstungsprogramm in der Geschichte des Landes beschlossen. Über Jahrzehnte wurden in Kenia riesige Waldflächen vernichtet. Waren im Jahr 1960 noch 40 Prozent des Landes bewaldet, so sind es 2016 nur noch sieben Prozent. Bis 2022 will das Land wieder auf zehn Prozent Wald kommen, deshalb werden jährlich eine halbe Million Bäume gepflanzt. Die Hälfte davon stellt die staatliche Forstbehörde, die anderen 250 000 Bäume setzen private Initiativen wie Wanjikus oder auch Unternehmen wie Safaricom, der größte Mobilfunkbetreiber Ostafrikas.

Für Baumbotschafterin Wanjiku bedeutet das viel Arbeit in den kommenden Jahren. Die Schule stellt sie frei, wenn der Naturschutz ruft. Wanjiku fährt zu Pflanzaktionen an andere Schulen und in die Slums, sie pflanzt mit den Forstbehörden, mit dem Umweltminister, mit Kenias Prominenz; etwa dem Marathon-Läufer Eliud Kipchoge, der 2018 in Berlin den Weltrekord von 2:01:39 gelaufen ist.

Nun sind - Corona geschuldet - internationale Umweltkonferenzen gegenwärtig nur virtuell. Das findet sie schade: "Auf einer Konferenz in Kolumbien hätte ich Greta Thunberg kennengelernt", sagt Wanjiku traurig. Jetzt hofft sie, irgendwann die Königin von England zu treffen. Die Queen sei "so sweet and humble". Etwas komisch sei das schon, sagt die Zehnjährige, das Leben unter so vielen Erwachsenen. "Mit meinen Freundinnen ist es lustiger. Aber das andere ist spannend und eine Herausforderung für mich." Sie ist ein Profi, eine erstaunliche Persönlichkeit. Problemlos schlüpft sie in ihre verschiedenen Rollen. Mal gibt sie die Musterschülerin im Schuldress. Mal tritt sie auf wie eine junge Wissenschaftlerin, selbstbewusst, im Hosenanzug mit weißer Bluse und Schleifen in den zahllosen Rasterzöpfen. Dann bricht plötzlich wieder das kleine Mädchen aus ihr hervor. Etwa, wenn sie gefragt wird: "Weißt du, wie lange es dauert, 10 000 Bäume zu pflanzen?" Sie will dann eine richtige Antwort geben, kann die Zahl aber auf die Schnelle nicht überschlagen. Also gibt sie sich lachend geschlagen: "Das dauert ... ungefähr ... na ja, eine ganz schöne lange Zeit." Oder als sie gefragt wird, welche Präsidenten sie bereits kennengelernt hat. "Kenias Präsidenten Uhuru Kenyatta, den von Sambia und Uganda und dann noch die ganzen, deren Namen ich nicht weiß."

Gelegentlich schlüpft sie selbst in die Rolle der Fragestellerin, interviewt Politiker und Unternehmer. Die Videos stellt sie auf ihren Youtube-Kanal "Ellyanne's Chat". Vor der Kamera hatte sie schon Manu Chandaria, Kenias Stahl- und Aluminiummagnaten, und Steve Chege vom Mobilfunkanbieter Safaricom. Von jedem will sie wissen, wie viele Bäume sie schon gepflanzt haben. Topmanager Chege überlegt und sagt dann ehrlich: "Ich glaube, einen." Die Grundschülerin hakt nach: "Wie viele?" Der CEO wiederholt die Zahl. Einen. "Einen einzigen", ruft sie fassungslos, schüttelt sich und fängt an, ungläubig zu lachen und sich an den Zöpfen zu ziehen. Sie kann gar nicht mehr aufhören. Wie ein erwachsener Mann nur einen Baum in seinem ganzen Leben gepflanzt haben kann, das geht nicht in ihren Kopf.

Wie viele der Jungaktivistinnen nutzt sie Kapital und Wissen der Wirtschaft. Die Rebellinnen gründen Unternehmen, ziehen Initiativen und Stiftungen auf, sammeln Millionen. Sie verkaufen Testkits zur Überprüfung der Wasserqualität in Meeren und Seen oder verteilen kostenlos Tampons an Schulen. Marley Dias spendet Bücher, damit nicht alle Schulkinder Amerikas nur Geschichten über "weiße Jungs und ihre Hunde" lesen. "Wir brauchen doch auch schwarze Heldinnen." 2018, mit zwölf Jahren, hat sie ihr erstes eigenes Buch geschrieben, eine Anleitung für Aktivistinnen. Auch Wanjiku nennt sich Unternehmerin. "I do have a company", sagt die Zehnjährige stolz. "Children with Nature" heißt die Organisation. Sie bezeichnet sich als "CEO", also Chefin. Ein, zwei Freundinnen helfen ihr bei der Arbeit. Und natürlich ihre Mutter und ein paar Freunde des Hauses. Mehr als 1000 Projekte (Bäume pflanzen, Flüsse säubern, Plastik sammeln) hat die Zehnjährige abgeschlossen, 42 Auszeichnungen für ihre Arbeit erhalten, 2500 freiwillige Helfer angeworben. Neuerdings sammelt sie auch Geld für ihre Projekte. 90 000 Dollar sind dabei innerhalb weniger Monate zusammengekommen. Zuvor hatte sie ihre eigenen Ersparnisse angezapft. "Und mein Geld ist auch weg", ruft die Mutter aus dem Off ins Mikro.

Bettina Weiguny.

Denn es ist unsere Zukunft. Junge Rebellinnen verändern die Welt - von Greta Thunberg bis Emma González.

Rowohlt Verlag, Berlin 2021, 16 Euro. Das Buch erscheint am Dienstag, 26. Januar.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Bettina Weiguny macht uns Mut mit ihrem Buch. Lukas Hammerstein Bayern 2 "Jazz & Politik" 20210724