Charkiw 1993. Sowjetische Kriegsveteranen und neureiche biznesmeny lauschen im Konzertsaal einem amerikanischen Erweckungsprediger. In ehemaligen Komsomolbüros der ostukrainischen Metropole residieren Werbeleute. Das Jugendradio bringt in Kooperation mit London ein Feature über die »irische Volksmusikgruppe Depeche Mode« und die Rolle der Mundharmonika beim Kampf gegen kapitalistische Unterdrückung. Durch diese hybride Szenerie irren drei Freunde - Dog Pawlow, Wasja Kommunist und der Ich-Erzähler Zhadan, neunzehn Jahre alt und arbeitslos -, um ihren Kumpel Sascha Zündkerze zu finden. Sie müssen ihm mitteilen, daß sich sein Stiefvater erschossen hat. Ihre Suche führt sie auf ein verfallendes Fabrikgelände, wo sie eine Molotow-Büste klauen, ins Roma-Viertel zu einem befreundeten Dealer und schließlich per Nahverkehrszug ins Pionierlager »Chemiker«, wo Zündkerze als Betreuer arbeitet. Depeche Mode, Zhadans erster Roman, führt mitten hinein in die Anarchie der postsowjetischen Umbruchszeit und entfaltet ihre enorme ästhetische Produktivkraft.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, D, I ausgeliefert werden.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
"Was für ein Buch!" jubelt Rezensentin Ilma Rakusa fast ergriffen über diesen Roman des "ukrainischen Rimbaud" - ihrer Ansicht nach ein "Ausnahmetalent". Das Buch sei ein großer Wurf, "himmeltraurig und urkomisch, hoffnungslos und tief poetisch, pechschwarz und von einer unbändigen, zornigen Kraft", schreibt sie "zutiefst berührt" von diesem Werk, das ihren Informationen zufolge Anfang der neunziger Jahre unter kriminellen Jugendlichen im postkommunistischen Charkiw spielt. Serhij Zhadans Schilderung rechne ausgesprochen schonungslos mit der kommunistischen Vergangenheit ebenso ab wie mit der turbokapitalistischen Gegenwart. Die wüste Handlung spielt sich, wie wir lesen, an vier Tagen ab, in denen man entwurzelten und gewalttätigen Jugendlichen, korrupten Milizionären und bewaffneten Roma-Dealern, versifften Funktionärstöchtern und amerikanischen Erweckungspredigern begegnet. Getragen wird das "düstere" Buch aus Sicht der Rezensentin auch von einer radikalen Sprache, einem expressiven, raphaften, verzweifelten, tief poetischen und zornigen Sound, den Zhadan Rakusas Ansicht nach der Musik abgeschaut hat, und den das Übersetzerduo Juri Durkot und Sabine Stöhr brillant ins Deutsche gebracht hätten.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Schnell, voller Leben und einfach berauschend.« Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung