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Sabine Ludwigs Kinderroman „Der 7. Sonntag im August”.
So doof wie in diesem blöden Fantasyabenteuer ist das wirklich nicht, was Frederike „Freddy” Moll in Sabine Ludwigs Roman Der 7. Sonntag im August erleben muss. Freddys aktuelle Bettlektürenheldin Polly Trotter (ha!) braucht nichts weiter zu tun, als in den Schrank zu steigen und schon ist sie in einer Welt voller Feen, Zauberer und Einhörner. Wie langweilig!
Die quicklebendige Freddy, elf Jahre alt, hat es, dank der Autorin, erheblich schwerer: Sie kommt nicht mehr aus dem letzten Ferientag raus. Und keine Elfen weit und breit, nur eine Menge mehr oder weniger komischer Menschen. Sind wir etwa in einer Geschichte à la Und ewig grüßt das Murmeltier? Ja und nein. Ja, weil Freddy, wie Bill Murray alias Wettermann Phil Connors, ganz allein in einer Zeitschleife gefangen zu sein scheint. Das heißt, sie geht am Sonntag, den 19. August, abends ins Bett, schmökert noch ein bisschen, und wacht am Sonntagmorgen wieder auf. Das wiederholt sich. Ganz anders als Phil, dem immer das Gleiche widerfährt, erkennt unsere verwirrte Heldin jedoch alsbald, dass sie zwar immer wieder denselben Sonntag erlebt, aber jeder Sonntag anders ist.
Mal brennen bei Papa, der die Familie damit nervt, an einem Fernsehwettbewerb für Hobbyköche teilzunehmen, die Wachteln in der Bratröhre an und mal nicht. Mal gibt es furchtbaren Zoff mit der vor sich hin pubertierenden älteren Schwester. Mal droht die einsame Nachbarin mit Anzeige wegen herumliegender Hundekacke, mal gibt sie sich zahm. Mal verhindert das Mädchen ein kleines Unglück, mal nicht. Mal kommt Freddy mit ihrer leicht dementen Oma zurecht, mal versteht sie partout nicht, was die alte Dame ihr sagen will. Und so geht das in einem fort. „Heute ist so viel passiert”, stöhnt Freddy am Sonntagabend Nummer 7, „dass mir der Kopf schwirrt.”
Der Kopf schwirrt uns nicht bei der Lektüre, obwohl die Geschichte erstaunlich komplex ist, sehr bewegt und vor allem mit Humor erzählt wird. Sabine Ludwig schafft ein kleines Wunder. Nicht nur wegen des flotten Plots. Sie konzentriert sich nämlich nicht allein auf das Zeitschleifen-Drama. Sie lässt vielmehr Freddys kleines soziales Universum lebendig werden und beäugt es – je nach Stunde – aus verschiedenen Blickwinkeln. So umgeht die Autorin zum einen die Gefahr, dass die Story mit der Zeit erlahmt, und zum anderen setzt sie die Ich-Erzählerin in ein veränderbares Umfeld, in dem die Figuren nicht nur als Staffage für das Heldenschicksal dienen, sondern als Lebewesen aus Fleisch und Blut agieren. Das macht die Handlung nicht nur spannend und gewitzt, das lässt sie in unserer Phantasie so gut wie real werden. Und wenn Sabine Ludwig ihrer mutigen Frederike dazu noch Sätze in den Mund legt wie „Ich hab ein warmes Gefühl im Bauch, ein Sonntagmorgenglockenläutengefühl”, dann freuen wir uns schon aufs nächste morgendliche Sonntagsglockenläuten und werden nach dem Aufstehen sofort in die Bratröhre gucken, ob dort etwa noch verbrannte Wachteln vom Vorabend drinliegen. (ab 10 Jahre) SIGGI SEUSS
SABINE LUDWIG: Der 7. Sonntag im August. Mit Vignetten von Isabel Kreitz. Dressler Verlag 2008. 224 Seiten, 13,90 Euro.
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