Afrik – so rufen sie ihn, der zurückgezogen in einer Hütte oberhalb von Pfaffenweiler lebt. Das badische Weindorf hatte in Zeiten von Missernten und Hungerkrisen gehofft, seine Armen ein für allemal los zu sein, als es ihnen 1853 die Ausreise nach Algerien finanzierte und ihnen dort ein Paradies versprach – Rückkehr ausgeschlossen. Um das Geld für die Überfahrt aufzubringen, hatte die Gemeinde einen Wald abholzen lassen und die Fläche an Winzer verkauft. Den Weinberg nannten sie Afrika. Doch in Algerien erwartete die Aussiedler Hunger, Krankheit und Krieg. Unter ihnen war auch Franz Xaver Luhr mit seiner Mutter. Er ist als Einziger zurückgekehrt und bereitet nun seine Rache vor: Seit Jahrzehnten treibt er einen Stollen in den Weinberg, um ihn eines Tages zu sprengen. Er ist fast fertig. Doch eines Wintertags sitzt ein Junge auf der Bank vor seiner Hütte, bei sich nur einen Zettel mit den Worten: Je m'appelle Jacob. Tu es famille. Behutsam und berührend erzählt Sven Recker, auf wahren Begebenheiten basierend, von der Annäherung zweier Sprachloser und setzt den Ausgestoßenen von Pfaffenweiler ein literarisches Denkmal.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Fokke Joel gibt zu bedenken, dass Sven Recker in seiner Parabel über Hass, Rache und Läuterung, die laut Rezensent gut in unsere Zeit passt, vielleicht ein wenig zu sehr auf die Botschaft vom Menschen als soziales Wesen abzielt. Der Roman bekommt dadurch etwas Erbauliches, findet Joel. Dennoch gelingt dem Autor mit dem Selbstgespräch des Vertriebenen Franz Xaver Luhr, der von Pfaffenweiler nach Algerien und zurück zieht, um sich für Erlittenes zu rächen, ein soghaftes, insgesamt überzeugendes Stück Literatur, meint der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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