Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Soziologie, Note: 1,0, Freie Universität Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: In meiner Diplomarbeit untersuche ich den Amoklauf von Erfurt als "diskursives Ereignis", d.h. als ein Stück gesellschaftlicher Rede, das beschreibt, wie über das Ereignis gedacht wird, was über es gesagt und vor allem nicht gesagt wird. Dazu wurden über einen Zeitraum von zwei Wochen die Artikel von drei renommmierten Tageszeitungen, einer Wochenzeitung und eines Magazins ausgewertet. Dabei stellt sich heraus, das drei Themen im Vordergrund stehen: Die Diskussion über die Wirkung von Gewaltdarstellungen in den Medien, die Täterpersönlichkeit und die Schule als gesellschaftliche Institution und Ort des Amoklaufs. Meine Analyse zeigt, daß sowohl bei der Diskussion der Medienwirkung als auch der Täterpersönlichkeit reale Handlungsgründe gar nicht erst vorkommen: So wird in der Debatte um Gewalt in Computerspielen, die gesellschaftiche Realität zugunsten der virtuellen ausgeblendet und der Amoklauf mit der Jugendlichkeit des Täters in Verbindung gebracht, die mit dem Alltag der Erwachsenen nichts zu tun hat. Die Diskussion um die Täterpersönlichkeit vereigenschaftet der Tat und ignoriert ihre Begründetheit in den Verhältnissen wie sie für den Täter bedeutungsvoll waren, womit sie zu einem singulären Ereignis wird, das mit anderen Bewältigungsweisen von Schule nichts zu tun. Die Schule gerät ebenfalls in den Fokus der Aufmerksamkeit, wird aber nicht in ihrer gesellschaftlichen Funktion begriffen (Auslese für die kapitalistische Berufshierarchie), sondern konstruktiv kritisiert: So gilt das Thüringische Schulsystem als besonders hart, und der Umgang mit den Schulverlieren könnte etwas sensibler erfolgen. Insgesamt ist der Diskurs um den Amoklauf von Erfurt dadurch gekennzeichnet, daß eine Kritik an der Lebensbedingungen entweder abgewehrt wird oder nur als konstruktive zugelassen wird.
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