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Es gilt weithin als unzweifelhaft, dass das Deutsche Reich einen wesentlichen Anteil am Ausbruch des Weltkriegs 1914 hatte, dass es während des vierjährigen blutigen Ringens sehr expansive Ziele verfolgte und im Falle eines Sieges seinen Gegnern einen harten Frieden auferlegt hätte. Dass es sich tatsächlich anders verhielt, zeigt diese Studie. Sie fragt zunächst nach der Haltung der Mächte zum Krieg 1914 und erörtert dann deren Einstellung zum Frieden bis zum Versailler Vertrag 1919. Während dieses Zeitraums waren England und Frankreich nie zu einem Verständigungsfrieden bereit, wohl aber…mehr

Produktbeschreibung
Es gilt weithin als unzweifelhaft, dass das Deutsche Reich einen wesentlichen Anteil am Ausbruch des Weltkriegs 1914 hatte, dass es während des vierjährigen blutigen Ringens sehr expansive Ziele verfolgte und im Falle eines Sieges seinen Gegnern einen harten Frieden auferlegt hätte. Dass es sich tatsächlich anders verhielt, zeigt diese Studie. Sie fragt zunächst nach der Haltung der Mächte zum Krieg 1914 und erörtert dann deren Einstellung zum Frieden bis zum Versailler Vertrag 1919. Während dieses Zeitraums waren England und Frankreich nie zu einem Verständigungsfrieden bereit, wohl aber Deutschland und Österreich-Ungarn. Abschließend geht es um die Auswirkungen des Versailler Vertrags. Dessen Reparationsregelungen trugen entscheidend zu den großen Wahlerfolgen der NSDAP ab 1930 bei. Hätten sich die Staaten der Entente während des Krieges auf einen Verständigungsfrieden eingelassen, so wäre die Geschichte seither sehr anders verlaufen. Der Krieg wäre dann nicht der Anfang vom Ende des alten Europa geworden.
Autorenporträt
Hans Fenske war von 1977 bis 2001 Professor für Neue und Neueste Geschichte an der Universität in Freiburg im Breisgau und lebt seither im Ruhestand.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.09.2014

Vor dem Krieg ist nach dem Krieg
Alliierte lehnten Friedensgespräche mit Mittelmächten ab

Am Beginn des düsteren vierten Kriegswinters 1917/18 erschien im "Daily Telegraph" ein "Brief an den Herausgeber", in dem es hieß: "Wir stehen jetzt im vierten Jahr des fürchterlichsten Krieges, den die Welt je erlebt hat, eines Krieges, in dem die Toten nur nach Millionen gezählt werden können. [. . .] Die Minister verharren darin, uns zu erzählen, dass sie vergeblich den Horizont nach einer Aussicht auf dauernden Frieden absuchen." Der frühere konservative Außenminister Lord Lansdowne, der am 29. November 1917 dieses Schreiben veröffentlichte und sich damit zu denjenigen bekannte, "die mit Schrecken einer Verlängerung des Krieges entgegenblicken, die glauben, dass seine mutwillige Verlängerung ein Verbrechen sein würde", forderte eine sofortige Aufnahme von Friedensverhandlungen mit Deutschland. Der Berliner Regierung solle zugesichert werden, so Lansdowne weiter, "dass wir nicht die Vernichtung Deutschlands als Großmacht wünschen" und "dass wir seinem Volk keinerlei andere Regierungsform aufzuerlegen suchen, als es sich selbst wählt". Diese mutige Aktion hatte nur ein Ergebnis: Sie kostete Lansdowne sein Ansehen und seine Stellung in der britischen Politik.

Die Frage, ob ein früherer Friedensschluss tatsächlich möglich gewesen wäre, um den zunehmend mörderischer werdenden, Millionen Menschenleben verschlingenden Krieg zu beenden, ist später oft diskutiert worden. Hans Fenske stellt die Frage in seinem knappen, engagiert geschriebenen Büchlein aufs Neue, und er bejaht sie entschieden. Er weist nochmals darauf hin, dass es nur die "Mittelmächte" Deutschland und Österreich-Ungarn waren, die mehrfach nach Möglichkeiten suchten, den Krieg durch eine Verständigung beider Seiten zu beenden, doch "die Alliierten verweigerten [. . . ]jedes Gespräch über einen Friedensschluss. Diese beharrliche Ablehnung eines Ausgleichs, dieses Setzen auf einen Sieg ohne jede Kompromissbereitschaft war die erste entscheidende Weichenstellung in der Epoche der Weltkriege, es war der Anfang vom Ende des alten Europa." Hätten sich die Alliierten, so Fenske weiter, "auf das Friedensangebot der Mittelmächte vom Dezember 1916 oder das wenig spätere Vermittlungsangebot des amerikanischen Präsidenten eingelassen, so wäre ein weitaus gerechteres Friedenswerk zustande gekommen als das von 1919/20".

Um diese gut begründete These herum hat Fenske seine stark geraffte, dennoch sehr konzise Darstellung der vergeblichen Friedensbemühungen vor 1918 und der Friedensschlüsse nach 1918 entfaltet. Ohne die deutschen und die österreichischen Fehler in der Juli-Krise von 1914 zu leugnen, zeigt er ebenfalls die entscheidende Rolle Serbiens und vor allem Russlands bei der Entstehung des Krieges auf. Damit bewegt er sich auf einer Linie mit der neuesten Forschung, etwa den Darstellungen von Konrad Canis zur deutschen Außenpolitik vor 1914 und vor allem von Christopher Clark über die "Schlafwandler". Gleichzeitig räumt der Verfasser in seiner Deutung des Versailler Friedens von 1919 mit einer Reihe von Legenden auf, und er scheut sich nicht, diesen wesentlich von Frankreich durchgesetzten "Clemenceau-Frieden" (den die Besiegten statt des erhofften Wilson-Friedens erhielten) als das zu bezeichnen, was er tatsächlich war: als einen "Gewalt- oder Diktatfrieden", der bereits durch die Verweigerung von Verhandlungen und die Form des Aufdiktierens (vom Inhalt zu schweigen) allen Gepflogenheiten und Standards des europäischen Völkerrechts widersprach.

Ebenfalls erledigt Fenske die Legende, der Versailler Frieden sei in seiner Härte mit dem deutsch-russischen Friedensvertrag von Brest-Litowsk (März 1918) vergleichbar. Denn die hier festgesetzten, keineswegs geringen russischen Gebietsverluste "standen im Einklang mit dem Willen der betroffenen Völker. Finnen, Esten, Letten, Litauer strebten in der großen Mehrheit nach Selbstständigkeit." Trotzdem wurde Russlands Souveränität und Handlungsfähigkeit als Großmacht nicht angetastet; die noch junge Sowjetunion musste sich nicht durch langjährige Verpflichtungen, Rüstungsbeschränkungen oder Kontrollmechanismen binden, und beide Vertragspartner verzichteten ausdrücklich auf den Ersatz von Kriegskosten und Kriegsschäden. Vor allem aber wurde dem unterlegenen Teil von der deutschen Gegenseite nicht das Eingeständnis einer vermeintlichen "Kriegsschuld" aufgenötigt.

Das alles war im Sommer 1919, als den Deutschen der "Vertrag" von Versailles ultimativ aufgezwungen wurde, ganz anders. Wenn Präsident Wilson damals zu einem Mitglied seiner Delegation bemerkte, er selbst würde, wäre er Deutscher, diesen Vertrag nicht unterzeichnen, dann spricht diese Feststellung für sich. Es hätte, wäre man 1916 dem Friedensangebot der Mittelmächte oder 1917 den Vorschlägen Lansdownes gefolgt, alles anders kommen können. Aber - wie hatte Lansdowne ebenfalls geschrieben: "Denn gerade da dieser Krieg furchtbarer gewesen ist als irgendein anderer in der Geschichte, können wir sicher sein, dass der nächste Krieg noch schrecklicher sein dürfte als dieser."

HANS-CHRISTOF KRAUS

Hans Fenske: "Der Anfang vom Ende des alten Europa." Die alliierte Verweigerung von Friedensgesprächen 1914-1919. Olzog Verlag, München 2013. 144 S., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Hans-Christof Kraus liest Hans Fenskes Darstellung der Friedensbemühungen vor 1918 mit viel Gewinn. Wenn der Autor die Frage, ob Frieden frühzeitig möglich gewesen wäre, mit einem Ja beantwortet, scheint der Rezensent sich überzeugen zu lassen. Derart konzis und engagiert geht der Autor zu Werke und verdeutlicht Kraus die tragende Rolle Serbiens und Russlands zu Kriegsbeginn sowie die Kompromissbereitschaft Deutschlands und Österreichs (die die Allierten schnöde verschmähten), derart solide, lässt Kraus erkennen, vermittelt er zwischen seiner Arbeit und der neuesten Forschung, derart gründlich schließlich, meint der Rezensent, räumt Fenske mit Legenden auf und entlarvt den Versailler Frieden als "Diktatfrieden".

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